Astralplan

Wenn wir vom physischen Plan ausgehen, so haben wir sieben Unterabteilungen des physischen Planes; dann kämen sieben Unterabteilungen des Astralplanes. Von diesen fallen die drei untersten mit den drei obersten des physischen Planes zusammen. Wir müssen den Astralplan mit dem physischen Plan so zusammengeschoben betrachten, daß die drei obersten Partien des physischen Planes zugleich die drei untersten Partien des Astralplanes sind. Wir können von einer Randzone sprechen, das ist die, welche unsere Seelen nach dem Tode nicht verlassen können, wenn sie durch Begierden noch an die Erde gefesselt sind. Man nennt sie Kamaloka. [1]

Dieses Selbstbewußtsein ist eben an die Tätigkeit der äußeren Sinne gebunden; schweigen diese, so versinkt es in einen Abgrund. Man bezeichnet diese Tatsache in der sogenannten Geheimwissenschaft dadurch, daß man sagt: die Seele des Menschen hat sich aus der physischen Welt zurückgezogen. Wer nun nicht behaupten will, der Mensch höre beim Einschlafen auf zu sein und entstehe beim Aufwachen von neuem, dem wird die Erkenntnis nicht schwerfallen, daß der Mensch während des Schlafes in einer andern als der physischen Welt vorhanden ist. Man nennt diese Welt die astrale. [2] Wir können kein Wort sprechen, keinen Gedanken fassen, ohne daß Gefühle in den Raum hinauswirken. Wie unsere Handlungen in den Raum hinauswirken, so wirken auch die Gefühle; sie durchsetzen den Raum und beeinflussen die Menschen und die ganze astrale Welt. [3] Niemand ist in der Lage, die astrale Welt in ihrer Ganzheit zu schildern; sie ist reichhaltiger und umfangreicher als unsere physische Welt. [4]

Natürlich können wir nur ganz allgemein eine Skizze geben, denn die Welt, der wir hier begegnen, ist so überwältigend groß, daß jeder, der diese Welt einmal betritt, überwältigt wird von der Fülle der Erscheinungen, so daß niemand etwa aus eigener Erfahrung die ganze astrale Welt beschreiben könnte. Ebensowenig wie jemand die ganze physische Erde gesehen hat, ebensowenig hat jemand die ganze astrale Welt gesehen. Der Astralraum ist sozusagen ein Ort, an dem Wesen verschiedener Welten sich treffen können. Es ist genauso, wie Menschen in der irdischen Laufbahn sich begegnen können, wie ein Mensch einmal mit einem anderen zusammentreffen kann, der an einem ganz anderen Orte wohnt, vielleicht eine kurze Wegstrecke mit ihm zusammen zurücklegt, ihn wieder verliert und ihm dann nicht mehr begegnet. Wie dies im kleinen ist, so kann es auch in großem Maßstabe eintreten, und so können wir uns manches aus der astralischen Welt erklären. Wir sind als Menschen nicht von Anfang an so gewesen, daß wir uns in der Welt in einem physischen Körper zwischen Geburt und Tod verkörpert haben, sondern wir haben es in einer Art kosmischer Entwickelung dazu gebracht, daß wir durch drei Stationen hindurchzugehen haben: durch das physische Leben zwischen Geburt und Tod, durch das Leben im Kamaloka und durch das Leben im Devachan. Nicht alle Wesen durchlaufen diese Stationen, und auch wir Menschen haben eine Zeit gehabt, die der unsrigen vorangegangen ist, in welcher wir mit unserer Wesenheit der astralen Welt viel näherstanden. Wir waren, bevor wir uns die Fähigkeit erarbeitet hatten, uns physisch zu verkörpern, Wesen, welche rein in der astralen Welt lebten und welche astralische Sinne hatten. Aus den astralischen Sinnen heraus entwickelten sich Laufe von Jahrmillionen erst unsere Augen und Ohren zu der physischen Gestalt, die sie heute haben. Wir waren astrale Wesen, und wir werden im Laufe unserer Entwickelung wieder astrale Wesen sein. Wir waren früher rein passive Wesen, hingegeben den Eindrücken der Außenwelt, bevor unser physischer Körper sich verdichtet hatte zu dem physischen Kern, durch den erst möglich wurde, physische Muskeln in Bewegung zu setzen, um irdische Handlungen auszuführen. Wir werden uns wiederum verwandeln, aus passiven zu aktiven Wesenheiten. Weil wir noch etwas von unserer früheren astralen Gestalt mit uns herumtragen, weil etwas davon zu unserem astralen Körper gehört, und weil Vergangenheit und Zukunft in uns sich durchdringen, deshalb leben wir auch heute in der astralen Welt. Und wir können unser Geistesauge so entwickeln, daß wir in der astralen Welt ebenso sehend werden, wie der Durchschnittsmensch sehend ist in der physischen Welt. Die Menschen sind sich dessen nicht bewußt, weil ihr geistiges Auge nicht geöffnet ist. Das Auge des Schülers aber wird allmählich geöffnet (beginnt im Schlaf). Wir sind Bürger der physischen Welt und der astralen Welt. [5]

Im Hintergrunde der Sixtinischen Madonna (Bild von Raffael in Dresden) ist die ganze Atmosphäre mit Engelköpfen und Genienköpfen erfüllt, – und wie sonst Luft und Wolkengebilde, so wachsen da heraus Geniengestalten. Das ist nicht bloße Phantasie; es ist etwas, was für den, der die astrale Welt sehen kann, eine volle Wirklichkeit ist. So ist die astrale Welt angefüllt von Wesenheiten, die gleichsam in einer unendlichen Lebendigkeit aus jedem Punkt in dem Raum hervorsprießen. So nimmt sich in jeder Beziehung der astralische Plan aus; bewegtes geistiges Leben ist in ihm. Auf dem (Fresko Raffaels im Vatikan genannt:) «Disputa» haben Sie ganz unten die disputierenden Menschen – wie man glaubt: Kirchenväter, Päpste, Kirchenlehrer –, dann beginnt die Region der Apostel und Propheten, und dann gliedert sich daran die Region, die bei Raffael in den Genienköpfen wiedergegeben ist, das ist diejenige Region, die wir den niederen Astralplan nennen können. Weiter oben haben Sie auf demselben Bilde die Region des höheren Astralplanes golddurchglüht richtig wiedergegeben. [6]

