Christus

Die Sphärenharmonie, das was im Klangäther (siehe: Ätherarten) lebt, das kann aber der Mensch nur erleben, wenn er sich durch die Initiation hinaufarbeitet, oder wenn ein Sonnenwesen heruntersteigt, um es irgendeinem Menschen, der ausersehen wird zu einem Instrument der Entwickelung für die anderen Menschen, mitzuteilen. Für einen solchen Menschen beginnt die Sonne zu tönen, beginnen die Sphärenharmonien hörbar zu werden. – Und über dem Klangäther liegt noch der Lebensäther. Und wie dem bloßen Ton als höherer Inhalt, als Inneres, Seelenhafteres noch zugrunde liegt das Wort, der Klang oder Sinn, so ist auch mit dem Lebensäther verbunden Sinn, Wort, dasselbe, was man im späteren Persischen «Honover» genannt hat, und was der Johannes-Evangelist den «Logos» nennt, als sinnvollen Ton, der dem Sonnenwesen eigen ist. Es ist nicht ein bloßer Mythos, sondern eine buchstäbliche Wahrheit, daß auch Zarathustra seinen Unterricht empfangen hat durch das Sonnenwort. [1]

Moses (ein reinkarnierter Zarathustra-Schüler) soll prophetisch einen höheren Gott verkünden, der in dem Gott des Vaters Abraham drinnen steckt, aber gleichsam wie ein höheres Prinzip. Wie heißt sein Name? «Gott sprach zu Moses: Ich bin der ‘Ich-bin’!» Da ruft der Logos seinen Namen, da ruft er dasjenige, was man durch den Verstand, durch den Intellekt zunächst von ihm begreifen kann. Nun schauen wir uns das äußere Zeichen an, durch das auf die Israeliten herunterrinnt der Logos, soweit sie ihn rein begrifflich, in Gedanken erfassen können. Dieses äußere Zeichen ist das «Manna» der Wüste. Manna ist dasselbe Wort wie Manas, das Geistselbst. So strömt in diejenige Menschheit, die nach und nach sich errungen hat das Ich-Bewußtsein, der erste Anflug von dem Geistselbst ein. Das aber, was im Manas selbst lebt und kommt, darf sich noch anders benennen. Es ist nicht bloß das, was man wissen kann, sondern eine Kraft, die man selbst aufnehmen kann. Als der Logos bloß seinen Namen ruft, da muß man ihn verstehen, ihn fassen mit der Vernunft. Als der Logos Fleisch wird und innerhalb der Menschheit erscheint, da ist er ein Kraftimpuls, der unter die Menschen gebracht wird, der nicht nur als Lehre und Begriff lebt, sondern der in der Welt als ein Kraftimpuls enthalten ist, an dem der Mensch teilnehmen kann. Da nennt er sich nicht Manna, sondern das «Brot des Lebens», das ist der technische Ausdruck für «Buddhi» oder «Lebensgeist» [2]

Christus ist nichts anderes als die Verkörperung des Logos, der sechs anderen Elohim, denen vorbereitend der eine, der Jahve-Gott vorangegangen ist. Und diese eine Gestalt des Jesus von Nazareth, in welcher der Christus oder der Logos inkarniert war, bringt daher das, was früher immer nur von der Sonne auf die Erde herniederströmte, was nur im Sonnenlichte enthalten ist, sie bringt es in die Menschheitsgeschichte selbst hinein: «Der Logos ward Fleisch». [3]

Nur deshalb, weil es die Aufgabe des irdischen Daseins ist, die Menschen in ihrer geistigen Tätigkeit herunterzuführen bis in die irdische Welt, muß der Christus im Menschen, in sinnlicher Verkörperung erscheinen. Deshalb ist nach dem Ausspruch Platos, des großen griechischen Philosophen, die Weltseele in Kreuzesform durch das Universum gelegt und über den irdischen Weltleib ausgespannt. Das hat Plato gesagt. Es ist ein Symbolum, das der Eingeweihte kennt in seiner tiefsten Bedeutung. [4]

Christuskopf nach dem ursprünglichen Modell aus Plastilin

(Abbildung: Christuskopf nach dem ursprünglichen Modell aus Plastilin)

Christus hat keine Aufzeichnungen hinterlassen wie andere große Lehrer der Menschheit. Seine Aufgabe war es, diese Lehren, die schon vorhanden waren, zu leben, vorbildlich für die Menschheit zu leben und so die Mysterienlehre freizumachen, um eine möglichst große Menschheitsmasse zur schnelleren geistigen Evolution zu bringen. So brachte er der Menschheit das größte Opfer: Sein lichter Geist stieg in die dunkelste Materie hinab. [5]

Es gibt ein waltendes, webendes Schöpfungswort, es gibt eine Wiedergabe des waltenden, webenden Schöpfungswortes in den vedischen Urkunden. – Das Wort ist das Schöpferische in der Welt; in den Veden offenbart es sich. Das ist ein Teil der Krishna-Lehre. [6] In anderer Form tritt uns das wieder entgegen, in einer konkreteren, in einer lebendigen Weise, in einem Wesen selber, das über die Erde wandelnd gedacht wird, verkörpernd das göttliche Schöpfungswort. Die Veden: abstrakt herangekommen an die Menschheit – der göttliche Logos, von dem uns das Johannesevangelium spricht: lebendig und das schöpferische Wort selber! [7]

Zitate:

[1]  GA 123, Seite 237f   (Ausgabe 1959, 264 Seiten)
[2]  GA 103, Seite 124f   (Ausgabe 1962, 224 Seiten)
[3]  GA 103, Seite 62   (Ausgabe 1962, 224 Seiten)
[4]  GA 88, Seite 142   (Ausgabe 1999, 256 Seiten)
[5]  GA 88, Seite 154   (Ausgabe 1999, 256 Seiten)
[6]  GA 142, Seite 25   (Ausgabe 1960, 140 Seiten)
[7]  GA 142, Seite 26   (Ausgabe 1960, 140 Seiten)

Quellen:

GA 88:  Über die astrale Welt und das Devachan (1903-1904)
GA 103:  Das Johannes-Evangelium (1908)
GA 123:  Das Matthäus-Evangelium (1910)
GA 142:  Die Bhagavad Gita und die Paulusbriefe (1912/1913)