Archai

Durch das Opfer, das die Geister des Willens, die Throne den Cherubim bringen (während der Saturnentwickelung), wird die Zeit geboren. – Aber die Zeit ist jetzt nicht jene abstrakte Zeit, von der wir gewöhnlich sprechen, sondern sie ist selbständige Wesenheit. Die Zeit beginnt mit dem, was da zunächst als Zeitwesenheiten geboren wird, die nichts anderes sind als lauter Zeit; das sind die Geister der Persönlichkeit, die wir dann als Archai in der Hierarchie der geistigen Wesenheiten kennenlernen. Im Saturndasein sind sie nur Zeit. Bei uns (in der Erdentwickelung) haben wir sie auch beschrieben als Zeitgeister, als Geister, welche die Zeit regeln. [1] Die Zeitgeister sind die wirkliche alte Zeit, und sie sind die Kinder der Throne mit den Cherubim. [2] Die Archai haben auf dem Saturn gelebt in dem, was heute unser physischer Leib ist, auf der Sonne in dem, was heute unser Ätherleib ist, auf dem Monde in dem, was heute Astralleib ist. Seit der Mitte der atlantischen Zeit haben sie begonnen zu leben in dem, was die Menschen aus ihrem Ich als ein Höheres hervorbringen können: Denknotwendigkeit ist das erste, WohlgefallenMißfallen ist das zweite, das dritte ist die Art, wie Sie sich gedrängt fühlen zu handeln unter den Einflüssen von Verhältnissen – auch das ist nicht karmisch bedingt, sondern von Ihrem Verhältnis zur Sache. Je mehr der Mensch an Gedankeninhalt, Gedankenreichtum entwickelt, je mehr er versucht, sein ästhetisches Urteil zu verfeinern, seine Pflicht zu erfüllen über das, was Karma ergibt, hinaus, desto mehr Nahrung haben die Archai. [3]

Ebenso, wie wir uns als Menschen mit unseren Maschinen auf der Erde befassen oder mit Essen und Trinken, so beschäftigen sich Angeloi, Archangeloi und Archai mit einem Gewebe, das aus unseren Gedanken geflochten, gesponnen, gebildet wird. Es ist also nur die uns zugewendete Seite der Gedankentätigkeit, von der wir wissen. Es gibt dazu eine uns abgewendete Seite, und diese sieht sich für das geistige Anschauen so an, daß wir sehen: Während wir da unsere Gedanken in unserem Innern haben, beschäftigen sich von außen her die genannten geistigen Wesenheiten mit unseren Gedanken. Unser Denkvorgang ist wahrhaftig nicht etwas Unnötiges in der Welt, unser Denkvorgang ist nicht etwas bloß für uns, unser Denkvorgang steht drinnen in der ganzen Weltenentwickelung und trägt bei, daß Neues immerfort einverwoben wird der Weltentwickelung. [4]

Was für uns Holz und Eisen der Erde ist, wenn wir es zu Maschinen verarbeiten, das sind unsere Ätherleiber für die Angeloi, Archangeloi, Archai; daran arbeiten sie. Sie arbeiten aus diesem Ätherleib heraus das, was in der geistigen Welt gebraucht wird. Dem Kosmos wird das Gewebe unseres Ätherleibes (eingefügt), das im wesentlichen zustande gekommen ist durch die Art, wie wir gedacht haben im Leben. Wir leben als Mensch nicht bloß für uns, wir leben als Mensch für den ganzen Kosmos. [5] (Daher muß uns als Ideal vorschweben): Wenn ich denke, denke ich nicht um mich zu befriedigen, sondern ich denke, damit sich daraus Nahrung schöpfen die Geister der Persönlichkeit, die Archai. Ich lege dar auf dem Opferaltar der Archai meine besten, meine schönsten Gedanken, und was ich fühle, fühle ich nicht aus einem Egoismus heraus, sondern ich fühle, weil es Nahrung sein soll für die Geister der Persönlichkeit. Und was ich als Tugenden ausüben kann, ich übe es nicht aus, um als das oder jenes zu gelten, sondern um Opfer darzubringen, Nahrung zu schaffen für die Geister der Persönlichkeit. [6]

