Astralleib-Organe und deren Organisation
► Einführung

So wie der physische Körper des Menschen Sinne hat, hat auch der Astralkörper desMenschen Sinne. Sie liegen in einer Linie aufgereiht. Einer dieser Sinne liegt über dem Kehlkopf. Diese Sinne heißen Chakrams (Sanskritaussprache: Tschakram), heilige Räder. Sie sind beim gewöhnlichen Menschen unbeweglich, aber bei dem Seher beweglich und drehen sich. Das Chakram über dem Kehlkopf ist im wesentlichen eine blattförmige Bildung. Alle astralen Chakrams heißen auch Lotosblüten. [1]

Wir werden immer ohnmächtig sein in der höheren Welt, wenn wir uns nicht hier (in der Welt des gewöhnlichen Bewußtseins) die Fähigkeiten (des Sehens in der höheren Welt) erwerben werden. So wie der Mensch im Mutterleib die Augen zum Sehen in der physisch-sinnlichen Welt ausbildet, so muß der Mensch im Mutterleib der Erde (übersinnliche) Organe ausbilden, dann wird er in der höheren Welt (als Sehender) geboren. Die Ausbildung der Augen im Mutterleib ist ein (erhellendes) Beispiel (für diesen Prozeß). [2]

Was sollen wir denn erreichen mit unseren Meditationen? Wir sollen mit ihnen, wenn wir sie in der richtigen Weise vollführen, eine starke Kraft entwickeln, eine Kraft, welche die Worte der Meditation als Instrument benutzt, mit dem wir in unsern Astralleib allmählich die geistigen Organe hineinschaffen, mit denen wir die geistige Umwelt wahrnehmen werden. Die Eindrücke, die wir in die Masse unseres Astralleibes machen, werden erst nach und nach bleibende; denn wir können unser Astrales vergleichen mit einer elastischen Masse, die wohl Eindrücke annimmt, nach einiger Zeit aber wieder in ihre frühere Form zurückkehrt. Wir machen diese Eindrücke während des Schlafes, während Ich und Astralleib den physischen und Ätherleib verlassen haben. Je stärker und intensiver wir uns unseren Meditationen hingeben, desto intensiver werden auch die Eindrücke in den Astralleib, bis sie schließlich bleibend werden und sich aus ihnen Organe entwickeln, die wir Lotusblüten nennen. Wirklich benützen können wir diese Organe aber erst, wenn sie so stark geworden sind, daß sie sich vom Astralleib in den Ätherleib hineindrücken können. Erst wenn der Ätherleib einen Abdruck empfangen hat, öffnen sich die Tore für uns, vor denen der Cherub mit der Flamme des wirbelnden Schwertes steht. Wir haben gehört, daß unser physischer und Ätherleib nicht eine Sekunde ohne das Ich und den Astralleib bestehen könnten und daß deshalb in dem Augenblick, wo diese beiden im Einschlafen den physischen und den Ätherleib verlassen, Wesenheiten höherer Art diese beziehen, Wesenheiten, die wesensgleich unserem Ich und Astralleib sind, aber viel höher stehend. Ein Erzengel (Archangelos) ersetzt unseren Astralleib, ein Geist der Persönlichkeit (Arché) unser Ich. Diesen hohen Geistwesen nun begegnen wir, wenn wir unsere astralen Organe entwickelt haben, und dieses gewaltige Ereignis, das uns so heilig ist, nennt die Esoterik die «Begegnung mit dem höheren Selbst». Mit den Gefühlen tiefster Andacht, mit dem intensiven Durchdrungensein von seiner Heiligkeit sollen wir diesem Augenblick entgegensehen. Wenn wir unsere Meditation nicht in dieser Gesinnung echter, wahrer Demut machen, so wird sich uns die Geisteswelt nicht in ihrer wahren Gestalt offenbaren, sondern allerlei Phantasiegebilde etc. werden uns erscheinen, und das moralische Resultat für uns wird ein verderblicher Hochmut sein. Daß die Welt, in die wir, vorbereitet durch eine zu Recht bestehende Schule, eindringen möchten, uns verschlossen ist durch den Cherub mit dem feurigen Schwert, solange wir nicht genügend vorbereitet sind, das ist eine Wohltat. Der Hüter des Paradieses steht genau an der Stelle, wo wir in den Tiefschlaf hinübergleiten, wo wir das Bewußtsein verlieren. Wenn wir es hier nicht verlieren würden, so würden wir ihn erblicken. Ein Einblick in die Welt der Erzengel aber würde uns vernichten, da wir ihm nicht gewachsen sind. [3]

Die imaginative Erkenntnis wird erreicht durch die Ausgestaltung der Lotusblumen aus dem astralischen Leibe heraus. Durch diejenigen Übungen, welche zur Erlangung von Inspiration und Intuition unternommen werden, treten im menschlichen Äther- oder Lebensleib besondere Bewegungen, Gestaltungen und Strömungen auf, welche vorher nicht da waren. Sie sind eben die Organe, durch welche der Mensch das «Lesen der verborgenen Schrift» und das, was darüber hinausliegt, in den Bereich seiner Fähigkeiten aufnimmt. [4]

Der Astralleib des heutigen Menschen ist dunkel in seiner unteren Partie, hell und farbig in seiner oberen Partie. Die untere Partie ist noch nicht umgewandelt durch das Ich, die obere ist von ihm durchdrungen und umgewandelt worden. Wenn der Mensch seinen Astralleib ganz durchgearbeitet hat, so sagt man, daß er ihn in Manas verwandelt hat. [5] Die Wesen, die die Aufgabe haben, den vom Menschen unbeherrschten Teil seines Astralleibes zu beherrschen, stehen eine Stufe höher als der Mensch, es sind die Angeloi. In der Tat wacht sozusagen über jedem Menschen ein solch höherer Geist, der über seinen Astralleib Macht hat. Es ist nicht bloß eine kindliche Vorstellung, sondern eine tiefe Weisheit, wenn man von Schutzengeln spricht. [6]

Wie haben sich unsere physischen Organe entwickelt? Dadurch, daß äußere Kräfte an ihnen gearbeitet haben: die Kräfte der Sonne, die Kräfte des Schalles. So entstand das Auge, so entstand das Ohr – aus neutralen dumpfen Organen, die ein Eindringen der Sinneswelt zunächst nicht gestatteten und nur langsam sich öffneten. So werden sich auch unsere geistigen Organe öffnen, wenn die richtigen Kräfte an ihnen arbeiten. Welches sind nun die Kräfte, die auf unsere jetzt noch dumpfen geistigen Organe einstürmen? Tagsüber dringen auf den astralischen Leib des heutigen Menschen solche Kräfte ein, die seiner Entwickelung entgegenarbeiten, die sogar solche Organe, die er früher hatte, als das helle Tagesbewußtsein sich ihm noch nicht erschlossen hatte, ertöten.