Jeder physische Vorgang da draußen ist durchsetzt von einem feineren elementarischen Vorgang, von etwas, was damit parallel geht und was im Übersinnlichen verläuft. Nicht nur die Wesen sind von einem Übersinnlichen durchdrungen, sondern alles Sein ist von einem Übersinnlichen durchdrungen. Oftmals besteht im Geistigen gerade das Gegenteil von dem was hier im Physischen besteht. Wenn irgend jemand es zu atavistischem Hellsehen gebracht hat, so könnte er das nach einer genau entgegengesetzten Richtung hin gehende Parallelereignis der übersinnlichen Welt wahrnehmen. [7]

Sobald man in die nächste übersinnliche Welt hinaufkommt, hat man es nicht mehr zu tun mit Ursachen und Wirkungen, sondern mit Wesenheiten. In jedem Moment greift eine andere Wesenheit ein oder läßt eine Verrichtung fallen. Da hat man es gar nicht zu tun mit dem, was man so im gewöhnlichen Sinne durch Begriffe verfolgen kann. Ganz andere Art und Weise des Zusammenwirkens geschieht in dieser geistigen Welt, in diesen, den physischen Ereignissen parallelgehenden Folge oder Strömung der geistigen Ereignisse. [8]

Die Wesenheiten, die nur auf dem astralischen Plan verkörpert sind, die haben fortwährend eine wechselnde Gestaltung, eine Gestaltung, die bei vielen Wesenheiten in jedem Augenblick eine andere wird; denn die Gestalt, welche auf dem astralischen Plan wahrgenommen wird, ist ein genauer Abdruck der inneren Seelenerlebnisse und Seelenbetätigungen dieser Wesenheiten. Das Leben auf dem astralen Plan ist viel reicher als auf der physischen Welt. Sie müssen sich nur vorstellen, daß da in der Astralwelt lichte Bilder, die nicht an einem äußeren Gegenstande haften, hinhuschen, daß sie eine gewisse Form haben, die entweder licht, weniger leuchtend oder getrübt sind, daß sie in jedem Augenblicke sich ändern, und daß sie nichts anderes sind als ein Ausdruck für Seelen, sagen wir, die da leben auf dem astralen Plane. Aber diese lichten Körper zeigen nicht bloß Licht und verschiedene Farbenbildungen, sondern auch alle anderen dem Physischen ähnliche Sinneseindrücke; nur werden diese nicht mit äußeren, sondern mit den Geistorganen der Seele wahrgenommen. [9]

Der Mensch gehört mit seinem Ätherleib dem Astralplan an. [10] Unsere intellektuellen Anlagen stehen in einer übersinnlichen Beziehung zu dem Astralplan. [11] Wir mögen noch so geistreiche Gedanken haben: Gedanken, die nicht von Gemütsbewegungen getragen werden, gehen nicht weiter als bis in den Astralplan, haben für andere Welten keine Bedeutung. [12] Was wir an falschen Gedanken haben, machen wir ab im Kamaloka [13]

Wie den körperlichen Gebilden die räumliche Ausdehnung und räumliche Bewegung eigentümlich sind, so den seelischen Dingen und Wesenheiten die Reizbarkeit, das triebhafte Begehren. Man bezeichnet deshalb die Seelenwelt auch als die Begierden- oder Wunschwelt oder als die Welt des «Verlangens». Diese Ausdrücke sind der menschlichen Seelenwelt entlehnt. Man muß deshalb festhalten, daß die Dinge in denjenigen Teilen der Seelenwelt, die außer der menschlichen Seele liegen, von den Seelenkräften in dieser ebenso verschieden sind wie die physischen Stoffe und Kräfte der körperlichen Außenwelt von den Teilen, die den physischen Menschenleib zusammensetzen. Trieb, Wunsch, Verlangen sind Bezeichnungen für das Stoffliche der Seelenwelt. Dieses Stoffliche sei mit «astral» bezeichnet. [14] Das Gewahrwerden, das der Mensch erlangt, wenn er fürs erste Bekanntschaft macht mit den höheren Welten kann einen sehr verwirrenden und verstörenden Eindruck auf ihn machen. Zuerst kommt man durch die Regionen der Tiergruppenseelen – eine kalte Region, ein wahres Eisgebiet – und dann in die Regionen der Pflanzengruppenseelen, da wird es wieder warm. [15]

Mit der imaginativen Erkenntnis sieht der Mensch aus einer Pflanze etwas wie eine kalte Flamme aufsteigen, ein Farbenbild, welches ihn in den Astralplan einführt. [16] (Genaueres siehe: Einweihung – Weg zur Einweihung)

Wenn der Mensch seine geistigen Organe durch Meditation und Konzentration entwickelt hat und bewußt auf den Astralplan kommt, dann schaut er eine gänzlich andere Welt. Eine Bilderwelt, eine Welt von Sinnbildern schaut er um sich herum. Gewöhnlich wird die astrale Welt zu sinnlich angeschaut, das heißt zu viel wie eine stoffliche, sinnlich-wahrnehmbare Welt gefühlt und beschrieben durch den Hellsichtigen, der noch Neuling auf diesem Gebiete ist. Dazu kommt noch, daß er oft Spiegelbilder des ätherischen Gebietes für Astralbilder hält. Auf dem Astralplan sieht man alles in Farben: nähert sich uns ein feindliches Wesen, dann sieht der Hellsichtige ein orange-gelbes Farbenbild; ist es ein uns sympathisches Wesen, dann ist das Farbenbild indigo-blau gefärbt. Man sieht dort alles wie im Spiegelbild – umgekehrt, auch in bezug auf die Zeit. Zum Beispiel sieht man zuerst das Huhn und dann das Ei, aus dem es herausgekrochen ist; oder zuerst die Blüte und dann die Wurzel einer Pflanze. Dasselbe geschieht mit unserem Seelenleben: die Leidenschaften und Begierden, die vom Menschen ausströmen, kommen auf dem Astralplan als tierische Wesen aus dem Raum ihm entgegengeströmt, als Schlangen, Wölfe und so weiter, je nach der Art der Gefühle und Begierden. Jegliches edles Verlangen und Gefühl, die auf Erden durch die Umstände zurückgehalten werden, kommen ihm da in herrlichen Farbenbildern entgegen. [17]

