Apokalypse des Johannes
► Abgrund der Intelligenz

Indem der Mensch die Intellektualität an sich heranreißt aus dem Weltenall – und das liegt ja schließlich in der Weltenweisheit, daß er sie heranreißt –, daß der Mensch die Möglichkeit gibt, in unbewachten Momenten, die ja immer da sind, diese Intellektualität ergreifen zu lassen von jener ahrimanischen Macht, die in der christlichen Tradition der Satan genannt wird und der nicht verwechselt werden darf mit dem gewöhnlichen Teufel, welcher ja nicht die Eigenschaften des Satans hat, sondern eine niedrigere Macht ist. Satan hat den Rang von Urkräften, von Archai, und er ist derjenige, welcher im Verlaufe der Weltevolution diese Intellektualität ergriffen hat, lange bevor sie in der Art, wie es geschildert wurde, an den Menschen herantritt. Er ist gegenwärtig sozusagen der umfassendste Besitzer der Intellektualität, und er strebt danach, die menschliche Intellektualität so stark an die seinige zu binden, daß der Mensch auf diesem Wege herausfallen kann aus seiner Evolution. Also das Mysterium von Golgatha unwirksam zu machen, danach strebt diese ahrimanische Macht. So muß der Mensch verstehen lernen, daß er sich freiwillig zu identifizieren hat mit den letzten Zielen der Apokalypse, wo deutlich angedeutet wird von dem Apokalyptiker, daß da erscheinen wird diejenige Macht, die das Alpha und Omega der durchgehenden Schöpferkräfte, das durchgehende Schöpferwesen der Evolution darstellt, und daß der Mensch aus eigener Entschließung sich anzuschließen hat an dasjenige Wesen, das ihn geleitet hat, solange er noch nicht kosmosmündig war. [1]

Die Ereignisse, von denen der Apokalyptiker spricht, die kommen ja. Es handelt sich bloß darum, wie sie verlaufen. Und in den Ereignissen der Zukunft gibt es ja eigentlich überall noch zwei Eventualitäten: die eine ist der mögliche Verlauf im Sinne der von den Göttern bedachten Menschheitsevolution, die andere Eventualität – dagegen. Nun, die Intellektualität bricht herein, die Menschen werden immer intelligenter und intelligenter, nicht durch Inspiration, sondern durch eigene Kraft. Das bricht herein. Aber auf der anderen Seite ist durch Einflüsse, die wiederum von luziferischer Seite herkommen, doch die Menschheit schwach erhalten worden. Und so wird es Gruppenbildungen geben, trotzdem im Zeitalter der Individualität, dem eigentlichen christlichen Zeitalter, das Individuelle das für die Menschheit Heilsame ist. Es wird Gruppenbildungen geben, aber diese Gruppenbildungen müssen aus der Gefahr herausgehoben werden, in der sie sind. Diese satanische Macht so groß sein wird, daß sie an alle Gruppen, die sich gebildet haben, herantreten wird; so daß es wirklich so wird daß Satans Macht nach den vier Ecken der Welt wirken wird. Und diese Gruppen, kleinere Gruppen: Gog, größere Gruppen: Magog, sie werden der Versuchung, der Verführung der satanischen Macht ausgesetzt sein. Und ob dann diejenigen, die die Spiritualität mittlerweile in die Hand genommen haben, eine solche Intensität entwickeln, daß die menschliche Intellektualität mit Hilfe der Michael-Kraft dahin geführt werden kann, wo sie hingehört – an die Ursprungsmächte, die im Ausgang der menschlichen Entwickelung da waren, und die dasjenige, was Menschen bisher geworden sind, weiterführen wollen mit der menschlichen Freiheit –, das ist dasjenige, was sich dann entscheiden wird. Davon wird ungeheuer viel abhängen, ob die Menschen dazu kommen werden, wirkliche Spiritualität, wirkliche Geistigkeit mit einer inneren Ordnung auch gründlich zu verstehen. Wir können heute schon klar die Anfänge davon sehen und wir können auch die große Gefahr sehen, die für die Menschheit heute durchaus schon besteht. Es werden alle Schwächen der Menschen dazu benützt – weil eben die denkbar größte Intellektualität bei den ahrimanischen Mächten ist –, es werden alle Schwächen der Menschen, namentlich ihre Eitelkeit und ihre Unwahrhaftigkeit, dazu benutzt, um die Menschen herüberzubekommen. [2]