Früher nahm der Mensch astralische Eindrücke unmittelbar wahr. Die Umwelt sprach zu ihm durch Bilder, durch die Ausdrucksform der astralischen Welt. Lebendige, in sich gegliederte Bilder, Farben schwebten frei umher im Raum als Ausdruck von Lust und Unlust, Sympathie und Antipathie. Dann legten sich diese Farben gleichsam um die Oberfläche der Dinge, die Gegenstände bekamen feste Konturen. Das war, als des Menschen physischer Leib immer fester und gegliederter wurde. Als seineAugen sich voll dem physischen Licht öffneten,als der Schleier der Maya sich vor die geistige Welt legte, erhielt der astralische Leib des Menschen die Eindrücke der Umwelt auf dem Wege durch den physischen und Ätherleib, er selbst übermittelte sie dann dem Ich, von wo aus sie in das Bewußtsein des Menschen traten. Er war somit beständig in Anspruch genommen, beständig tätig. Aber was so an ihm arbeitete, waren nicht plastische, bildsame Kräfte, seiner eigenen Wesensart entsprechend. Es waren Kräfte, die an ihm zehrten, ihn ertöteten, um das Ich-Bewußtsein zu erwecken. Nur in der Nacht, wenn er untertauchte in die ihm homogene rhythmisch-geistige Welt, stärkte er sich neu und konnte auch dem physischen und Ätherleib wieder Kräfte zuführen. Aus dem Widerstreit der Eindrücke, aus dem Abtöten der früher im Menschen unbewußt wirkenden astralen Organe, war das Leben des einzelnen Ich, das Ich-Bewußtsein entstanden. Aus Leben Tod, aus Tod Leben. Der Kreis der Schlange war geschlossen. Jetzt mußten aus diesem wachgewordenen Ich-Bewußtsein heraus die Kräfte kommen, die in den erstorbenen Überresten früherer astralischer Organe wieder Leben entfachten, sie plastisch bildeten. Zu diesem Ziele bewegt sich die Menschheit. [7]

Wer eine esoterische Entwickelung anstrebt, dem muß vor allem klar sein, daß in gewissen äußerst einfachen Sätzen eine Kraft verborgen ist, die dadurch wirksam wird, daß er diese Sätze in seiner Seele leben läßt. Er erfaßt nicht das Richtige, wenn er solche Sätze nur mit dem Verstande begreifen will. Da sagen sie ihm zunächst sehr wenig. Er muß eine gewisse Zeit sein ganzes Inneres erfüllt sein lassen mit einem solchen Satze, sich ihm mit allen seinen Seelenkräften hingeben. – Ein solcher Satz ist: «Ich bin».

In diesem Satze liegt in der Tat das ganze Geheimnis des gegenwärtigen Menschen­daseins. Es kann nämlich innerlich einen solchen Satz nur ein Wesen denken, fühlen und wollen, das eine solche äußere Gestalt hat wie der gegenwärtige Erdenmensch. Es muß bei einem solchen Wesen die Gestalt sich so gebildet haben, daß alle im Leibe wirksamen Kräfte auf die Form hinzielen, die nach vorne zu der gewölbten Stirne wird. Diese nach vorn gewölbte Stirne und das «Ich bin» gehören zusammen. Es gab in früheren Entwicklungszeiten der menschlichen Gestalt eine Stufe, auf der sich diese Gestalt noch nicht zu einer solchen Stirne nach vorne gedrängt hatte. Damals konnte das «Ich bin» noch nicht innerlich gedacht, gewollt und gefühlt werden. Nun wäre es aber durchaus unrichtig, wenn man glauben wollte, daß die geschilderte Gestalt des Leibes das «Ich bin» hervorbringe. Dieses «Ich bin» war schon vorher vorhanden. Es konnte sich nur noch nicht in einer entsprechenden Gestalt ausdrücken. So wie es sich jetzt in der Körpergestalt des Menschen ausspricht, so drückte es sich vorher in einer Seelenwelt aus. Und es ist eben diese Kraft des «Ich bin», welche sich in einem Zeitraum der fernen Vergangenheit mit jenem Menschenkörper vereinigte, der noch nicht die heutige Stirnbildung hatte, und diese Kraft des «Ich bin» hat die vorige Gestalt zur gegenwärtigen Stirne aufgetrieben. – Daher kommt es, daß der Mensch durch eine gewisse Versenkung in das «Ich bin» die Kraft in sich spüren kann, welche ihn in seiner gegenwärtigen Form selbst gebildet hat. Und diese Kraft ist eine höhere Kraft als die Kräfte, die heute in seinem gewöhnlichen Leben in ihm sind. Denn es ist die seelische Schöpferkraft, die aus dem Seelischen das Leibliche heraus formt. – Daher muß der esoterisch Strebende sich für eine kurze Weile ganz in das «Ich bin» hineinleben, das heißt, er muß dieses «Ich bin» denken, dabei zu gleicher Zeit aber auch so etwas in sich erleben, wie: «Ich freue mich, daß ich als selbständiges Wesen mitwirken kann an der Welt». Und auch so etwas muß der Mensch erleben, wie: «Ich will mein Dasein, ich will mich hineinsetzen in den ganzen Zusammenhang der Welt». Wenn der Mensch alles dieses in einen einzigen inneren Bewußtseinsakt zusammendrängt und dabei gleichzeitig seine ganze Bewußtseinskraft auf die Gegend der Stirne und der darunterliegenden inneren Gehirnglieder verlegt, so versetzt er sich tatsächlich in eine höhere Welt, aus der heraus seine Stirnbildung bewirkt worden ist. Er muß nur nicht glauben, daß er nun gleich von heute auf morgen diese höheren Welten erobern kann. Er muß vielmehr die Geduld haben, diese Versenkung durch lange Zeiten hindurch täglich immer wieder vorzunehmen. Hat er diese Geduld, dann wird er nach einiger Zeit bemerken, wie ihm ein Gedanke aufgeht, der nun kein bloßer gedachter Gedanke mehr ist, sondern ein von Kraft durchzogener, lebendiger Gedanke. Er wird sich etwa sagen können: So, wie dieser mein Gedanke, so muß innerlich lebendig sein die Kraft, welche in dem Pflanzenkeime ist und ihn zu den Gliedern des Pflanzenkörpers auftreibt.-Und bald wird sich ihm dieser Gedanke so zeigen, wie wenn er Licht ausströmte. In diesem innerlichen Lichtausströmen fühlt sich der Mensch froh und daseinsfreudig. Ein Gefühl durchdringt ihn, das man nur mit «freudiger Liebe am schöpferischen Dasein» bezeichnen kann. Und dem Willen teilt sich eine Kraft mit, wie wenn ihn der genannte Gedanke mit Wärme durchstrahlt, die ihn energisch macht. Das alles kann der Mensch saugen aus der geschilderten richtigen Versenkung in das «Ich bin». Der Mensch wird nach und nach erkennen, daß intellektuelle, seelische und moralische Kraft höchster Art auf diese Weise in ihm geboren wird, und daß er sich dadurch in ein immer mehr bewußtes Verhältnis bringt zu einer höheren Welt. [8]

