Franz von Assisi

Die eigentümliche Art des Franz von Assisi, die ja so viel Ähnlichkeit hat, auch in dem Leben seiner Mönche, mit den Schülern des Buddha, ergibt sich aus dem Umstand, daß Franz von Assisi selbst ein Schüler des Buddha war. [1] Franz von Assisi ist seitdem nur einmal als Kind kurz auf der Erde erschienen und in der Kindheit gestorben und war seither nicht mehr verkörpert. Er ist seitdem verbunden mit der Tätigkeit des Buddha und einer der hervorragendsten Folger des Buddha auf dem Mars. [2] Es war wohl am auffallendsten, am einleuchtendsten, daß bei einer solchen Persönlichkeit wie Franz von Assisi starke, gewaltige moralische Impulse gewirkt haben müssen, damit diese Persönlichkeit hat zu ihren Taten gelangen können. Umgeben war zunächst Franz von Assisi von Menschen mit sehr schweren Krankheiten, für welche die übrige Welt dazumal keine Hilfe hatte. Bei ihm wirkten seine moralischen Impulse nicht nur so, daß viele von diesen schwer Kranken in ihrer Seele eine moralische Stütze, einen großen Trost hatten. Das war gewiß für viele allein zu erreichen. Aber es war für manche immerhin auch zu erreichen, daß die moralischen Impulse, die moralischen Kräfte, die ausströmten von Franz von Assisi, sogar heilende, gesundheitsbringende Wirkung hatten, wenn der Glaube, das Vertrauen der Kranken hinlänglich groß war. [3] Dadurch, daß er die starken moralischen Impulse hatte, hat er wieder andere um sich versammelt, die, wenn auch im minderen Maße, doch in seinem Sinne wirkten. Eigentlich waren es recht viele, die in seinem Sinne damals gewirkt haben. Es hat nur nicht lange gedauert. Wie war nun wieder in Franz von Assisi hineingekommen eine solche Seelenkraft? [4]

Wie der Buddhismus sich in Asien ausgebreitet hat, Sie wissen es. Aber in einer mehr verborgenen und verschleierten Gestalt findet derselbe auch seine Ausbreitung innerhalb des europäischen Geisteslebens; und wir haben vor allen Dingen darauf hinzuweisen, daß jener Teil der großen Lehre des Buddha, der sich bezog auf die Gleichheit der Menschen, in ganz besonderem Maße geeignet war, von der europäischen Bevölkerung aufgenommen zu werden, weil eben die europäische Bevölkerung nicht hingeordnet war auf eine Kasteneinteilung. An den Ufern des Schwarzen Meeres wurde in den Jahrhunderten, die noch weit in die christliche Zeit hineingingen, eine Art von Geheimschule begründet. [5] Franz von Assisi war in seiner vorhergehenden Inkarnation, im 7., 8. Jahrhundert dort ein Schüler einer Individualität, die nicht mehr in einer Inkarnation im physischen Leibe verkörpert war, einer Wesenheit, die nur noch im Geistleib unter den Schülern, zu denen auch dazumal Franz von Assisi gehörte, dazumal wirkte, und das war kein anderer als der (frühere) Gautama Buddha. [6]

Diese Geheimschule wurde geleitet von Menschen, welche vorzugsweise den eben charakterisierten Teil der Buddha-Lehre (Gleichheit) sich zum höchsten Ideal gesetzt hatten. Aber sie hatten die Möglichkeit, in dieser Geheimschule dasjenige, was der Buddha den Menschen gebracht hatte, gleichsam bescheinen zu lassen, mit einem neuen Lichte versehen zu lassen in den nachchristlichen Jahrhunderten dadurch, daß sie den christlichen Impuls zugleich in sich aufgenommen hatten.

