Antipathie

Antipathie ist die Kraft, mit der sich Seelengebilde abstoßen, ausschliessen, mit der sie ihre Eigenheit behaupten. [1] In jeder Antipathie steckt in einer gewissen Weise das Ahrimanische. [2] (Beispielsweise:) Der Mensch der hingegeben ist in seinem Wert an das Äußere – der reiche Geizhals. [3] Es gibt keine andere Ursache für Zorn und Haß und Antipathie als den luziferischen Einfluß. [4] Antipathie und Sympathie wirken zusammen in der geistigen Welt. Dasjenige, was in der geistigen Welt uns an Antipathien bleibt, wenn wir durch die Geburt ins irdische Dasein heruntersteigen, das, was noch weiter auszuleben ist wegen der Antipathien, die wir in der geistigen Welt uns erhalten haben, das lebt sich hier als geistige Kultur aus. Wir lernen als Menschen durch die Sprache uns verstehen und gewissermaßen dadurch ein geistiges Band von Mensch zu Mensch zu knüpfen, weil wir durch dieses Verstehen der Sprache gewisse Antipathien überwinden müssen, die uns geblieben sind aus der geistigen Welt. Wir lernen in gewissen Vorstellungen miteinander sprechen, gemeinsame Gedanken zu haben in einer gemeinsamen Kunst in einem gemeinsamen Religionsbekenntnis, weil wir dadurch gewisse Antipathien überwinden, die wir in der geistigen Welt gegeneinander gehabt haben. [5] Wenn der Mensch die antipathischen Gefühle ganz besonders stark ausbildet, so daß es auch in sein Wachleben hereinspielt, dann geschieht es, daß dieses antipathisierende Wesen seinen Astralleib ergreift. Alle Arten des Verfolgungswahnes treten durch diese Verhältnisse auf. [6] Wir entwickeln, indem wir herunterversetzt werden in die physische Welt, gegen alles, was geistig ist, Antipathie, so daß wir die geistige vorgeburtliche Realität zurückstrahlen in einer uns unbewußten Antipathie. Wir tragen die Kraft der Antipathie in uns und verwandeln durch sie das vorgeburtliche Element in ein bloßes Vorstellungsbild. Also Ihre Erkenntnis verdanken Sie eigentlich dem Hereinscheinen, dem Hereinstrahlen Ihres vorgeburtlichen Lebens. Und dieses Erkennen, das in weit höherem Maße als Realität vorhanden ist vor der Geburt oder der Empfängnis, wird abgeschwächt zum Bilde durch die Antipathie. Und wird die Antipathie genügend stark, so entsteht das Erinnerungsbild, das Gedächtnis. Sie haben Gedächtnis nur dadurch, daß Sie eine Art Ekel haben vor den Vorstellungen, sie zurückwerfen – und dadurch sie präsent machen. Wenn Sie bildhaft vorgestellt haben, dies zurückgeworfen haben im Gedächtnis und das Bildhafte festhalten, dann entsteht der Begriff. [7]

Zitate:

[1]  GA 9, Seite 100   (Ausgabe 1961, 214 Seiten)
[2]  GA 166, Seite 50   (Ausgabe 1982, 142 Seiten)
[3]  GA 166, Seite 38   (Ausgabe 1982, 142 Seiten)
[4]  GA 162, Seite 269   (Ausgabe 1985, 292 Seiten)
[5]  GA 189, Seite 120   (Ausgabe 1980, 184 Seiten)
[6]  GA 208, Seite 163   (Ausgabe 1981, 220 Seiten)
[7]  GA 293, Seite 34ff   (Ausgabe 1980, 216 Seiten)

Quellen:

GA 9:  Theosophie. Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung (1904)
GA 162:  Kunst- und Lebensfragen im Lichte der Geisteswissenschaft (1915)
GA 166:  Notwendigkeit und Freiheit im Weltengeschehen und im menschlichen Handeln (1916)
GA 189:  Die soziale Frage als Bewußtseinsfrage (1919)
GA 208:  Anthroposophie als Kosmosophie – Zweiter Teil:. Die Gestaltung des Menschen als Ergebnis kosmischer Wirkungen (1921)
GA 293:  Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik (1919)