Der Mensch kann zunächst die astralische Welt nicht anders erleben als in der Entbehrung (siehe: Kamaloka). Wer in die höheren Welten hinaufkommt und weiß: ich entbehre dies oder jenes, und es ist keine Aussicht, es zu erhalten – der erlebt den Bewußtseinsinhalt der astralischen Welt. Auch wenn sich jemand als Mensch okkulte Mittel geben lassen könnte, so daß er aus seinem Leibe heraus den Astralplan betreten könnte, er würde immer die Entbehrung in der astralischen Welt erleiden müssen. Wie kann man sich nun so ausbilden, daß man nicht nur den Teil der astralischen Welt kennenlernt, der in der Entbehrung zum Ausdruck kommt, die Entbehrungsphase (oder Kamaloka), sondern daß man die astralische Welt im besten Sinne erlebt, daß man jenen Teil erlebt, der wirklich diese Welt auch im guten und besten Sinne zum Ausdruck bringt? Durch die Ausbildung dessen, was das Gegenteil der Entbehrung ist, kann der Mensch in den anderen Teil der astralischen Welt hineinkommen. Daher werden die Methoden, die in dem Menschen die Kräfte wachrufen, die dem Entbehren entgegengesetzt sind, diejenigen sein, die den Menschen in den anderen Teil der astralischen Welt bringen. Das sind die Kräfte der Entsagung. Ebenso wie das Entbehren, so ist auch das Entsagen in mannigfachen Nuancen denkbar. Mit der kleinsten Entsagung, die wir uns auferlegen, machen wir einen Schritt vorwärts in dem Sinn, daß wir uns zu der guten Seite der astralischen Welt hinaufentwickeln. Wenn man sich das Unbedeutendste versagt, so ist dies ein Anerziehen von etwas, das etwas Wesentliches beiträgt zum Erfahren der guten Seiten der astralischen Welt. Darum wird in den okkulten Überlieferungen so viel Gewicht darauf gelegt, daß der Schüler sich probeweise dies oder jenes entzieht, daß er Entsagung übt. Was wird dadurch bewirkt? Denken wir zunächst einmal an die Erfahrungen im Kamaloka. Es tritt sofort Entbehrung ein, und diese tritt als imaginatives Bild in der astralischen Welt auf. Zum Beispiel erscheint ein rotes Fünfeck, oder ein roter Kreis. Dies ist nichts anderes als das Bild dessen, was in das Gesichtsfeld des Menschen eintritt und dem Entbehren ebenso entspricht, wie in der physischen Welt ein Objekt auf dem physischen Plan dem entspricht, was man in der Seele als Vorstellung davon erlebt. Hat man sehr niedere Gelüste, sehr tiefstehende Begierden, dann treten grauenvolle Tiere dem Menschen entgegen, wenn er aus dem Leibe heraus ist. Diese furchtbaren Tiere sind das Symbolum für diese niedrigsten Gelüste. Hat man aber Entsagung gelernt, dann verwandelt sich in dem Augenblick, wo man durch den Tod oder Initiation aus dem Leib heraus ist, der rote Kreis, weil man das Rot mit dem Gefühl der Entsagung durchdringt, in nichts, und es entsteht ein grüner Kreis. Ebenso wird das Tier durch die Entsagungskräfte verschwinden, und ein edles Gebilde der astralischen Welt wird erscheinen. So muß der Mensch erst das, was ihm objektiv gegeben ist, den roten Kreis oder das scheußliche Tier, durch die ausgebildeten Entsagungskräfte, durch den Verzicht, in sein Gegenteil umwandeln. Die Entsagung zaubert heraus aus unbekannten Tiefen die wahren Gestalten der astralischen Welt. So darf also kein Mensch glauben, wenn er sich im echten Sinne in die astralische Welt hinaufschwingen will, daß dabei nicht das Mittun seiner Seelenkräfte notwendig sei. Er würde ohne dieses nur in einen Teil der astralischen Welt gelangen. Er muß verzichten, auch auf alle Imagination. Wer verzichtet, der entsagt, und das ist dasjenige, was die wahre Gestalt der astralischen Welt hervorzaubert. [18]

In der elementarischen Welt (Astralplan) sind die Sympathien und Antipathien nicht nur durch ihre Stärke zu unterscheiden, sondern so, wie zum Beispiel in der sinnlichen Welt die Farben zu unterscheiden sind. Wie man eine vielfarbige Sinneswelt hat, so kann man eine vielartig – sympathische oder antipathische elementarische Welt erleben. Auch dies kommt dabei noch in Betracht, daß «antipathisch» für das Reich des Elementarischen nicht den Beigeschmack hat, daß man sich von ihm innerlich abwendet; man muß da mit antipathisch einfach eine Eigenschaft des elementarischen Wesens oder Vorgangs bezeichnen, die zu einer sympathischen Eigenschaft eines anderen Vorganges oder Wesens sich ähnlich verhält, wie etwa in der Sinneswelt die blaue zu der roten Farbe. Man könnte von einem «Sinne» sprechen, den der Mensch für die elementarische Welt in seinem ätherischen Leibe zu erwecken vermag. Dieser Sinn ist fähig, Sympathien und Antipathien in der elementarischen Welt wahrzunehmen. [19]