Ein zweiter solcher Satz ist: «Es denkt». Dieses «Es denkt» stellt in einer ähnlichen Art, wie es eben für das «Ich bin» geschildert worden ist, die Kraft dar, durch welche von den höheren Welten heraus die Gestalt der menschlichen Sprachwerkzeuge gebildet worden ist. Als das Denken noch nicht in einem menschlichen Leibe sich auslebte, sondern noch in einer höheren Seelenwelt, da bewirkte es von da aus, daß an der menschlichen Gestalt die damals an dieser noch nicht vorhandenen Sprachorgane sich angliederten. Wenn daher der esoterisch Strebende sich wie vorher mit Denken, Gefühl und Wille ganz in das «Es denkt» versenkt und dabei das Bewußtsein auf die Gegend des Kehlkopfes hin konzentriert, so erlebt er die schöpferische Seelenkraft, welche sich von den oberen Welten her in dem Schaffen der Sprachorgane kundgegeben hat. Wenn er wieder die oben gekennzeichnete Geduld hat, so wird er es erleben, wie aus dem «Es denkt» Strahlungen ausgehen, die wie der Ausgangspunkt einer geistigen musikalischen Harmonie sind, und die ihn mit einem Gefühl heiliger Frömmigkeit erfüllen und zugleich mit einer Kraft, die ihm sagt: «Was ich als Mensch will, wird nach und nach immer weiser werden». Er wird eine Ahnung von jener Kraft erhalten, welche als göttlich-geistige Kraft sich durch das Weltenall ergießt, und welche alle Dinge nach Maß, Zahl und Gewicht ordnet.

Ein dritter Satz ist: «Sie fühlt». Auch die Kraft dieses Satzes war einst – und zwar in einer noch früheren Zeit – noch nicht im Menschen, sondern in einer höheren Seelenwelt. Von da aus wirkte sie herunter und bildete die Gestalt um, welche der Menschenleib bis dahin hatte. Dieser Menschenleib hatte nämlich bis dahin noch nicht die Hände von den Füßen verschieden. Die heutigen Hände und Füße waren damals gleichgeformte Bewegungsorgane. Deshalb hatte auch der Mensch noch nicht seinen aufrechten Gang. Es war ein großer Schritt nach vorwärts in der menschlichen Entwickelung, daß seine vorderen Bewegungsorgane in Arbeitsorgane umgestaltet wurden. Er erhielt dadurch den aufrechten Gang, der ihn befähigt, die niedere Natur zu überwinden, indem sein Blick hinausgerichtet wird in die himmlischen Geisteswelten. Er wurde aber auch dadurch erst fähig, Karma zu bilden. Denn erst die Taten eines so gestalteten Wesens stehen unter dessen eigener Verantwortlichkeit. Dazu haben geistige Wesen den Menschen umgestaltet, als das vorher nur in ihnen befindliche «Sie fühlt» in den Menschenleib hineinströmte. Wenn sich daher der esoterisch Strebende wieder in ähnlicher Art, wie es oben geschildert worden ist, in dieses «Sie fühlt» versenkt, so erhebt er sich zu den entsprechenden Schaffenskräften der höheren Welten. Er muß nur bei dem «Sie fühlt» das ganze Bewußtsein auf die beiden Arme und Hände konzentrieren. Es wird ihm dann aus dem Gedanken «Sie fühlt» ein inneres Leben ausströmen von unbeschreiblicher Seligkeit. Man kann dieses Gefühl als das der Liebe im tätigen Dasein bezeichnen. Der Mensch erhält dadurch ein Bewußtsein, wie die schaffende Liebe durch den Weltenraum hinflutet und durch ihre Tat in alles den belebenden Hauch einführt.

Ein vierter Satz ist: «Er will». Es war die Kraft dieses Satzes, durch welche in urferner Vergangenheit der menschliche Leib überhaupt erst als eine selbständige Wesenheit von seiner Umgebung herausgegliedert worden ist. Bevor von höheren seelischen Welten heraus diese Kraft auf ihn wirkte, war der menschliche Leib noch nicht durch eine äußere Haut nach allen Seiten abgeschlossen, sondern die Stoffströmungen strömten damals von allen Seiten in ihn ein und von ihm aus. Er hatte kein selbständiges Leben, sondern lebte ganz das Leben seiner Umgebung mit. Natürlich war diese Umgebung damals eine ganz andere als die gegenwärtige irdische Umgebung. Wenn nun der esoterisch Strebende sich wieder mit seinem ganzen Denken, Fühlen und Wollen in das «Er will» versenkt und dabei das Bewußtsein auf die ganze äußere Hautoberfläche konzentriert, so versetzt er sich allmählich in die hohen Schöpferkräfte des «Er will». Es sind das jene Kräfte der übersinnlichen Welt, durch welche den sinnlichen Dingen ihre Form und Gestalt gegeben wird. Der Mensch wird, wenn er genügend Ausdauer hat, in dem innerlichen Erleben dieses Gedankens etwas fühlen, wie wenn er über alles sinnlich-körperliche Dasein hinausgehoben wäre und herabblickte auf das Feld des sinnlichen Schaffens, um auf diesem zu wirken, so wie es den in der Geisteswelt gewonnenen göttlichen Gedanken entspricht. Die Kraft, die von dem Gedanken ausgeht, ist die des wonnigen Versetztseins in die reine Geistigkeit und der Gewinn des Bewußtseins, daß man dieser sinnlichen Welt aus höheren Regionen das zuführen kann, was sie braucht. [9]