Den Archai kommt auf dem Saturn ein Bewußtsein zu, das dem gegenwärtigen menschlichen Erdenbewußtsein ähnlich ist. Sie bewohnen den geformten menschlichen Stoffleib als «Seele» in einer ähnlichen Art, wie heute die Menschenseele ihren Leib bewohnt. Sie pflanzen dem Leib eine Art von Sinnesorganen ein, welche der Keim sind zu den Sinnesorganen, die sich später während der Erdentwickelung an dem Menschenkörper entwickeln. Die Archai können die Bilder der «Sinneskeime» durch ihre eigene Seele so bearbeiten, daß sie mit ihrer Hilfe äußere Gegenstände so wahrnehmen können, wie dies der Mensch während seiner Erdentwickelung tut. Indem sie am Menschenleibe arbeiten, machen die Archai ihre eigene «Menschheitsstufe» durch. Sie sind somit von der Mitte des 4. bis zur Mitte des 5. Saturnkreislaufes Menschen. [7] Diese Geister pflanzen also dem Menschenleib die Selbstheit, den Egoismus ein. Sie haben auch in folgenden Kreisläufen noch wichtige Arbeit am Menschen zu leisten, die immer im Sinne der Einimpfung der Selbstheit wirkt. Ihren Wirkungen sind ebenso die Ausartungen der Selbstheit in Selbstsucht zuzuschreiben, wie sie anderseits die Urheber aller Selbständigkeit des Menschen sind. Ohne sie wäre derselbe nie eine in sich abgeschlossene Wesenheit, eine «Persönlichkeit» geworden. [8] Die Wesen, die den Saturn bewohnen, die wir mit dem heutigen Erdenmenschen in seinem Verhältnis zur Erde vergleichen können, bestanden aus dem Ich, dem Geistselbst, dem Manas, Lebensgeist oder Buddhi, dem Geistesmenschen oder Atma, dem Heiligen Geist, dem Wort oder dem Sohn, und dem Vater. Die letzten drei Glieder werden auch die drei Logoi genannt. Die theosophische Sprache nennt die Archai auch Asuras. Sie sind diejenigen, die von Anfang an dieser physischen Anlage des Menschenleibes eingepflanzt haben die Selbständigkeit, das Ich-Bewußtsein und das Ich-Gefühl. Sie könnten Ihr Auge gar nicht im Dienste des Ich verwenden, wenn Ihre Anlage damals nicht schon so vorbereitet worden wäre, daß Sie sie in den Dienst des Ich stellen konnten. Diese Geister haben uns gegeben, was das Weiseste ist, wenn es richtig ausgebildet wird. Aber alles Höchste wird in sein Gegenteil verkehrt, wirkt am schädlichsten und verderblichsten, wenn es nicht richtig ausgebildet wird. Niemals könnte der Mensch jene hohe Stufe erreichen, die wir als die selbständige Menschenwürde bezeichnen, wenn nicht diese Geister ihm das Ich-Gefühl eingepflanzt hätten.

Immer hat es auch Wesen gegeben, welche die böse Bahn eingeschlagen haben. Wir tragen in uns die Wirkungen jener Geister des Ich, die den guten Weg eingeschlagen haben, in dem Streben nach Freiheit und Menschenwürde, und wir tragen den Keim des Bösen in uns, weil fortgewirkt haben die damals abgefallenen Wesenheiten. Diesen Gegensatz hat man immer empfunden. Das Christentum selbst unterscheidet zwischen dem Vatergott, den das Christentum ansieht als den höchstgestiegenen Geist des Saturn (siehe: Saturnadept), und sein Widersacher, dem Geist aller bösen Iche und alles radikal Unmoralischen, der damals auf dem Saturn abgefallen ist. Das sind die beiden Repräsentanten des Saturn. [9]

In der Mitte des 4. Sonnenkreislaufes haben sich die Archai zur Stufe des psychischen Bewußtseins erhoben, das der Mensch als bewußtes Bilderbewußtsein erst auf dem Jupiter entwickeln wird. Sie kommen dadurch in die Lage, bewußt von der Astralwelt (siehe: Astralplan) aus zu wirken. Nun kann von der Astralwelt aus der Ätherleib eines Wesens beeinflußt werden. Die Archai taten das in bezug auf den Ätherleib des Menschen. Sie pflanzten ihm jetzt den Geist der Selbstheit, der Selbständigkeit und Selbstsucht ein, wie sie das vorher, auf dem Saturn, mit dem physischen Leibe getan haben. Man sieht also, daß der Egoismus stufenweise durch die Archai allen Gliedern der menschlichen Wesenheit eingepflanzt wird. [10] Von der Mitte des 4. Mondenkreislaufes an beginnen die Archai mit dem, was dann im 5. Mondenzeitalter ihre Hauptaufgabe ist: sie impfen dem Astralleib die Selbstheit ein. [11]

Die Urbeginne, die Geister der Persönlichkeit, die Archai, man findet sie (in der Erdentwickelung) überhaupt nur, wenn man sich zurückversetzt in die Mitte der lemurischen Zeit, wo die Erde an einem Anfange des physischen Werden ist. Da findet man sie in ihrer eigenen Selbstigkeit. Wenn man in der Gleichzeitigkeit bleibt kann man sie nicht finden. Das ganze Verhältnis der Seele zu der Zeit muß ein anderes werden, wenn man in die geistige Welt erkennend eindringen will. [12]