Durch den ätherischen Leib hängt der Mensch hundertfältig mit Wesenheiten und Vorgängen der elementarischen Welt zusammen. [20]

Die elementarische Welt (Astralplan) ist eine durchaus andere als die sinnliche Welt. Sie wissen (in der sinnlichen Welt) in jedem Augenblick, Sie sind derselbe, der Sie gegenüber einem anderen Vorgang, einer anderen Wesenheit gewesen sind, wenn Sie einem Neuen gegenübertreten, und Sie können sich niemals verlieren in diesem Vorgang, in dieser Wesenheit. Das wird sogleich anders, wenn man die elementarische Welt betritt. Dort ist es notwendig, daß man mit dem ganzen Innenleben seiner Seele einem Wesen, einem Vorgang sich so weit anpaßt, daß man sich mit seinem Seelenleben in dieses Wesen, in diesen Vorgang selbst verwandelt. Anders kann man nichts erkennen in der elementarischen Welt, als wenn man den Wesen so gegenübertritt, daß man innerhalb jedes Wesens ein anderer wird, und zwar in hohem Grade ähnlich wird dem Wesen und dem Vorgang selber. [21]

Wenn in der richtig entwickelten menschlichen Geistes-Schau das Erwachen in der übersinnlichen Welt eintritt, so bleibt die Erinnerung an die Erlebnisse der Seele in der Sinneswelt vorhanden. Diese Erinnerung muß vorhanden bleiben, sonst wären in dem hellsichtigen Bewußtsein wohl die anderen Wesenheiten und Vorgänge vorhanden, nicht aber die eigene Wesenheit. Man hätte kein Wissen von sich; man lebte nicht selbst geistig. [22] Die Seele nimmt aus ihrem Erleben in der physischen Welt einen Nachklang der Erinnerungsfähigkeit mit, und dadurch vermag sie im übersinnlichen Erleben zu wissen: ich bin hier im Geistigen dieselbe, die ich dort im Sinnlichen bin. Diese Erinnerungsfähigkeit ist ihr notwendig, weil ihr sonst der Zusammenhang im Selbstbewußtsein verlorenginge. Außerdem aber erlangt das in die übersinnliche Welt hinaufgehobene Selbstbewußtsein auch noch die Fähigkeit, die in dieser Welt erlebten Eindrücke so umzuwandeln, daß sie im Leibe Eindrücke machen von der gleichen Art wie die sinnlichen Eindrücke der physischen Welt. Und dadurch ist es möglich, daß die Seele sich eine Art Erinnerung an das im Übersinnlichen Erlebte bewahrt. Sonst würde dieses Erlebte stets vergessen werden. Während aber die Eindrücke der physischen Welt so auf den Menschen wirken, daß er sie später erinnern kann durch dasjenige, was sie selbst in ihm bewirkt haben, muß er im Bereich des Übersinnlichen mit den Erlebnissen selbst eine solche Verrichtung vornehmen, die es ermöglicht, daß er später auch im gewöhnlichen Bewußtsein von ihnen weiß. [23]

Die Hingabe, dieser naturgemäße Trieb der elementarischen Welt, ist nicht dem gleich zu achten, was man im menschlichen Erleben als Liebe bezeichnet. Die elementarische Hingabe beruht auf einem Sich-Erleben in dem anderen Wesen oder Vorgang; die Liebe ist ein Erleben des anderen in der eigenen Seele. Um dieses Erleben zur Entfaltung zu bringen, muß in der Seele über das in ihren Tiefen vorhandene Selbstgefühl – Ich-Erlebnis gewissermaßen ein Schleier gezogen sein. [24] Eine Grundfähigkeit für das Sich-Erleben, für das Sich-Erfühlen der Seele in der elementarischen Welt ist die Verwandlungsfähigkeit. Ebensowenig wie es für die physische Welt angeht, fortwährend zu wachen, wie das Leben gleichsam im Pendelschlag in der physischen Welt verlaufen muß zwischen Wachen und Schlafen, so ist etwas Ähnliches auch für das Leben des Ätherleibes in der elementarischen Welt notwendig. Dasjenige, was einen verwandlungsfähig macht für die geistige Welt, das ist das Vorstellungsleben des Menschen, das ist die Fähigkeit, das Vorstellen, das Denken beweglich zu machen, so daß man durch das beweglich gewordene Denken in die Wesen und Vorgänge untertauchen kann. Für den anderen Zustand, der sich da vergleichen läßt mit dem Schlafe in der Sinneswelt, muß ausgebildet, erkraftet sein das menschliche Wollen. Man kann kein Selbstgefühl entwickeln in der elementarischen Welt, wenn man sein Wollen nicht anstrengt, wenn man sich nicht selber will. Das erfordert allerdings eine Überwindung der menschlichen Bequemlichkeit, die ungeheuer tief eingewurzelt ist. Ebenso wie Schlafen und Wachen abwechseln in der physisch-sinnlichen Welt, so muß der eine Zustand des Sich-in-die-Wesen-Hineinverwandelns in der elementarischen Welt mit diesem im Wollen erstarkten Selbstgefühle abwechseln. So wie in der physisch-sinnlichen Welt die Übermannung durch den Schlaf eintritt, so kommen Momente in der elementarischen Welt für den Ätherleib, wo dieser fühlt: ich kann mich jetzt nicht fortwährend verwandeln, ich muß jetzt alles ausschließen, was an anderen Wesen und Vorgängen da ist und mich, mein Selbst, wollen, einmal ganz in mir leben. Das würde entsprechen dem Schlaf in der physischen Welt. So wechseln in einer viel willkürlicheren Weise als wachen und schlafen in der physisch-sinnlichen Welt Verwandlungsfähigkeit und in sich leben mit erstarktem Selbstgefühl in der elementarischen Welt. Ja, das Bewußtsein kann es dazu bringen, daß gleichsam durch die Elastizität dieses Bewußtseins beide Zustände unter gewissen Voraussetzungen gleichzeitig vorhanden sind, daß man sich gewissermaßen auf der einen Seite verwandelt und dennoch gewisse Teile seiner Seele zusammenhält und in sich ruht. Man kann in der elementarischen Welt zugleich wachen und schlafen. [25] Wenn man sich in das eine oder andere Wesen verwandelt, dann erlebt man etwas, was man nennen könnte: Sympathien und Antipathien, welche wie aus den Seelentiefen herauffluten und sich als Erlebnisse in der hellsichtig gewordenen Seele ausnehmen. Indem man so von Verwandlung zu Verwandlung schreitet, erlebt man fortwährend andere Sympathien und Antipathien. [26]