Der Esoteriker wird während des Sich-versenkens in diese Kraftgedanken zugleich die Aufmerksamkeit auf seinen Atmungsprozeß zu richten haben und diesen aus einer unbewußten Tätigkeit zu einer bewußt geregelten Verrichtung für kurze Zeit umzugestalten haben. Denn während die geschilderte Einwirkung der Kräfte aus höheren Welten auf die menschliche Gestalt die angegebene Umwandlung hervorbrachte, wurde durch ebendieselben Kräfte im Innern dieser Gestalt das gegenwärtige Atmungssystem zustande gebracht, das notwendig ist für ein Wesen mit solcher Selbständigkeit des Leibes, solchen Händen, die unter eigener Verantwortung arbeiten, solchen Sprachwerkzeugen, welche inneres Erleben der Seele in äußerlich hörbaren Ton umsetzen. Durch die entsprechende Hinlenkung der Aufmerksamkeit auf den Atmungsprozeß wird die Erhebung in die höheren schöpferischen Weltregionen gefördert. [10]

Unser physischer Leib ist aus dem Makrokosmos herausgeboren. Die äußere Welt hat ihn gebildet; aus unserem physischen Leib heraus muß unser Ich den geistigen Leib gebären. Atma heißt unser geistiger Leib. Atma bedeutet Atem. Durch das geregelte Atmen in der Meditation bauen wir unsern geistigen Leib auf. Tatsächlich atmen wir mit jedem Atemzug unser Ich aus oder ein. Innerhalb unseres von den Göttern aufgebauten äußeren Leibes formen wir den geistigen Leib. Das Ich strömt in ihn hinein mit jeder Einatmung, und wieder heraus beim Ausatmen. Indem wir das Atmen regeln und an den verschiedenen Stellen unseres Körpers konzentrieren, versorgen wir unsern geistigen Leib mit den Kräften, die zu seinem Aufbau nötig sind. Mit der Stelle im Vorderkopf, hinter und etwas über der Nasenwurzel, steht das Ich selbst in direkter Verbindung; mit dem Kehlkopf das Denken, mit den Händen das Fühlen, mit den Füßen und überhaupt dem untern Körpergerüst das Wollen. Durchströmen wir mit Hilfe des geregelten Atmens unsern Körper mit diesen Kräften, so bauen wir an unserm geistigen Leib.

Es kommt sehr darauf an, was der Mensch seinem Geiste beim Ausatmen mitgibt. Durch diese Gedanken wird sein Geist aufgebaut. Durch jeden Gedanken, den er dem Atem mitgibt, den er ausströmt, baut er seinen Geist auf. [11] Wenn der Mensch seinen Atem einzieht, so treten damit die Kräfte des Ich in Tätigkeit, die ihn in Zusammenhang bringen mit den Kräften des Kosmos, diejenigen Kräfte, die vom Herzen nach außen strahlen. Und wenn der Mensch den Atem ausgibt, und wenn er sich des Atems enthält so treten diejenigen Kräfte des Ich in Tätigkeit, die nach dem Mittelpunkte, nach dem Herzen drängen und dort ihm ein festes Zentrum schaffen. So lernt der Schüler schon heute, wenn er bewußt seine Atemübungen in diesem Sinne macht, allmählich Herr zu werden über die Kräfte seines Ich.

Wenn wir tief einatmen und den Atem anhalten, so rekapitulieren wir ein Stück Mondzustand. Wenn wir dagegen den Atem draußen lassen, so haben wir darin ein Stück Jupiterzustand. Damit hängt es zusammen, ob der Geheimschüler Übungen bekommt, in denen er den Atem anhalten muß, weil er in gewisser Weise den Mondzustand durchmachen muß, oder ob er Übungen erhält, in denen er den Atem draußen lassen muß, weil er so den Jupiterzustand erreichen kann. Ein jeder ist da individuell zu behandeln. [12]

Wenn der esoterisch Strebende so allmählich bewußt erleben lernt, was an höheren Weltenkräften ja immer in ihm schlummert, was er vorher nur nicht kennt, so wird ihm lebendig, ahnungsvoll anschaulich, was er vorher sich schon durch Studium angeeignet haben soll. Er soll sich bekannt gemacht haben damit, daß der Mensch mit der ganzen Erdenentwickelung verschiedene Verwandlungsstufen durchgemacht hat, bevor der gegenwärtige Erdenzustand zustande gekommen ist. Man nennt diese Verwandlungszustände: Saturnzustand, Sonnenzustand, Mondzustand. Nun hat sich auch der Esoteriker damit bekanntzumachen, daß in späteren Epochen gewisse frühere Zustände sich in einer gewissen Art wiederholen. So wiederholte sich während der Erdentwickelung der Saturn-, Sonnen- und Mondenzustand, und zwar so, daß die Saturnwiederholung dem Schaffen des «Er will» an der äußeren menschlichen Hülle entspricht. Die Sonnenwiederholung entspricht dem Schaffen des «Sie fühlt» an den Armen und Händen und die Mondenwiederholung entspricht dem Schaffen des «Es denkt» an den Sprachorganen. Man sieht, wie so der Mensch seine Anschauung des Leibes als eines bloß geschaffenen Wesens in der sinnlichen Welt verläßt und sich in die Anschauung der höheren Welten hineinlebt, wo die Kräfte sind, die an dem Menschen schaffen. Und so werden auch die bloßen Begriffe, die der Mensch von solchen Dingen aufgenommen hat, wie Saturn, Sonne und Mond, lebendige Anschauungen und Erlebnisse. Und so muß es sein, wenn immer mehr und mehr der Weg gefunden werden soll aus dem Exoterischen in das Esoterische. Allerdings muß man das hier als Übung Gegebene nur als den Anfang betrachten. Man muß aber erst mit aller Energie das hier Gegebene durcharbeiten, dann kommt man so weit, daß man die weiteren Übungen erhalten kann, durch welche noch höhere Kräfte geweckt werden, die im Inneren des Menschen schlummern. Es kommt darauf an, die in den Worten «Ich bin», «Es denkt», «Sie fühlt», «Er will» liegenden spirituellen Tatsachen zu ahnen und ihre Verbindung zu fühlen mit den Gliedern des Körpers, welcher ein aus der geistigen Welt heraus entstandenes Gebilde ist.

