Archangeloi

Die Archangeloi heißen «Engel des Anfangs» (Sie werden auch «Söhne des Feuers» genannt). Sie sind immer an den Anfängen von Zeiträumen, sagen wir, wo Völker entstehen, wo Völker zum ersten Mal in die Weltgeschichte eintreten. Da sind sie mit ihrem vollen Bewußtsein, mit ihrem eigenen Selbst vorhanden. Das bleibt in der übrigen Zeit vorhanden in den Wirkungen, die in die Zeit hineinfließen. Und will man sie finden, so darf man nicht bloß in der Gleichzeitigkeit bleiben, sondern man muß aus ihr herausgehen, muß die Zeitanfänge aufsuchen. Niemand also, der als Seele nur leben kann, sagen wir, im Oktober 1914, ist imstande, etwa alle Archangeloi zu finden – vielleicht nicht einmal einen –, wohl aber derjenige, der imstande ist, sich mit seiner Seelenwesenheit zurückzuversetzen in andere Zeiträume so, daß diese anderen Zeiträume für ihn unmittelbar erlebbar werden, so daß er selber lebt in anderen Zeiträumen. [1] Sich versetzen in das Bewußtsein der Archangeloi ist, wenn man weiß: Deine Seele wird getragen von den Archangeloi in diese oder jene Zeit. [2]

In dem Augenblick, in dem man erkennen lernt, wie reale Wirkungen von Stärke, von Kraft in uns hineinkommen (beim mystischen Fortschritte), in dem Augenblick sind wir in der Welt der Archangeloi darinnen. [3] Für die Archangeloi ist die Pflanzenwelt nicht mehr wahrnehmbar. Ihre Wahrnehmung beginnt erst mit der Tierheit. Sie ist ihr unterstes Reich; dann kommen die Menschen, dann die Angeloi, dann ihr eigenes Reich. Das sind die 4 Reiche der Archangeloi. Unsere Vorfahren empfanden in den Tieren die Taten der Archangeloi. Deswegen widmeten die alten Völker bestimmten Tieren eine gewisse Verehrung, zum Beispiel die Ägypter. Während die Angeloi einzelne Menschen lenken und leiten durch die Inkarnationen hindurch, lenken die Archangeloi das Leben ganzer Gruppen, ganzer Völker. Für diesen Volksgeist ist das ganze Volk so, wie für den Menschengeist ein Menschenleib. Und weil das Leben ganzer Völkergruppen tief zusammenhängt mit dem Leben gewisser Tiergruppen, haben die Ägypter empfunden, daß die Gottheit ihnen gewisse Tiere zugestellt hat. Darin haben sie die Taten des Volksgeistes mit Recht gesehen. Sie beteten die Kraft des Volksgeistes an, der ihnen das Tier zugestellt hat. [4]

Die Archangeloi können das bereits, was der Mensch einmal können wird, nämlich was man nennen kann «seinen ätherischen und seinen physischen Leib von außen dirigieren», die aber außerdem auch noch arbeiten können an ihrem eigenen Ätherleibe. Bilden Sie sich als Idee den Begriff von Wesenheiten, die sozusagen im Umkreis unserer Erde wirken, die in der geistigen Atmosphäre unserer Erde enthalten sind mit ihrem Ich, die von diesem ihrem Ich aus schon umgewandelt haben ihren astralischen Leib, so daß sie ein vollentwickeltes Geistselbst oder Manas besitzen, die aber jetzt mit diesem vollentwickelten Manas weiterwirken auf unserer Erde und hereinarbeiten in die Menschen, indem sie unseren Ätherleib umgestalten; Wesenheiten, die auf der Stufe stehen, auf welcher sie den Ätherleib zu Buddhi oder Lebensgeist umgestalten. Wenn Sie sich solche Wesenheiten denken, dann haben Sie den Begriff, was man die dirigierenden Volksgeister der Erde nennt. [5]

