Satan

Ahrimanische Geister, mephistophelische Geister, das sind diejenigen, die eigentlich, wenn man die Namen genau nimmt, in der mittelalterlichen Anschauung die Geister des Satans genannt wurden, der nicht zu verwechseln ist mit Luzifer. [1]

Die jetzigen Gewalten (siehe: Exusiai) waren auf dem Monde Urkräfte (siehe: Archai). Nun gibt es aber solche Urkräfte des Mondes, die ihr Pensum auf dem Monde nicht absolviert haben und die auf die Erde herein als Urkräfte gekommen sind, die sich nicht schnell genug entwickelt haben, obwohl sie die Anwartschaft gehabt haben, Gewalten zu werden. Die Hervorragendste dieser Urkräfte, die eigentlich vom Range der Gewalten sein könnten, ist die im Volksmund «Satan» genannte Wesenheit. Innerhalb der Geister, die die Welt vorwärtsbringen, wirkt dieser Epochalgeist (siehe: Zeitgeist) den anderen entgegen; er ist eine solche Kraft auf der Erde, wie sie auf den alten Mond gepaßt hätte und ist auch noch innig verwoben mit den Kräften des alten Mondes. Er ist der Meister aller Hindernisse und Hemmnisse, die sich den fortschreitenden Epochalgeister entgegenstellen. [2]

Satan ist der widerrechtliche Fürst dieser Welt, denn der rechtliche ist ein Exusiai: Jahve. Der widerrechtliche gehört der Ordnung der Archai an. Er drückt sich dadurch aus, daß er bei den Menschen den Zeitgeist fortwährend in Verwirrung bringt, daß er die Menschen dazu bringt, dem Epochalgeist fortwährend zu widersprechen. Das ist die wirkliche Wesenheit des Geistes, den man auch nennt den «Geist der Finsternis» oder den widerrechtlichen Fürsten dieser unserer Erde, der Anspruch darauf macht, eigentlich die Menschen zu lenken und zu leiten. [3]

Dann haben wir in der Apokalypse als dritten Sturz den Sturz des Satans. In Satan haben wir ein ganz hohes Wesen, welches aber andere Wege geht als diejenigen, die auf Erden gegangen werden können. Bei dem Tier und dem falschen Propheten haben wir es mit Menschen-verführenden Mächten zu tun, die den Willen haben, die Menschheit in moralischer und intellektueller Beziehung in falsche Bahnen zu bringen. Jene Macht, die gemeint ist bei dem Sturze Satans, will noch etwas ganz anderes. Die will nicht bloß die Menschheit aus ihrer Bahn bringen, sondern die ganze Erde. Diese Macht ist vom menschlich-irdischen Standpunkt aus gesehen ein furchtbarer Widersacher der Gottheit. Satan hat die Würde einer Urkraft, eines Arché. Und da lauert Satan, um jeden Kometen, der da kommt, abzufangen und ihn in seiner Schwungrichtung zu benutzen, damit er die Planeten aus ihrer Bahn herausbringen kann und damit auch die Erde. Das ist wirklich vorhanden im Weltall, daß die satanisehen Mächte fortwährend lauern, um das ganze Wandelsternsystem umzugestalten. Dadurch würde aber dieses System der Wandelsterne, in deren Bahnen die Menschen sich bewegen sollen, jenen göttlich-geistigen Mächten weggenommen und in ganz andere Weltenevolutions-Richtungen hineingebracht werden. [4] Es werden erste Schritte dem Satan gelingen, Unordnung in das Planetensystem hineinzuschaffen. Demgegenüber wird die Menschheit selber eine starke Spiritualität entwickeln müssen. Denn nur durch die starke Spiritualität der Menschen wird dasjenige ausgeglichen werden können, was so an Unordnung bewerkstelligt werden wird. Über die Kometen kann aus den vorhandenen Offenbarungen heute schon so gesprochen werden, daß der Satan im Weltall lauert, um die Kometenbahnen zu benützen und an die Stelle von Kosmos zu setzen. [5]