Zur Information muß noch gesagt werden, daß in obigen Kraftworten die drei Formen – ES – SIE – ER – in der Natur der höheren Welten wohl begründet sind. «Es» ist das Kraftwort für das Weltendenken, das ist, jene Wesenheiten in der höheren Welt, welchen das schaffende Denken in ebendemselben Grade eigen ist wie den unter ihnen stehenden Menschen das sinnliche Anschauen. «Sie» ist das Kraftwort für die Weltenseele, welche ein Fühlen hat, das von ihr ausströmt, während das menschliche Fühlen durch die Anregung von außen einströmt. Jenes Fühlen der Weltseele ist die schaffende Weltenliebe, durch welche die Dinge ins Dasein treten. «Er» ist das Kraftwort für den Weltenwillen, den Weltengeist, dessen Wille aus sich selbst wirkt, während der menschliche Wille durch die äußere Welt zum Wirken bestimmt wird. Dieser «Er» ist die schaffende Urkraft der Welt. [13]

Warum kommt dem Menschen das Übersinnlich-Geistige, das hinter dem Sinnlichen und Materiellen ist, nicht zum Bewußtsein? Weil die ganze Tätigkeit, die der Mensch gegenüber der Umwelt ausübt, dem Astralleib des Menschen, so wie er heute seiner eigentlichen Wesenheit nach ist, nicht entspricht. Damals, als in urferner Vergangenheit der Astralleib, der dem Menschen eigen war, die Bilder der astralischen Wahrnehmungen aufsteigen sah, jene Bilder von Lust und Leid, von Sympathie und Antipathie, da waren die inneren Impulse vorhanden, die geistigen Impulse, die im Menschen aufsteigen ließen, was (astrale) Organe formte. Diese sind ertötet worden damals, als der Mensch fähig wurde, alle Einflüsse von außen auf sich zuströmen zu lassen. Heute ist es nicht möglich, daß aus all den Eindrücken, die der Mensch während des Tages erhält, im astralischen Leib etwas bleibt, was bildsam, plastisch für ihn ist. Alle Dinge, wie Sie sie ringsherum anschauen, üben Wirkungen bis auf den Astralleib aus. Aber was da bewirkt wird, ist nicht in der Lage, Gestaltungen zu schaffen, die zu astralen Organen werden können. Das muß der erste Schritt der Einweihung sein: den Menschen während des Tageslebens etwas tun zu lassen, in seiner Seele sich etwas abspielen zu lassen, was fortwirkt, wenn der astralische Leib in der Nacht herausgezogen wird aus dem physischen und Ätherleib. Alles das, was man genannt hat Meditation und Konzentration und die sonstigen Übungen, die der Mensch vorgenommen hat während seines Tageslebens, sie sind nichts anderes als Verrichtungen der Seele, die nicht in ihren Wirkungen ersterben, wenn der Astralleib herausgeht, sondern die nachklingen und in der Nacht zu bildenden Kräften werden im astralischen Leib. Das war der erste Schritt, der auch die Katharsis genannt wurde, die Reinigung. Wenn der Mensch so weit war, daß diese Organe aus dem astralischen Leib herausgegliedert waren, dann war das nächste, daß alles das, was so in den astralischen Leib hineingestaltet worden war, sich im Ätherleib abdruckte. Erleuchtung (Photismos) nannte man das. Da trat eine geistige Welt in der Umwelt des Menschen auf. Die geistige Welt drückt sich auf dieser Stufe zuerst in Bildern aus. [14]

Wenn der Mensch schläft, ist der Astralleib aus dem physischen und Ätherleib herausgetreten, und dann hat der Mensch kein Bewußtsein, aber nur so lange, als der Astralleib seine gewöhnliche Arbeit verrichten muß: nämlich den abgearbeiteten und ermüdeten physischen Körper auszubessern und zu harmonisieren; so lange ist der Mensch ohne Bewußtsein. Wenn der Mensch aber gestorben ist, hat der Astralleib diese Tätigkeit nicht mehr auszuüben, und in demselben Maße, in dem er befreit wird von der Tätigkeit am physischen Körper, erwacht in ihm das Bewußtsein. Dann treten am Astralleib sogleich ganz bestimmte Organe hervor: die sieben Lotusblumen, Chakrams (ausgesprochen Tschakrams, das Sanskritwort für: Räder, weil sie sich drehen und Blumen werden sie genannt, wegen der kelchförmigen ausfließenden Strömungen). So entsteht an der Nasenwurzel, zwischen den Augenbrauen die 2-blättrige Lotusblume (Ajna), die 16-blättrige in der Nähe des Kehlkopfes (Vishudda), die 12-blättrige in der Nähe des Herzens (Anahata), die 10-blättrige in der Nähe der Magengrube (Manipura), die 6-blättrige in der Nähe (unterhalb)des Nabels (Svadhishthana und die 4-blättrige Muladhara im Perineum. Außer diesen hauptsächlichsten Organen gibt es noch weitere zum Beispiel an den Hand- und Fußflächen oder zwei weitere an der Stirn oder in der Gegend der Milz). Diese astralen Organe sind beim gewöhnlichen heutigen Menschen kaum angedeutet zu sehen, aber wenn er hellsehend wird, oder im Trancezustand, treten sie scharf hervor in lebhaften, leuchtenden Farben und bewegen sich, damit nimmt der Mensch in der Astralwelt wahr. Der Unterschied zwischen physischen und astralen Organen besteht darin, daß die physischen Sinnesorgane des Menschen passiv sind; sie lassen alles von außen auf sich einwirken. Auge, Ohr und so weiter sind zunächst im Zustand der Ruhe, sie müssen warten, bis ihnen etwas geboten wird, Licht, Töne und so weiter. Die geistigen Organe sind im Gegensatz dazu aktiv, sie umfassen klammerartig den Gegenstand. Auch in Kamaloka, solange die niederen Teile des Astralleibes noch mit dem Menschen verbunden sind, findet immer noch eine Trübung statt. Wenn aber der astrale Leichnam abgestoßen ist und nur das dauernd Erworbene zurückbleibt, also an der Pforte von Devachan, dann sind diese astralen Sinnesorgane zu voller Tätigkeit erwacht, und im Devachan lebt der Mensch in hohem Maße bewußt mit diesen Sinnesorganen. [15]