Es sind eine Anzahl solcher Archai, die als Zeitgeister wirken. In jedem Zeitalter wirkt vorzugsweise einer und gibt diesem Zeitalter seine Gesamtsignatur. Dann wird er abgelöst in der kommenden Epoche von einem anderen Zeitgeiste. Wenn eine gewisse Anzahl von Epochen vorübergegangen ist, dann ist ein Zeitgeist durch die Weiterentwickelung hindurchgegangen. Dann kommt derjenige, der am längsten nicht daran gewesen ist, wieder an die Reihe, so daß derselbe in einer späteren Epoche, während die anderen dann ihre eigene Entwickelung durchmachen, als Geist der Epoche wiederkommt und für die fortgeschrittene Menschheit das, was er selber für seine höhere Mission erworben hat, intuitierend der Menschheit einflößt. Wegen dieser Eigenschaft der Archai, daß sie gleichsam Kreise beschreiben und wieder zu ihrem Ausgangspunkte zurückkommen, daß sie Zyklen beschreiben, wegen dieser Eigenschaft, werden sie auch «Geister der Umlaufszeiten» genannt. Es sind damit gemeint jene Umlaufszeiten, die der Mensch selber durchzumachen hat, indem er von Epoche zu Epoche in gewisser Weise zurückkehrt zu früheren Zuständen und sie in höherer Form wiederholt. [13] Nur in Feuerflammen können Sie den physischen Leib der Archai wahrnehmen, alles andere ist oben in der geistigen Welt. Wenn jemand hellseherisch den Blick hinaufrichtet zur Venus, um da droben die Versammlung der Geister der Persönlichkeit zu beobachten, und dann den Blitzstrahl durch die Wolken zucken sieht, da sieht er in diesem Blitzstrahl sich spiegeln die Geister der Persönlichkeit, denn da drinnen haben sie ihren Leib. [14] In dem, was man als Wärme empfindet, haben wir die Verleiblichung der Archai. In dem Menschen sind nicht nur die vier Elemente gemischt, sondern durchaus auch untereinander gemischt diejenigen Wesenheiten, (die sich in diesen Elementen verleiblichen); diese füllen seinen Leib gewissermaßen ebenso aus wie das Materielle, sie ziehen in den physischen Leib des Menschen ein und aus. [15] Als unbewußtes Selbsterlebnis sind in uns die Willen gebenden Archai. [16]

Zitate:

[1]  GA 132, Seite 19   (Ausgabe 1979, 102 Seiten)
[2]  GA 132, Seite 26   (Ausgabe 1979, 102 Seiten)
[3]  GA 107, Seite 309   (Ausgabe 1973, 328 Seiten)
[4]  GA 167, Seite 34   (Ausgabe 1962, 312 Seiten)
[5]  GA 174a, Seite 136f   (Ausgabe 1982, 308 Seiten)
[6]  GA 107, Seite 316   (Ausgabe 1973, 328 Seiten)
[7]  GA 11, Seite 165f   (Ausgabe 1955, 252 Seiten)
[8]  GA 11, Seite 166   (Ausgabe 1955, 252 Seiten)
[9]  GA 100, Seite 113f   (Ausgabe 1981, 276 Seiten)
[10]  GA 11, Seite 177   (Ausgabe 1955, 252 Seiten)
[11]  GA 11, Seite 186   (Ausgabe 1955, 252 Seiten)
[12]  GA 156, Seite 70   (Ausgabe 1967, 183 Seiten)
[13]  GA 121, Seite 30f   (Ausgabe 1982, 214 Seiten)
[14]  GA 110, Seite 114f   (Ausgabe 1981, 198 Seiten)
[15]  GA 105, Seite 66   (Ausgabe 1983, 208 Seiten)
[16]  GA 161, Seite 14   (Ausgabe 1980, 292 Seiten)

Quellen:

GA 11:  Aus der Akasha-Chronik (1904/1908)
GA 100:  Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis. Theosophie und Rosenkreuzertum – Das Johannes-Evangelium (1907)
GA 105:  Welt, Erde und Mensch, deren Wesen und Entwickelung sowie ihre Spiegelung in dem Zusammenhang zwischen ägyptischem Mythos und gegenwärtiger Kultur (1908)
GA 107:  Geisteswissenschaftliche Menschenkunde (1908/1909)
GA 110:  Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt. Tierkreis, Planeten, Kosmos (1909)
GA 121:  Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie (1910)
GA 132:  Die Evolution vom Gesichtspunkte des Wahrhaftigen (1911)
GA 156:  Okkultes Lesen und okkultes Hören (1914)
GA 161:  Wege der geistigen Erkenntnis und der Erneuerung künstlerischer Weltanschauung (1915)
GA 167:  Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste (1916)
GA 174a:  Mitteleuropa zwischen Ost und West (1914-1918)