Jene Gemütsstimmung, jene Gefühlsverfassung, welche den Sympathien und Antipathien in der physisch-sinnlichen Welt entspricht, muß abgelöst werden gegenüber der elementarischen Welt durch das, was man Seelenruhe, Geistesfriedsamkeit nennen könnte. Dann erst, wenn sich die Seele so verhalten kann zu Sympathien und Antipathien, ist diese Seele fähig, in ihren Erlebnissen das Sich-sympathisch- oder Sich-antipathisch-Erleben, Erfühlen in den Dingen der elementarischen Welt bildhaft richtig vor sich hintreten zu lassen. Dann erst ist man imstande, nicht bloß dasjenige zu fühlen, was eben das Erfühlen in Sympathie und Antipathie ist, sondern wirklich das Erleben seiner selbst, verwandelt in ein anderes Wesen, aufschießen zu sehen als dieses oder jenes farbige Bild oder dieses oder jenes Tonbild der elementarischen Welt. [27] Das Wollen muß erstarken, weil man es in der elementarischen Welt nicht so bequem hat wie in der physisch-sinnlichen Welt, wo einem das Ich-Gefühl durch die Kräfte des physischen Leibes gegeben wird. Man muß dieses Ich-Gefühl selber wollen. Hält man sich nicht selber in der elementarischen Welt, verfällt man in dieser Welt gleichsam wie in eine Ohnmacht. Das, was wir den Willen nennen in der physisch-sinnlichen Welt, ist eine Abschattung jenes starken wesenhaften Willens, der sich so entfaltet, daß er das Selbst aufrecht erhält aus der Willkür heraus, nicht durch äußere Kräfte gestützt, [28]

Man muß ferner berücksichtigen, daß, wenn das Denken sich zur Verwandlungsfähigkeit entwickelt, also sich einlebt in die elementarische Welt, dieses Denken selber, so wie es in der physisch-sinnlichen Welt gesund und richtig ist, für die elementarische Welt nicht zu brauchen ist. Man fühlt sich innerlich in der Seele Herr dieser Gedanken. Diese verhalten sich gleichsam passiv, lassen sich verbinden und trennen, lassen sich machen und wieder fortschaffen. Wenn man sich wirklich mit der hellsichtigen Seele einlebt in die elementarische Welt, dann ist das so, wie wenn die Gedanken nicht Dinge wären, die man beherrscht, sondern die Gedanken werden wie lebendige Wesen. Ein groteskes Bild kann uns ein wenig aufmerksam machen, wie anders das Denken werden muß in der elementarischen Welt: Denken Sie sich, Sie steckten Ihren Kopf in einen Ameisenhaufen, und das Denken hörte auf. Dafür hätten Sie Ameisen statt Ihrer Gedanken im Kopfe. So werden die Gedanken, wenn Sie untertauchen mit Ihrer Seele in die elementarische Welt, daß sie sich selber verbinden und trennen, daß sie ein Eigenleben für sich führen. Man braucht eine stärkere Kraft der Seele, um mit seinem Bewußtsein lebendigen Gedankenwesen gegenüberzustehen. Da muß man sich aufrecht erhalten und behaupten mit seinem Seelenleben. Es ist durchaus so, daß man in der physisch-sinnlichen Welt etwas recht Dummes denken kann; das tut in der Regel nicht weh. In der elementarischen Welt kann es sehr gut vorkommen, wenn man mit seinem Denken Dummheiten dort macht, daß das, was da als selbständige Wesen herumkriecht, einem recht weh tut, einem recht Schmerzen macht. [29]

Würde man mit den Gepflogenheiten, die man den lebendigen Gedankenwesen der elementarischen Welt entgegenbringt, herüberkommen in die physisch-sinnliche Welt, die Schwelle überschreiten und zurückgehen und würde dann nicht das gesunde Denken mit den passiven Gedanken entfalten, sondern festhalten wollen das Verhalten für die elementarische Welt, dann gingen einem die Gedanken fortwährend durch, dann liefe man den Gedanken nach; dann würde man der Sklave seiner Gedanken werden. [30]

Sie können nicht etwa kalt oder nüchtern vor gewissen Erlebnissen des astralen und devachanischen Planes vorbeigehen, sondern gewisse Erlebnisse fordern Ihnen ab eine Hingebung, ein volles Eingehen; andere hingegen stoßen Sie ab. Entbehrung ist überhaupt etwas, was auf der einen Seite unserer Gefühlswelt steht, wenn wir in der Astralwelt sind. Man lernt da, wenn man das Bewußtsein entwickelt hat, nicht jene peinigende Entbehrung kennen, wie ein Gestorbener sie hat, aber das Gefühl des Suchens nach etwas, das Gefühl der Entbehrung wird auch den Hellseher überkommen, wenn nicht ein anderes zum Erhalten des Gleichgewichtes da wäre. Betritt er unvorbereitet den astralen Plan, dann wird sich das geltend machen. Nicht Rast und nicht Ruhe hat die Seele; eine Unruhe, eine Rastlosigkeit wird die Seele von einem zum anderen drängen. Um das zu vermeiden, gibt es nur eines: die entgegengesetzte Gefühlsnuance muß herausgebildet werden und in allen Geheimschulen wird diese vorbereitet: die Entsagung. Während das Gefühl der Begierde die Astralwelt zu einer Welt des Schmerzes und der Unlust macht, macht das, was man durch Entsagung erwirkt, daß man immer klarer und klarer, deutlicher und deutlicher die Gebilde und Wesenheiten des astralen Planes beobachten kann. [31] Wer in die höheren Welten hinaufkommt und weiß: ich entbehre dies oder jenes, und es ist keine Aussicht, es zu erhalten der erlebt den Bewußtseinsinhalt der astralischen Welt. Auch wenn sich jemand als Mensch okkulte Mittel geben lassen könnte, so daß er aus seinem Leibe heraus den Astralplan betreten könnte, er würde immer die Entbehrung in der astralischen Welt erleiden müssen. Die Entsagung zaubert heraus aus unbekannten Tiefen die wahren Gestalten der astralischen Welt. [32]