Diese Lotusblumen sind nun beim unentwickelten Menschen von dunklen Farben und ruhig, unbewegt. Wenn nun der Geheimschüler mit seinen Übungen beginnt, so ist das erste, daß sie sich aufhellen, später beginnen sie sich zu drehen, (damit) beginnt die Fähigkeit des Hellsehens. Die Drehung dieser Sinnesorgane der Seele ist der Ausdruck dafür, daß im Übersinnlichen wahrgenommen wird. [16]

Die verzerrte Ausbildung einer Lotusblume hat nicht nur Illusionen und phantastische Vorstellungen im Fall des Auftretens einer gewissen Hellsehergabe zur Folge, sondern auch Verirrungen und Haltlosigkeit im gewöhnlichen Leben. Man kann durch eine solche Ausbildung furchtsam, neidisch, eitel, hochfahrend, eigenwillig und so weiter werden, während man vorher alle diese Eigenschaften nicht hatte. Acht von den Blättern der 16-blätterigen Blume sind in urferner Vergangenheit entwickelt worden, diese treten bei der Geheimschulung von selbst wieder auf. Es muß nun bei der Bestrebung des Geheimschülers alle Sorgfalt auf die acht anderen Blätter verwendet werden. Bei verkehrter Schulung treten leicht die früher entwickelten allein auf und die neu zu bildenden bleiben verkümmert. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn zuwenig auf logisches, vernünftiges Denken gesehen wird. [17]

Beim Atlantier waren die Lotusblumen noch beweglich, beim Lemurier noch sehr lebhaft bewegt. Aber sie drehten sich damals in entgegengesetzter Richtung als heute beim okkult Entwickelten, wo sie sich in der Richtung des Uhrzeigers (vom äußeren Betrachter aus gesehen) drehen; auch bei den heutigen Medien mit atavistischem Hellsehen drehen sich die Lotusblumen (noch immer in der alten Richtung), nämlich gegen den Uhrzeiger. [18]

Die Lotusblumen nehmen erst dann wahr, wenn sie sich bewegen, wenn sie einen Gegenstand umfassen. Die durch das Drehen der Lotusblumen erregten Schwingungen bewirken dann eine Berührung der Astralmaterie, und so entsteht die Wahrnehmung auf dem Astralplan. [19]

Man sollte sich diese Organe nicht wie etwas vorstellen, das in der Vorstellung seines sinnlichen Bildes ein Abdruck seiner Wirklichkeit hat. Diese Organe sind eben übersinnlich und bestehen in einer bestimmt geformten Seelenbetätigung; und sie bestehen nur insofern und so lange, als diese Seelenbetätigung geübt wird. Etwas, was sich als Sinnenfälliges anschauen läßt, ist mit diesen Organen so wenig am Menschen, als irgendein «Dunst» um ihn ist, wenn er denkt. Wer sich das Übersinnliche durchaus sinnlich vorstellen will, gerät eben in Mißverständnisse. [20]

Der physische Körper ist durchzogen vom Nervensystem. Jedes Nervenzentrum steht in Verbindung mit einem astralen Zentrum, so daß also zum Beispiel der Sehnerv umgeben, eingehüllt ist von einem astralen Sehnerv, von einer astralen Substanz, die zum Sehnerv dazugehört. Nun, wie kommt das Sehen zustande? Licht kommt in das Auge, geht durch den Nerv ins Gehirn. Aber da sieht man noch nichts; es ist immer noch ein Bewegungsvorgang nur physischer Art. Nun kommt der astrale Sehnerv in Schwingungen. Diese bewirken, daß das Bild erscheint das man sieht. Ohne daß der Astralkörper in Tätigkeit versetzt wird, ist es unmöglich zu sehen. Ebenso ist es beim Denken. Der Astralkörper ist das eigentlich Tätige. Wenn Sie sich nun vorstellen, wie es beim Seher ist, dann sind es nicht Eindrücke, die durch das Ohr, durch das Auge kommen, sondern es sind Eindrücke, die durch seine astrale Organisation selbst, ohne Vermittlung des physischen Gehirns und des Nervenzentrums kommen. Das tritt auf, wenn die Chakrams, die Lotusblumen, in Bewegung kommen. Das bedeutet, daß der Astralkörper ein Organismus ist, der Sinnesorgane hat. [21]

Die Lotusblumen sind innerliche Bewegungen, sie sind im Inneren des Menschen. [22] Sie sind Organe, die eine Art kreisender Bewegung haben. Ein solches Organ (2-blättriges) ist unter der Stirn, einen Zentimeter unter dem Zusammenstoß der Augenbrauen, im Gehirn. Wenn an diesen Punkt intensiv gedacht wird mit gleichzeitigem Aussprechen eines bestimmten Wortes, findet eine Art Aufblitzen statt, ein Lichtwerden, und dies ist für den Seher von außen sichtbar. Durch die Schulung entsteht dieses Aufblitzen, wenn der astralische Leib aus dem physischen Leib heraus ist. Diese Organe entwickeln sich durch die Übungen, die der Lehrer dem Schüler gibt, so wie auch die Sinne des physischen Leibes durch Übung entwickelt werden. Sie dürfen nicht glauben, daß irgendwelche tumultuarischen Vorgänge, Zauberei und dergleichen den Menschen dazu führen können, diese Sinnesorgane zu entwickeln. Es sind lediglich intime Vorgänge, ein Lernen innerhalb der Gedanken, welche die Kraft in sich haben, solche Organe zu entwickeln. [23]

