Aura

Die Naturforscher Blondlot und Charpentier haben rein physikalische Methoden gefunden, um das Licht, das der lebende Mensch ausstrahlt, wahrnehmbar zu machen, dadurch, daß man zum Beispiel einen Schirm mit Bariumplatincyanür oder Schwefelkalzium bestreicht, und dann in die Nähe des lebenden Menschen bringt, damit beginnen diese Stoffe zu leuchten. Und der Schirm leuchtet dann besonders stark auf, wenn er in die Nähe solcher Stellen des menschlichen Organismus kommt, welche die Sitze besonderer Nerventätigkeit sind, und in einer erhöhten Tätigkeit sich befinden. Man kann gewissermaßen sehen, wie das Gehirn arbeitet, indem man die Strahlen, die es durch seine Tätigkeit aussendet, als phosphoreszierende Lichterscheinung sichtbar macht. [1]

Die geistig zu erfassende Aura ist etwas ganz anderes, als die mit physischen Mitteln (wie Kilnerschirm oder heute Kirlianfotografie) zu erforschende, von der bei Moritz Benedikt die Rede ist. Man gibt sich natürlich einer groben Täuschung hin, wenn man meint, die geistige Aura könne ein mit äußeren naturwissenschaftlichen Mitteln zu Erforschendes sein. Sie ist nur dem geistigen Schauen zugänglich. Auf einem Mißverständnisse beruht es auch, wenn man geltend machte, daß die Wirklichkeit des geistig Wahrzunehmenden auf dieselbe Art erwiesen werden soll wie diejenige des sinnlich Wahrzunehmenden. [2]

Die Astralkörper der Menschen sind sehr verschieden in Farbe und Form. Der Astralkörper eines niedrigstehenden Menschen hat eine rötlich-graue Grundfarbe mit rötlich-grauen Ausstrahlungen und unterscheidet sich in der Form nicht von gewissen Tieren. Je mehr aber der Mensch von seinem Ich aus an sich arbeitet, desto mehr Strahlungen gehen aus von der bläulichen Kugel, dem Ich-Zentrum; diese Strahlungen bedeuten Kräfte, durch die der Mensch den Astralkörper in seine Gewalt bekommt. Daher kann man sagen: Der Mensch hat zwei Astralleiber, einen Teil, der mit den tierischen Begierden geblieben ist, und einen anderen Teil, den der Mensch selbst hineingearbeitet hat. Wenn der Mensch seine Kamalokazeit durchgemacht hat, dann ist er reif, den veredelten Teil seines Astralkörpers herauszuheben aus dem niederen. [3]

Das Wahrnehmen der Aura ist nur eine Frage des Sehens. [4] Durch einen energischen Willensentschluß suggeriert man sich den physischen Leib weg und überzeugt sich dann, daß der Raum, den vorhin der physische Körper einnahm, nicht leer ist, sondern ausgefüllt mit einem herrlichen, mit nichts Irdischem vergleichbaren Lichtstoffe, und in der Herz- und Lungengegend sieht man wunderbare Bewegungen dieses Lichtstoffes, das ist der Ätherleib des Menschen. [5]

Was wir Gefühl nennen, drückt sich aus in dem Teile des Ätherleibes, der dem Lichtäther entpricht. Weil das so ist, deshalb sieht auch der Hellseher die Willensimpulse des Menschen wie Feuerflammen, die seinen Ätherleib durchzucken und in den Astralleib hineinstrahlen; und die Gefühle sieht er als Lichtform. [6] (Siehe auch: Astrallicht). Wir finden Licht, welches in der ganz schwachen Art des Denkens beim Menschen vorhanden ist, so daß der Hellseher das Denken als Licht, als menschliche Aura, überhaupt alles, was vom Licht kommt, nur als Aura schauen kann. Aber im Denken oder in dem, was auf dem physischen Plan schon geistig ist, im Denken erscheint der letzte Abglanz von dem unoffenbaren Lichte. [7]

Die drei Könige (beispielsweise) werden durch einen Stern (zum Jesuskinde) geführt. Von einem Stern geführt sein, heißt nichts anderes, als die Seele selbst als einen Stern sehen. Man sieht dann die Seele als einen Stern, wenn man sie als leuchtende Aura wahrnehmen kann. Zuerst haben Sie die Aura, die nur glimmt, die nur ein mattes Licht hat. Die kann nicht führen. Dann haben Sie die höhere Aura, die Intelligenz-Aura. Die hat zwar ein flüssiges Licht, ein quellendes Licht, ist aber noch nicht führend. Aber die helle, von Buddhi durchglänzte Aura ist wirklich ein Stern, ist etwas Strahlendes und Führendes. In Christus geht im Fortschritt der Menschheit der in der Rassenentwickelung leuchtende Buddhi-Stern auf. Was den Magiern leuchtet, ist nichts anderes als die Seele des Christus selbst. Die Grotte ist nichts anderes als das, worin die Seele wohnt: der Leib. Der astrale Seher sieht den Leib von innen. [8]

Zitate:

[1]  GA 34, Seite 444   (Ausgabe 1960, 627 Seiten)
[2]  GA 9, Seite 207   (Ausgabe 1961, 214 Seiten)
[3]  GA 95, Seite 34   (Ausgabe 1978, 164 Seiten)
[4]  GA 95, Seite 149   (Ausgabe 1978, 164 Seiten)
[5]  GA 94, Seite 234   (Ausgabe 1979, 312 Seiten)
[6]  GA 114, Seite 156   (Ausgabe 1955, 225 Seiten)
[7]  GA 137, Seite 207   (Ausgabe 1973, 216 Seiten)
[8]  Bei 60, Seite 6f   (Ausgabe 1977, 0 Seiten)

Quellen:

Bei 60:  Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe. Heft 60 (1977)
GA 9:  Theosophie. Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung (1904)
GA 34:  Lucifer – Gnosis. Grundlegende Aufsätze zur Anthroposophie und Berichte aus den Zeitschriften «Luzifer» und «Lucifer – Gnosis» 1903 – 1908 (1903-1908)
GA 94:  Kosmogonie. Populärer Okkultismus. Das Johannes-Evangelium. Die Theosophie an Hand des Johannes-Evangeliums (1906)
GA 95:  Vor dem Tore der Theosophie (1906)
GA 114:  Das Lukas-Evangelium (1909)
GA 137:  Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie (1912)