Die Astralwelt ist in der Hauptsache aus Formen und Farben zusammengesetzt. Die Farbe schwebt wie ein Flammenbild frei in der Luft. Die astralischen Farbbilder sind frei im Raum beweglich, sie vibrieren wie eine Flut von Farben, ein Farbenmeer in immer wechselnden, verschiedenartigen Linien und Formen. Zuerst erscheint dem Geistesschüler diese Glut, dieses Farbenmeer sozusagen als herrenlos, es haftet nicht an Gegenständen. Dann aber treten die Farbenflocken zusammen und heften sich, zwar nicht an Gegenstände, aber an Wesenheiten. Eine Welt von Wesenheiten, die durch Farben zu uns spricht, ist die Astralwelt. [33]

Wenn der Mensch vermag, bei der Meditation alle Erinnerungen an die äußere Sinneswelt und an sonstige Erlebnisse auszuschalten, und wenn er dann doch noch einen Seeleninhalt hat, dann fängt seine Traumwelt an, eine große Regelmäßigkeit zu bekommen. Es ist dann, wenn er erwacht, als ob er sich aus einem flutenden Weltenmeer erhöbe. Er weiß, er hat jetzt etwas Neues erlebt, er ist wie herausgekommen aus einem solchen Meer von Licht und Farben, wie er es noch nicht gekannt hat in der physischen Welt. Immer mehr gewinnen seine Traumerlebnisse an Deutlichkeit. Er erinnert sich, daß in dieser Licht- und Farbenwelt Dinge und Wesenheiten waren, die sich dadurch von den anderen Gegenständen unterscheiden, daß man durch sie hindurchgehen kann, daß sie keinen Widerstand entgegensetzen. Er lernt eine Summe von Wesenheiten kennen, deren Element, deren Körper die Farben sind. Allmählich dehnt der Mensch sein Bewußtsein über diese Welt aus und erinnert sich beim Erwachen, daß er darin handelnd aufgetreten ist. Der nächste Schritt ist dann, daß er diese Welt mit hinübernimmt in die Tageswelt. Dann lernt der Mensch allmählich das zu sehen, was man den Astralleib des Menschen nennt. Auf diese Weise hat der Mensch dann zwei Stufen des Bewußtseins: das alltägliche Wachbewußtsein und das Traumbewußtsein. [34]

Für den Betrachter nun der astralischen Welt drängt sich vor allen Dingen das auf, daß ebenso hervorragend wie für die physische Welt das Entstehen und Vergehen – für diese astralische Welt die Verwandlungsfähigkeit ist, die Metamorphose. Wir haben es zu tun mit beweglichen Gebilden, die sich ineinander so umwandeln, daß sie bald das eine, bald das andere sein können. So stark ist die Verwandlungsfähigkeit dessen, was für das Schauen nicht heruntersteigt bis zum physischen Plan, sondern bleibt in den Regionen der höheren Welten und nur bis zum astralischen Plan heruntersteigt, sich verwandeln kann von dem Guten in das Böse, von dem Lichten in das Finstere. [35] Wenn der Mensch ausgelöscht hat die schlechte Tat, sie in eine gute verwandelt hat, dann verwandeln sich die Erinnyen der Mythologie in die wohlwollenden Eumeniden. Hier haben Sie (ein Beispiel für) Verwandlungs-fähigkeit. [36]

Auf dem Astralplan befindet sich alles dasjenige, was seinem Wesen nach gleich den menschlichen Trieben, Gefühlen, Begierden und Leidenschaften ist. Denn zu allen den Menschen umgebenden Sinnesdingen gehören auch Kräfte, die mit diesen menschlichen verwandt sind. Ein Kristall zum Beispiel wird in seine Form gegossen durch Kräfte, die sich höherer Anschauung gegenüber ausnehmen wie ein Trieb der im Menschen wirkt. Durch ähnliche Kräfte wird der Saft durch die Gefäße der Pflanze geleitet, werden die Blüten zur Entfaltung, die Samenkapseln zum Aufspringen gebracht. Der Geheimschüler sieht (als Hellseher) nicht nur den Kristall, die Pflanze, sondern auch die gekennzeichneten geistigen Kräfte. Und er sieht die tierischen und menschlichen Triebe nicht nur durch die physischen Lebensäußerungen ihrer Träger, sondern auch unmittelbar als Gegenstände. Die ganze Instinkt-, Trieb-, Wunsch-, Leidenschaftswelt eines Tieres oder Menschen wird zu der astralen Wolke, in welche das Wesen eingehüllt wird, zur Aura. Die höchste Errungenschaft des Hellsehers (auf dieser Stufe) ist diejenige, auf welcher sich ihm die astralen Gegenwirkungen der tierischen und menschlichen Triebe und Leidenschaften zeigen. Diese Gegenbilder sind während des physischen Menschenlebens nur schwach zu sehen. Denn ihre Stärke wird durch das Leben in der physischen Welt beeinträchtigt. Zu ihrer vollen Geltung gelangen sie erst nach dem Tode des Menschen (siehe: Kamaloka). Sie begleiten den lebenden Menschen als seine Begierden-Anlage, wie den Kometen sein Schweif begleitet. [37]