Auf unsere jetzige Kultur, auf unsere reine Verstandeskultur, auf alles das, was sich in der Gegenwart immer mehr und mehr nach dem Abgrund des Verstandes hin entwickelt und das können Sie auf allen Gebieten des Lebens erfahren –, wird eine Zeit kommen, in welcher der Mensch ein Sklave der Intelligenz sein wird, in der er als Persönlichkeit untergehen wird. Es gibt heute nur ein einziges Mittel, die Persönlichkeit zu bewahren, das ist das der Spiritualisierung. Diejenigen, die es verstehen, das spirituelle Leben zu entwickeln, werden zu dem Häuflein der Wohlversiegelten aus allen Nationen und Stämmen gehören, welche erscheinen werden in den weißen Kleidern nach dem großen Kriege aller gegen alle. Wir haben da, wo die westliche Kultur sich ausbreitet, vorzugsweise die Verstandeskultur, und die ist noch nicht zu Ende. Diese Intelligenz wird sich noch ausbreiten. Noch mit viel mehr geistigen Kräften werden die Menschen das, was für des Leibes Notdurft ist, erringen. Mit viel mehr geistigen Kräften werden sie sich gegenseitig erwürgen vor dem Kriege aller gegen alle. Viele Entdeckungen werden gemacht werden, um die Kriege besser führen zu können, unendliche Intelligenz wird aufgeboten werden, um den niederen Trieben Genüge zu leisten. [3] Wie es dazumal (in der Atlantis) mit der 5. Rasse gegangen ist, daß sie die Bildungsfähigen geliefert hat, und mit der 6. und 7., daß sie in den Niedergang kamen, so wird es auch in unserer Zeit sein. Da wird die 6. Kulturstufe die Grundlage sein für das, was nach dem großen Kriege aller gegen alle als neue Kulturen aufgehen wird. Dagegen wird die 7. Kulturstufe durch die Lauen repräsentiert werden. Diese wird so hinüberleben in die neue Zeit, wie die 6. und 7. Rasse der atlantischen als verhärtete und sich versteifende Rassen in unsere Epoche hinübergelebt haben (siehe: Chinesen). Gerade dadurch, daß das Böse sich von dem Guten trennt, wird das Gute seine Hauptstärke im Guten erhalten. Es wird sich das Gute nach dem großen Kriege aller gegen alle jede nur mögliche Anstrengung geben müssen, um die Bösen in dem Zeitraum, in dem es noch möglich sein wird, wieder herüberzuziehen. Das wird nicht eine Erziehungsaufgabe sein, sondern da werden okkulte Kräfte mitwirken, denn dann werden die Menschen okkulte Kräfte in Bewegung zu setzen verstehen. Diejenigen, die vorbereitet werden in ihren Seelen durch solche Lehren, damit sie einstmals diese große Erziehungsaufgabe lösen können, das sind die Schüler jener Geistesrichtung, die man nennt das Manichäertum. [4]

Zitate:

[1]  GA 346, Seite 257ff   (Ausgabe 1995, 343 Seiten)
[2]  GA 346, Seite 262f   (Ausgabe 1995, 343 Seiten)
[3]  GA 104, Seite 152f   (Ausgabe 1979, 284 Seiten)
[4]  GA 104, Seite 160ff   (Ausgabe 1979, 284 Seiten)

Quellen:

GA 104:  Die Apokalypse des Johannes (1908)
GA 346:  Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, V. Apokalypse und Priesterwirken (1924)