Es leben in dem, was wir als das Luftelement kennen und vorzugsweise in unserer Luft die Archangeloi. Der hellseherische Blick nimmt die Verleiblichung dessen wahr, was wir die Archangeloi nennen, in jenem Wasser, das unsere Luft, wie ein Wasserdampf durchdringt, das flüchtig ist, in einzelne Atome zerstiebend. Und in dem, was man als Wärme empfindet, haben wir die Verleiblichung der Archai. (Die Angeloi haben ihren Leib im Wasser). Der Mensch ist zusammengefügt aus den vier Elementen : Erde, Wasser, Luft und Feuer, und zwar so, daß in dem Menschen nicht nur die vier Elemente gemischt sind, sondern durchaus untereinander gemischt Archai, Archangeloi und Angeloi; sie füllen seinen Leib gewissermaßen ebenso aus wie das Materielle, sie ziehen in den physischen Leib des Menschen ein und aus. [6] Die Archangeloi haben den astralischen Leib gar nicht verbunden mit physischem Leib und Ätherleib. Das haben sie sozusagen getrennt, und alle höheren Prinzipien (siehe: Wesensglieder) sind jetzt in einer höheren Welt. So daß wir von den Archangeloi das vollständige Bild nur haben, wenn wir an zwei verschiedenen Orten suchen. Da ist nicht wie beim Menschen, alles in einer einzigen Wesenheit vereinigt; da ist gleichsam oben das Geistige und unten spiegelt sich das Geistige. [7] Wenn wir Erkenntnis des Drinnenstehens in der ganzen zivilisierten Welt in uns entwickeln, dann entwickeln wir in uns auch das Zeug, zu Empfindungen zu kommen, durch die wir über die Sphäre der Angeloi hinaufkommen. Es wird einfach unser Interessenkreis so erweitert, daß wir Begriffen geneigt gemacht werden, die in die Sphäre der Archangeloi hinaufgehen. [8] Gehen wir zu der Grenze zwischen Verstandesseele und Empfindungsseele da greifen die Archangeloi ein. Sie sind es, die den Willen in uns rege machen, die den Gedanken zum Willen durchkraften. [9] Als unbewußtes Selbsterlebnis, kann man sagen, sind in uns die Willen gebenden Archai, die Gefühle gebenden Archangeloi und die Denken gebenden Angeloi. Und das alles strebt und webt in das Ich hinein und wird zuletzt zu dem, was der Mensch eben sein inneres Seelenleben nennt. [10]

Den ätherischen Leib dürfen wir durchaus nicht als unser völliges Eigentum ansprechen, sondern geradeso wie die physische Form eigentlich dem Reich der Archai angehört, so sind wir in bezug auf unseren ätherischen Leib eingekleidet in eine Ausstülpung des Reiches der Archangeloi. So daß wir sagen können: Wenn wir durch des Todes Pforte gehen, behalten wir noch kurze Zeit (einige Tage) diesen ätherischen Leib. Wir wissen, daß er sich dann auflöst, aber seine Auflösung bedeutet nicht, daß er ins Nichts verschwindet, sondern er geht zurück ins Reich der Archangeloi. Die machen wiederum Anspruch auf ihn; die senken gleichsam einen Teil ihres Wesens nach dem irdischen Menschenreich hin und konstituieren dadurch den menschlichen Ätherleib Zeit seines Lebens. Wir können also sagen: Aus dem menschlichen Ätherleib geht etwas über in das Reich der Archangeloi. [11] Bei dem allmählichen Erleben des Ätherischen werden wir mit dem bekannt, was in unserem Hirnätherleib tätig ist als Archangeloi. Man erlebt sie schattenhaft in ihren Tätigkeiten. [12]

Zitate:

[1]  GA 156, Seite 69f   (Ausgabe 1967, 183 Seiten)
[2]  GA 148, Seite 309   (Ausgabe 1980, 342 Seiten)
[3]  GA 154, Seite 95   (Ausgabe 1973, 142 Seiten)
[4]  GA 98, Seite 224f   (Ausgabe 1983, 272 Seiten)
[5]  GA 121, Seite 26f   (Ausgabe 1982, 214 Seiten)
[6]  GA 105, Seite 66   (Ausgabe 1983, 208 Seiten)
[7]  GA 110, Seite 114   (Ausgabe 1981, 198 Seiten)
[8]  GA 193, Seite 135   (Ausgabe 1977, 208 Seiten)
[9]  GA 127, Seite 47   (Ausgabe 1975, 256 Seiten)
[10]  GA 161, Seite 14f   (Ausgabe 1980, 292 Seiten)
[11]  GA 205, Seite 231f   (Ausgabe 1967, 247 Seiten)
[12]  GA 145, Seite 94f   (Ausgabe 1976, 188 Seiten)

Quellen:

GA 98:  Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt (1907/1908)
GA 105:  Welt, Erde und Mensch, deren Wesen und Entwickelung sowie ihre Spiegelung in dem Zusammenhang zwischen ägyptischem Mythos und gegenwärtiger Kultur (1908)
GA 110:  Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt. Tierkreis, Planeten, Kosmos (1909)
GA 121:  Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie (1910)
GA 127:  Die Mission der neuen Geistesoffenbarung. Das Christus-Ereignis als Mittelpunktsgeschehen der Erdenevolution (1911)
GA 145:  Welche Bedeutung hat die okkulte Entwicklung des Menschen für seine Hüllen (physischer Leib, Ätherleib, Astralleib) und sein Selbst? (1913)
GA 148:  Aus der Akasha-Forschung. Das Fünfte Evangelium (1913/1914)
GA 154:  Wie erwirbt man sich Verständnis für die geistige Welt?. Das Einfließen geistiger Impulse aus der Welt der Verstorbenen (1914)
GA 156:  Okkultes Lesen und okkultes Hören (1914)
GA 161:  Wege der geistigen Erkenntnis und der Erneuerung künstlerischer Weltanschauung (1915)
GA 193:  Der innere Aspekt des sozialen Rätsels. Luziferische Vergangenheit und ahrimanische Zukunft (1919)
GA 205:  Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Erster Teil:. Der Mensch als leiblich-seelische Wesenheit in seinem Verhältnis zur Welt (1921)