Da fanden sich Menschen zusammen, welche zunächst äußerlich Lehrer auf dem physischen Plane hatten. Dann, wenn sie in gehöriger Weise vorbereitet waren, wurden sie dazu gebracht, daß die tiefer in ihnen liegenden Kräfte, die tieferen Weisheitskräfte aus ihnen herauf- und herausgeholt werden konnten, so daß sie zu einem hellseherischen Erschauen der geistigen Welt gebracht wurden. Diese Geheimschüler lernten also wirklich, wenn man das Geistige von ihm so nennen darf, von Angesicht zu Angesicht vorzugsweise den Buddha kennen. Eine gewisse größere Anzahl von diesen Schülern blieben solche Hellseher, andere aber hatten ganz besonders neben den Eigenschaften des Erkennens, neben den Eigenschaften der psychischen Hellsichtigkeit, das spirituelle Element ausgebildet, das nicht zu trennen ist von einer gewissen Demut, von einer gewissen hochentwickelten Andachtsfähigkeit. Diese gelangten dann dazu, daß sie gerade in dieser Geheimschule in hervorragendem Maße den Christus-Impuls empfangen konnten. Sie konnten auch hellsichtig in der Weise werden, daß sie die besonders auserlesenen Nachfolger des Paulus wurden und den Christus-Impuls unmittelbar im Leben empfingen. Aus dieser Schule gingen also sozusagen zwei Gruppen hervor: eine Gruppe, die den Impuls hatte, überall hineinzutragen die Lehre des Buddha, wenn sie auch dessen Namen dabei nicht nannten, und eine zweite Gruppe, die noch dazu den Christus-Impuls empfing. Nun zeigte sich der Unterschied zwischen diesen beiden Gattungen nicht so stark in der einen Inkarnation, sondern erst in der nächsten. Diejenigen, die zum Buddha-Impuls gekommen waren, die wurden die Lehrer jener Gleichheit und Brüderlichkeit der Menschen. Diejenigen Schüler aber, welche den Christus-Impuls empfangen hatten, waren in der nächsten Inkarnation so, daß dieser Christus-Impuls in ihrer physischen Inkarnation weiterwirkte, so daß sie nicht nur lehren konnten und dies auch nicht als ihre Hauptaufgabe betrachteten, sondern daß sie durch ihre moralische Kraft namentlich wirkten. Ein solcher Schüler wurde später als Franziskus von Assisi geboren. Kein Wunder also, daß in ihm die Weisheit, die er empfangen hatte, die Weisheit von der menschlichen Verbrüderung, von der Gleichheit aller Menschen, von der Notwendigkeit, alle Menschen gleich zu lieben, lebte, daß diese Lehre seine Seele durchpulste und diese Seele durchkraftet wurde mit dem Christus-Impulse, der so wirkte, daß, als Franz von Assisi hineinversetzt wurde in eine Bevölkerung, in welcher ganz besonders wirkten die alten Krankheitsdämonen (Auflösungsprodukt einer untergegangenen Rasse, siehe: Europa-Bevölkerung), daß dieser Christus-Impuls an die Krankheitsdämonen durch ihn herankam und das, was schlechte Substanz an den Krankheitsdämonen war, aufsog, an sich zog und von den Menschen hinwegnahm. Bevor er das tat, verkörpert er sich in dieser Substanz so, daß der Christus-Impuls in Franz von Assisi zuerst Vision wurde in jener Vision, wo ihm der Palast erschien, und in jener Vision, wo er aufgefordert wurde, die Last der Armut auf sich zu nehmen. [7]

In der Mysterienstätte nahm Franz von Assisi alles dasjenige auf, das ihn befähigte in dem Leben, in das er dann eintrat (als Franziskus), sich selbst zu beleuchten die höheren Hierarchien, die ihn dann in das Dasein treten ließen als den großen Mystiker, der eine so starke Wirkung in seiner Zeit haben konnte. [8] Dadurch wurden diese seine moralischen Kräfte so stark, daß sie wegnehmen konnten die geistig schädlichen Stoffe, welche (den Aussatz) nach sich gezogen hatte. Dadurch allein war die Möglichkeit geschaffen, die Nachwirkungen des alten (verkommenen) atlantischen Elementes, zu einer höheren Entwickelung zu bringen, wegzufegen von der Erde die schlimmen Substanzen, zu reinigen die europäische Welt von diesen Substanzen. [9]