Es kann von der Astralwelt aus der Ätherkörper eines Wesens beeinflußt werden. [38] Es kann irgendein astralisches Gebilde sein in einem Raumesteil, und in einem ganz anderen Raumesteil kann ein anderes astralisches Gebilde sein, das wiederum räumlich für sich abgeschlossen ist. Es kann aber sein, daß trotzdem diese zwei astralischen Gebilde, die nicht durch den geringsten Raumesstrich zusammenhängen, ein einziges Wesen ausmachen. Ja es kommt vor, daß hundert weit voneinander getrennte astralische Gebilde so voneinander abhängig sind, daß kein Vorgang geschehen kann, ohne daß er sich auch in den anderen Gebilden in der entsprechenden Weise vollzieht. Wenn dann die Wesen im Physischen ihre Verkörperung finden, dann können Sie noch Nachklänge dieser astralischen Eigentümlichkeit im Physischen entdecken. So werden Sie gehört haben, daß Zwillinge einen merkwürdigen Parallelismus aufweisen. Das kommt davon her, daß sie, während sie in ihren Verkörperungen räumlich getrennt sind, in ihren astralischen Leibern verwandt geblieben sind. Und während in dem astralischen Leib des einen etwas geschieht, kann das gar nicht allein vor sich gehen, sondern es äußert sich auch in dem astralischen Teil des andern. Das Astralische zeigt selbst da, wo es als Pflanzenastralität auftritt, diese Eigentümlichkeit der Abhängigkeit bei räumlich ganz voneinander getrennten Dingen. Der Wein in den Fässern zeigt einen ganz merkwürdigen Vorgang, wenn wiederum die Weinzeit kommt. Da macht sich dasjenige, was die Reife der neuen Weintrauben verursacht, wiederum bemerkbar, sogar in den Weinfässern. [39]

Auf dem Astralplan ist Platz für alle, weil sich dort die Wesen durchdringen; denn das Gesetz der Undurchdringlichkeit gilt nur für den physischen Plan. Nur fühlen sie dort die Einflüsse, wenn sie durchdrungen werden, gute wie böse; im innerlichen Erleben spüren sie das Durchgehen. [40] Das Gesetz der Durchlässigkeit des Astralplanes hat zur Folge, daß die Logik des Zusammenlebens dort ganz verschieden ist von der Logik der Tat des physischen Plans. [41]

Auf dem physischen Plan kann der Gedanke Seelengut bleiben; er kann da drinnen bleiben. Auf dem astralischen Plan ist es nicht so einfach. Da ist es so: Wenn ein Gedanke gefaßt ist steht er in einer gewissen Beziehung auch schon da. So daß also, wenn eine astralische Wesenheit einen Gedanken hat, diese Wesenheit gleich die entsprechenden Fühlfäden ausstreckt, welche die Form dieses Gedankens haben, und ein anderes Wesen streckt von sich die Fühlfäden aus; beides durchdringt sich nun gegenseitig und ist im selben Raum als neugebildete Wesenheit drinnen. So durchdringen sich fortwährend die verschiedensten Meinungen, Gedanken und Empfindungen. Das Allerentgegengesetzteste kann sich durchdringen in der astralischen Welt. Wenn in der physischen Welt Widerspruch herrscht, in der astralischen Welt herrscht sogleich Widerstreit. Denn als Wesen der astralischen Welt kann man nicht die Gedanken in sich zurückhalten, diese werden sogleich Tat, die Gegenstände sind gleich da. Nehmen wir einmal an, ein Wesen der astralischen Welt wollte etwas realisieren, und ein anderes Wesen wollte das durchkreuzen. Diskutieren kann man da nicht, sondern da gilt der Grundsatz: eine Sache muß sich bewähren! Wenn nun die beiden Fühlhörner wirklich in demselben Raume sind, dann fangen sie an, sich zu bekämpfen, und dann wird die Idee, welche die fruchtbarere ist, die also recht hat – das ist die, die bestehen kann –, die andere vernichten und wird sich geltend machen. So daß wir da fortwährend den Widerstreit haben der verschiedensten Meinungen, Gedanken und Empfindungen. Es ist sozusagen die astralische Welt die viel gefährlichere, und manches von dem, was über die Gefährlichkeit der astralischen Welt gesagt wird, hängt mit dem zusammen. Also dort wird alles zur Tat. Und die Meinungen, die da sind, müssen miteinander kämpfen, nicht diskutieren. Es gehört zu den Charaktereigenschaften der physischen Welt, daß wenn die Diskussion angeschlagen wird, jeder den anderen, der nicht seiner Meinung ist, vernichten möchte, oder ihn für einen Toren hält. So ist es nicht in der astralischen Welt. Da wird ein Wesen sagen: Ich kümmere mich nicht um andere Meinungen! – Da herrscht absoluteste Toleranz. Ist eine Meinung die fruchtbarere, so wird sie die andern aus dem Felde schlagen. Man läßt die andern Meinungen ebenso bestehen wie die eigene, weil sich die Dinge schon zurecht richten müssen durch den Kampf. Wer sich nach und nach in die spirituelle Welt einlebt, muß sich nach den Gewohnheiten der spirituellen Welt richten lernen; und der erste Teil der spirituellen Welt ist nun einmal die astralische Welt, wo solche Usancen herrschen. So daß in einem Menschen, der sich einlebt in die geistige Welt, in einer gewissen Beziehung auch die Gewohnheiten der Wesen der geistigen Welt Platz greifen müssen. Und das ist auch richtig. Immer mehr soll unsere physische Welt ein Abbild der geistigen Welt werden, und wir werden dadurch in unsere Welt immer mehr Harmonie bringen, daß wir uns eines vornehmen: das Leben in der physischen Welt soll sich abspielen wie das Leben in der astralischen Welt. Die Meinungen welche die fruchtbarsten sind, werden schon den Sieg davontragen. [42] Das wird ein großes Feld der Erziehung sein, welches die geisteswissenschaftliche Bewegung zu bebauen haben wird: immer mehr auf dem physischen Plan ein Abbild zu schaffen der Astralwelt, so daß eine absolute innerliche Toleranz der Meinungen herrscht. Kein Wesen der astralischen Welt wird einen solchen Wahrheitsbegriff entwickeln, wie wir ihn auf der physischen Welt kennen. Die Wesen der astralischen Welt finden das, was im Physischen Diskussion und so weiter ist, ganz unfruchtbar. Für sie gilt auch der Ausspruch Goethes: «Was fruchtbar ist, allein ist wahr!». [43]