Wir wissen, daß während des Schlafes die verbrauchten Kräfte des physischen und des ätherischen Leibes von dem Astralleibe wieder ersetzt werden. Diese Kräfte aber sind es, die die Lotusblumen ausbilden. Ein Mensch, der seine okkulte Entwickelung anfängt, entzieht also dadurch eigentlich seinem physischen und ätherischen Leibe Kräfte. Will er sich also physisch und moralisch nicht schädigen, so muß er diese Kräfte durch etwas anderes ersetzen. (siehe Schulung) [24]

Der Mensch hat ja für das gewöhnliche Leben das Gefühl, daß er sozusagen mit dem Kopf denkt. Natürlich ist das ja nur ein bildlicher Ausdruck, man denkt mit den geistigen Organen, die dem Gehirn zugrunde liegen. Ein ganz anderes Gefühl hat man gegenüber jenem Denken, das da eintritt, wenn man ein wenig weitergekommen ist auf dem Weg (der Schulung). Man hat wirklich das Gefühl, als wenn man dasjenige, was man sonst lokalisiert im Kopf, fernerhin lokalisieren würde im Herzen. Es ist allerdings auch da nicht das physische Herz, welches denkt, sondern jenes Organ, von dem wir angedeutet haben, daß es sich als geistiges Organ in der Nähe des Herzens ausbildet, die sogenannte 12-blätterige Lotusblume. Die ist es eigentlich, die eine Art von Denkorgan wird für diejenigen, welche eine solche Entwickelung durchmachen. Und dieses Denken, das da auftritt, das unterscheidet sich von dem gewöhnlichen Denken sehr stark. Ob etwas wahr oder falsch ist, ob man dieses oder jenes zu sagen hat über ein Ding oder eine Tatsache der höheren Welten, dazu sind nicht Überlegungen notwendig wie beim gewöhnlichen Denken, sondern das ergibt sich unmittelbar. Sobald man das Ding oder die Tatsache vor sich hat, weiß man auch, was man sich selber oder anderen darüber zu sagen hat. Dieses Unmittelbare, das ist das Charakteristische des Herzdenkens. [25]

Hellsichtig sein heißt (aber), sich der Organe seines ätherischen Leibes bedienen können. Wenn man sich nur der Organe seines astralischen Leibes bedienen kann, so kann man zwar innerlich fühlen und empfinden, innerlich erleben die tiefsten Geheimnisse; aber man kann sie nicht schauen. Erst wenn das, was im astralischen Leibe erlebt wird, sich sozusagen seinen Abdruck verschafft im Ätherleibe, kann Hellsichtigkeit eintreten. [26]

Wenn nun dieses Hineinarbeiten wiederum aufhört, bloßes Hineinarbeiten zu sein und anfängt hinauszuarbeiten, wenn also jene Fangarme, (welche die gewöhnliche Wahrnehmung den Sinnesorganen vermitteln), die sich sonst nach innen erstrecken, sich überall kreuzen und nach außen sich als Lotusblumen ergießen, dann kommt jene höhere Tätigkeit zustande, durch die wir von der Seele aufsteigen zum Geiste, wo dasjenige, was uns sonst bloß als Innenleben erscheint in Denken, Fühlen und Wollen, nunmehr in der Außenwelt auftritt, getragen von geistigen Wesenheiten. [27]

Genau an der Stelle, wo die 2-blättrige Lotusblume beim hellsichtigen Menschen entsteht, da ist beim gewöhnlichen Menschen etwas vorhanden, wie zwei solcher Fangarme, die nach innen gehen, die sich nur in der Gegend des Vorderhirns kreuzen (Chiasma opticum). So wendet das gewöhnliche Bewußtsein einfach diese Fangarme, statt wie beim hellsichtigen Menschen nach außen, nach innen. Der Mensch sieht das, was er außer sich hat, das, was er in sich hat, sieht er nicht. So ist es auch im Geistigen. Die Organe werden nicht nur nicht gesehen, sondern sie werden auch nicht bewußt, und sie können daher auch nicht angewendet werden. Aber sie wirken. Indem sich der imaginative Sinn (2-blättrige Lotusblume) nach innen ergießt, entsteht das, was man im gewöhnlichen Leben die Empfindung irgendeiner Sache nennt, die äußere Empfindung, die äußere Wahrnehmung. Daß Sie die Dinge draußen sehen, das beruht darauf, daß nach innen hinein dieser Sinn arbeitet. Auch der inspirierende Sinn (16-blättrige Lotusblume) ergießt seine Tätigkeit nach innen, und dadurch entsteht das Gefühl. Und wenn der intuitive Sinn (12-blättrige Lotusblume) sich nach innen ergießt, dann entsteht das, was wir eigentlich jetzt das Denken nennen, das Gedankenbilden. Zuerst hat der Mensch eine Empfindung von der Sache, dann kommt das Gefühl, und zuletzt bildet er sich seine Gedanken darüber. [28] (Genaueres siehe: Sinne höhere).

Wenn wir ermüdet sind nach dem Holzhacken beispielsweise, so zeigt sich eine richtige Ausstrahlung an einer der Lotusblumen. Es ist ein Erfolg da, der wird ihm aber nicht bewußt. Was ihm zum Bewußtsein kommt, ist das, was ihn betäubt, damit er das nicht an sich wahrnimmt. Denn was da ausstrahlt ist wirklich ein Geistiges. Und man begreift es noch besser, wenn man, um die Geistigkeit dieser Ausstrahlung ins Auge zu fassen, sagen wir, eine in moralischer Beurteilung exponierte Handlung betrachtet. Alles was der Mensch tut, hat einen Wert im gesamten Entwickelungsgang der Menschheit. Diese Beurteilung, wieviel eine Handlung wert ist in diesem Entwickelungsgang, faßt der Mensch im gewöhnlichen Bewußtsein ebensowenig auf, wie er die Handlungen des Schicksals durch seinen Kopf auffaßt. Der Mensch übt fortwährend unterbewußt eine Beurteilung, eine Bewertung jeder einzelnen seiner Handlungen aus, und zwar sehr objektiv, was manchmal recht anders ausfällt, als man im Oberbewußtsein glauben würde. Die Urteile, die wir über unsere Handlungen fällen, und zwar auch über unsere Gedankenhandlungen, die werden wie ein Schein ausgestrahlt durch unsere Lotusblumenorganisation. Und dieser Schein geht sehr weit. Er geht über in die Zeit, bleibt nicht im Raume. Deshalb sind ja die Lotusblumen so schwer vorzustellen, weil sie sich fortwährend bewegen und fortwährend den Übergang in die Zeit nehmen. [29]