Wo so starke Nachwirkungen des moralisch Bösen da sind, daß schon Krankheitsdämonen (siehe: Bakterien) existieren, da müssen auch übermoralische Kräfte wirken, wie es diejenigen des Franz von Assisi gewesen sind. Aber überall ist das Bessermachen eines Menschen darin begründet, daß wir seine geistige Verirrung wegschaffen. Das ist das Erste, was wir sagen müssen, wenn wir überhaupt in Worten von Moral sprechen wollen, daß es ein unermeßlich Gutes ist, was auf dem Grunde der Menschennatur vorhanden ist. Der grandiose Glaube an das Gute in jeder Menschennatur, auch der gestraften Menschennatur, das war es, was Franz von Assisi ganz besonders auszeichnete. Dadurch war es möglich, daß die entgegengesetzte Kraft auftrat in seiner Seele, und dieses ist die Kraft moralisch gebender, moralisch helfender, ja sogar heilender Liebe. Und niemand kann, wenn er wirklich den Glauben an das ursprünglich Gute der Menschennatur zum vollen Impulse entwickelt, zu etwas anderem kommen als dazu, diese Menschennatur als solche zu lieben. Diese zwei Grundimpulse sind es zunächst, welche ein wirklich moralisches Leben begründen können: Erstens der Glaube an das Göttliche auf dem Grunde einer jeden Menschenseele, zweites die aus diesem Glauben hervorsprießende maßlose Liebe zum Menschen. [10]

Eine jegliche Seele, auch wenn sie noch so weit herabgestiegen ist aus der Höhe des geistigen Lebens, für dieses geistige Leben wiedergefunden werden kann. Das ist der dritte Impuls, das ist die Hoffnung für jede Menschenseele, daß sie den Weg wieder zurückfinden kann zu dem Göttlich-Geistigen. Diese drei Impulse, wir können sagen, daß sie Franz von Assisi unendlich oft hat aussprechen hören, daß sie ihm unendlich oft vor Augen getreten sind während seiner Einweihung in die kolchischen Mysterien. Wir können aber auch sagen, daß er in dem Leben, daß er als Franz von Assisi zu führen hatte, wenig predigte von Glauben, von Liebe, daß er aber selber die Verkörperung war dieses Glaubens und dieser Liebe. In ihm waren sie gleichsam verleiblicht. Es wirkte nicht der Glaube, es wirkte nicht die Hoffnung – die muß man zwar haben –, aber wirksam ist nur die Liebe. Franziskus war ein ritterlicher Knabe. Starkmut, Tapferkeit haben sich umgewandelt in seiner Individualität, die von dem Christus-Impulse durchpulst war, in wirksame, werktätige Liebe. So sehen wir gleichsam wieder auferstehen die alte Tapferkeit, den alten Starkmut in der Liebe, wie sie uns bei Franz von Assisi entgegentritt. Starkmut ins Spirituelle umgesetzt ist Liebe. [11] In dem Astralleib des Franz von Assisi war einverwoben ein Abbild des Astralleibes des Jesus von Nazareth. Bei Franziskanern und Dominikanern finden Sie viele, welche solche Abbilder des Astralleibes (von Jesus von Nazareth) damals verkörpert haben. [12]

Zitate:

[1]  GA 130, Seite 317   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[2]  GA 130, Seite 322f   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[3]  GA 155, Seite 85   (Ausgabe 1982, 252 Seiten)
[4]  GA 155, Seite 95   (Ausgabe 1982, 252 Seiten)
[5]  GA 155, Seite 96   (Ausgabe 1982, 252 Seiten)
[6]  GA 140, Seite 200   (Ausgabe 1980, 374 Seiten)
[7]  GA 155, Seite 97ff   (Ausgabe 1982, 252 Seiten)
[8]  GA 140, Seite 232   (Ausgabe 1980, 374 Seiten)
[9]  GA 155, Seite 99   (Ausgabe 1982, 252 Seiten)
[10]  GA 155, Seite 102f   (Ausgabe 1982, 252 Seiten)
[11]  GA 155, Seite 104   (Ausgabe 1982, 252 Seiten)
[12]  GA 109, Seite 58   (Ausgabe 1979, 304 Seiten)

Quellen:

GA 109:  Das Prinzip der spirituellen Ökonomie im Zusammenhang mit Wiederverkörperungsfragen. Ein Aspekt der geistigen Führung der Menschheit (1909)
GA 130:  Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit (1911/1912)
GA 140:  Okkulte Untersuchungen über das Leben zwischen Tod und neuer Geburt. Die lebendige Wechselwirkung zwischen Lebenden und Toten (1912/1913)
GA 155:  Christus und die menschliche Seele. Über den Sinn des Lebens. Theosophische Moral. Anthroposophie und Christentum (1912/1914)