Zitate:

[1]  GA 101, Seite 223   (Ausgabe 1987, 288 Seiten)
[2]  GA 89, Seite 23   (Ausgabe 2001, 234 Seiten)
[3]  GA 88, Seite 27   (Ausgabe 1999, 256 Seiten)
[4]  GA 88, Seite 32   (Ausgabe 1999, 256 Seiten)
[5]  GA 88, Seite 70ff   (Ausgabe 1999, 256 Seiten)
[6]  GA 101, Seite 30f   (Ausgabe 1987, 288 Seiten)
[7]  GA 166, Seite 26f   (Ausgabe 1982, 142 Seiten)
[8]  GA 166, Seite 30   (Ausgabe 1982, 142 Seiten)
[9]  GA 108, Seite 16f   (Ausgabe 1986, 336 Seiten)
[10]  GA 143, Seite 35   (Ausgabe 1970, 248 Seiten)
[11]  GA 130, Seite 44   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[12]  GA 130, Seite 112   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[13]  GA 130, Seite 114   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[14]  GA 9, Seite 97   (Ausgabe 1961, 214 Seiten)
[15]  Bei 60, Seite 12   (Ausgabe 1977, 0 Seiten)
[16]  GA 96, Seite 156   (Ausgabe 1974, 350 Seiten)
[17]  Bei 60, Seite 21   (Ausgabe 1977, 0 Seiten)
[18]  GA 107, Seite 61ff   (Ausgabe 1973, 328 Seiten)
[19]  GA 17, Seite 55   (Ausgabe 1956, 102 Seiten)
[20]  GA 17, Seite 56   (Ausgabe 1956, 102 Seiten)
[21]  GA 147, Seite 51f   (Ausgabe 1969, 168 Seiten)
[22]  GA 17, Seite 57   (Ausgabe 1956, 102 Seiten)
[23]  GA 17, Seite 99   (Ausgabe 1956, 102 Seiten)
[24]  GA 17, Seite 58   (Ausgabe 1956, 102 Seiten)
[25]  GA 147, Seite 55ff   (Ausgabe 1969, 168 Seiten)
[26]  GA 147, Seite 59f   (Ausgabe 1969, 168 Seiten)
[27]  GA 147, Seite 61f   (Ausgabe 1969, 168 Seiten)
[28]  GA 147, Seite 62f   (Ausgabe 1969, 168 Seiten)
[29]  GA 147, Seite 57ff   (Ausgabe 1969, 168 Seiten)
[30]  GA 147, Seite 59   (Ausgabe 1969, 168 Seiten)
[31]  GA 108, Seite 27ff   (Ausgabe 1986, 336 Seiten)
[32]  GA 107, Seite 61ff   (Ausgabe 1973, 328 Seiten)
[33]  GA 95, Seite 22   (Ausgabe 1978, 164 Seiten)
[34]  GA 283, Seite 13f   (Ausgabe 1975, 186 Seiten)
[35]  GA 113, Seite 50f   (Ausgabe 1982, 228 Seiten)
[36]  GA 113, Seite 58   (Ausgabe 1982, 228 Seiten)
[37]  GA 10, Seite 166ff   (Ausgabe 1961, 232 Seiten)
[38]  GA 11, Seite 177   (Ausgabe 1955, 252 Seiten)
[39]  GA 107, Seite 33f   (Ausgabe 1973, 328 Seiten)
[40]  GA 108, Seite 21   (Ausgabe 1986, 336 Seiten)
[41]  GA 107, Seite 18   (Ausgabe 1973, 328 Seiten)
[42]  GA 107, Seite 20f   (Ausgabe 1973, 328 Seiten)
[43]  GA 107, Seite 22   (Ausgabe 1973, 328 Seiten)

Quellen:

Bei 60:  Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe. Heft 60 (1977)
GA 9:  Theosophie. Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung (1904)
GA 10:  Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (1904/1905)
GA 11:  Aus der Akasha-Chronik (1904/1908)
GA 17:  Die Schwelle der geistigen Welt (1913)
GA 88:  Über die astrale Welt und das Devachan (1903-1904)
GA 89:  Bewußtsein – Leben – Form. Grundprinzipien der geisteswissenschaftlichen Kosmologie (1903-1906)
GA 95:  Vor dem Tore der Theosophie (1906)
GA 96:  Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft. Christliche Esoterik im Lichte neuer Geist-Erkenntnis (1906/1907)
GA 101:  Mythen und Sagen. Okkulte Zeichen und Symbole (1907)
GA 107:  Geisteswissenschaftliche Menschenkunde (1908/1909)
GA 108:  Die Beantwortung von Welt- und Lebensfragen durch Anthroposophie (1908/1909)
GA 113:  Der Orient im Lichte des Okzidents. Die Kinder des Luzifer und die Brüder Christi (1909)
GA 130:  Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit (1911/1912)
GA 143:  Erfahrungen des Übersinnlichen. Die drei Wege der Seele zu Christus. (1912)
GA 147:  Die Geheimnisse der Schwelle (1913)
GA 166:  Notwendigkeit und Freiheit im Weltengeschehen und im menschlichen Handeln (1916)
GA 283:  Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen (1906/1920)