Indem Sie das Dasein zwischen Tod und neuer Geburt durchmachen, leben Sie sich Schritt für Schritt ein in das, was Sie in jenes Dasein durch Ihre Lotusblumen während Ihres Erdenlebens fortwährend hineinstrahlen. Sie treffen das alles an, was Sie in die Zukunft hineingestrahlt haben. Dadurch daß der Mensch aufrecht gebaut ist und also in seinem gewöhnlichen Bewußtseinsapparat auf sich ruht wie auf der eigenen Erde, dadurch wird an den Stellen der Lotusblumen das aufgehalten, was ausgeht von seinem Wandel über die Erde. Da wird es aufgehalten, im rechten Winkel umgebrochen und in das Leben hinausgeschickt. [30] Beim Tier kommt diese Ausstrahlung durch die Lotusblumen nicht in Betracht, weil dessen Rückgrat horizontal steht. [31] Die Strahlung sieht man eigentlich durch die Erde kommend und durch den Menschen eindringend, aber gelenkt durch die Lotusblumen und hinstrahlend in die Zukunft. [32]

Zitate:

[1]  GA 89, Seite 179   (Ausgabe 2001, 234 Seiten)
[2]  GA 324a, Seite 98   (Ausgabe 1995, 1922 Seiten)
[3]  GA 266/1, Seite 546ff   (Ausgabe 1995, 622 Seiten)
[4]  GA 13, Seite 369   (Ausgabe 1962, 444 Seiten)
[5]  GA 94, Seite 40   (Ausgabe 1979, 312 Seiten)
[6]  GA 105, Seite 60f   (Ausgabe 1983, 208 Seiten)
[7]  GA 42, Seite 9f   (Ausgabe 1969, 176 Seiten)
[8]  GA 42, Seite 41ff   (Ausgabe 1969, 176 Seiten)
[9]  GA 42, Seite 43ff   (Ausgabe 1969, 176 Seiten)
[10]  GA 42, Seite 45   (Ausgabe 1969, 176 Seiten)
[11]  GA 42, Seite 96f   (Ausgabe 1969, 176 Seiten)
[12]  GA 42, Seite 118f   (Ausgabe 1969, 176 Seiten)
[13]  GA 42, Seite 45f   (Ausgabe 1969, 176 Seiten)
[14]  GA 104, Seite 46ff   (Ausgabe 1979, 284 Seiten)
[15]  GA 95, Seite 41ff   (Ausgabe 1978, 164 Seiten)
[16]  GA 10, Seite 117   (Ausgabe 1961, 232 Seiten)
[17]  GA 10, Seite 123   (Ausgabe 1961, 232 Seiten)
[18]  GA 94, Seite 173   (Ausgabe 1979, 312 Seiten)
[19]  GA 95, Seite 112   (Ausgabe 1978, 164 Seiten)
[20]  GA 13, Seite 345   (Ausgabe 1962, 444 Seiten)
[21]  GA 88, Seite 236   (Ausgabe 1999, 256 Seiten)
[22]  GA 95, Seite 146   (Ausgabe 1978, 164 Seiten)
[23]  GA 98, Seite 29f   (Ausgabe 1983, 272 Seiten)
[24]  GA 95, Seite 112   (Ausgabe 1978, 164 Seiten)
[25]  GA 119, Seite 206f   (Ausgabe 1962, 279 Seiten)
[26]  GA 114, Seite 67   (Ausgabe 1955, 225 Seiten)
[27]  GA 115, Seite 56   (Ausgabe 1965, 318 Seiten)
[28]  GA 115, Seite 54ff   (Ausgabe 1965, 318 Seiten)
[29]  GA 181, Seite 97f   (Ausgabe 1967, 480 Seiten)
[30]  GA 181, Seite 99   (Ausgabe 1967, 480 Seiten)
[31]  GA 181, Seite 100   (Ausgabe 1967, 480 Seiten)
[32]  GA 181, Seite 103   (Ausgabe 1967, 480 Seiten)

Quellen:

GA 10:  Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (1904/1905)
GA 13:  Die Geheimwissenschaft im Umriß (1910)
GA 42:  (Anweisung für eine esoterische Schulung). ==> GA 264 - GA 268 (0)
GA 88:  Über die astrale Welt und das Devachan (1903-1904)
GA 89:  Bewußtsein – Leben – Form. Grundprinzipien der geisteswissenschaftlichen Kosmologie (1903-1906)
GA 94:  Kosmogonie. Populärer Okkultismus. Das Johannes-Evangelium. Die Theosophie an Hand des Johannes-Evangeliums (1906)
GA 95:  Vor dem Tore der Theosophie (1906)
GA 98:  Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt (1907/1908)
GA 104:  Die Apokalypse des Johannes (1908)
GA 105:  Welt, Erde und Mensch, deren Wesen und Entwickelung sowie ihre Spiegelung in dem Zusammenhang zwischen ägyptischem Mythos und gegenwärtiger Kultur (1908)
GA 114:  Das Lukas-Evangelium (1909)
GA 115:  Anthroposophie – Psychosophie – Pneumatosophie (1909/1911)
GA 119:  Makrokosmos und Mikrokosmos.. Die große und die kleine Welt. Seelenfragen, Lebensfragen, Geistesfragen (1910)
GA 181:  Erdensterben und Weltenleben. Anthroposophische Lebensgaben. Bewußtseins-Notwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft (1918)
GA 266/1:  Aus den Inhalten der esoterischen Stunden. Band I (1904-1909)
GA 324a:  Die vierte Dimension. Mathematik und Wirklichkeit (1905-1922)