Indem der Mensch die Intellektualität an sich heranreißt aus dem Weltenall – und das liegt ja schließlich in der Welten Weisheit, daß er sie heranreißt –, daß der Mensch die Möglichkeit gibt, in unbewachten Momenten, die ja immer da sind, diese Intellektualität ergreifen zu lassen von jener ahrimanischen Macht, die in der christlichen Tradition der Satan genannt wird und der nicht verwechselt werden darf mit dem gewöhnlichen Teufel, welcher ja nicht die Eigenschaften des Satans hat, sondern eine niedrigere Macht ist. Satan hat den Rang von Urkräften, von Archai, und er ist derjenige, welcher im Verlaufe der Weltevolution diese Intellektualität ergriffen hat, lange bevor sie in der Art, wie es geschildert wurde, an den Menschen herantritt. Er ist gegenwärtig sozusagen der umfassendste Besitzer der Intellektualität, und er strebt danach, die menschliche Intellektualität so stark an die seinige zu binden, daß der Mensch auf diesem Wege herausfallen kann aus seiner Evolution. Also das Mysterium von Golgatha unwirksam zu machen, danach strebt diese ahrimanische Macht. Nun, diese ahrimanische Macht, die in der christlichen Tradition der Satan genannt wird, hat keine Kraft, weiter hinauf zu wirken in den verschiedenen Weltenniveaus, als bis zum Menschen. Man kann sich also nicht denken, daß zum Beispiel die Intelligenz eines Angelos unmittelbar ergriffen werden könnte von dieser satanischen Macht. Nur in gewissen Ausnahmefällen kann das geschehen. Und das Wissen um diese Möglichkeit, daß in der Zukunft Momente eintreten könnten, wo es der satanischen Macht auch möglich sein könnte, nicht nur die Menschen an sich zu binden auf dem Umweg durch die Intellektualität, sondern wo die satanische Macht auch Wesen aus dem Gebiete der Angeloi, namentlich der Archangeloi, an sich binden könnte, das gehört gegenwärtig noch zu den höheren Geheimnissen des Okkultismus, über die vorläufig nicht gesprochen werden kann, und die nur unter gewissen Bedingungen enthüllt werden können. Wenn gewissermaßen die im Menschen enthaltene Intellektualität ergriffen wird von der ahrimanischen Macht, dann kann der Mensch aus seiner Evolution herausgerissen werden in eine ganz andere Bahn, indem einfach sein Wesen nachgerissen wird von seinem Intellekt, bei dem Satan in der Lage ist anzuknüpfen. Das wäre bei keiner anderen seelischen oder geistigen Kraft, bei keiner anderen leiblichen Kraft im Menschen möglich als lediglich bei dem Intellekt, denn der Intellekt sitzt so im Menschen, daß er im Menschen das Allerselbständigste vorstellt; alles übrige hängt an gewissen göttlichen Mächten. Daher hat Satan es dann, wenn er sich zum Beispiel an das Fühlen, an das Empfinden, an das Begehren und Wünschen der Menschen heranmachen würde, immer noch zu tun mit den in diesen Seelenfähigkeiten darinsteckenden übermenschlichen Kräften. Die Intellektualität ist das erste, mit dem der Mensch sich ganz loslösen kann von den Wesenheiten, die seine persönliche Evolution bewirken, sie ist das erste, wo der Mensch durch seine ganz ureigene freie Kraft anknüpfen muß an diejenigen Mächte, die von Anfang an bei seiner Entwickelung gestanden haben. So muß der Mensch verstehen lernen, daß er sich freiwillig zu identifizieren hat mit den letzten Zielen der Apokalypse, wo deutlich angedeutet wird von dem Apokalyptiker, daß da erscheinen wird diejenige Macht, die das Alpha und Omega der durchgehenden Schöpferkräfte, das durchgehende Schöpferwesen der Evolution darstellt, und daß der Mensch aus eigener Entschließung sich anzuschließen hat an dasjenige Wesen, das ihn geleitet hat, solange er noch nicht kosmosmündig war.

Jetzt schon können wir sehen, wie die satanische Macht bemüht ist, den Menschen in dieser Weise in ihre Evolution hineinzubringen. Der Weg dazu ist der, daß man die Menschen zusammenfaßt in solchen Verbänden, wie wir sie ja überall heute im Keim entstehen sehen, wo die alten Gruppenseelen aufhören und eine neue Gruppenseelenhaftigkeit beginnen kann. Daher ist das, was zum Beispiel gegenwärtig (1924) im europäischen Osten geschieht, so furchtbar satanisch, weil alles darauf hinführt, dort mit aller Kraft Menschen so zusammenzufassen, daß Gruppenseelen notwendig würden. Wenn dann die Intelligentesten so hinübergenommen werden in das niedere Gebiet des Ahrimanischen, dann können Gruppen, die da gebildet werden, als Gruppen nur ahrimanischen Mächten zugeteilt werden; und dann wäre das der Weg für die satanischen Mächte um die Menschheit aus der Erdenevolution herauszureißen und in eine andere planetarische Evolution hineinzubringen. Die Gruppenseelenhaftigkeit kann eben nur dann gelingen, wenn das intellektuelle Element in einer gewissen Weise vollständig emanzipiert wird. Dazu werden im Osten heute die allerraffiniertesten Ansätze gemacht. Es kommt aber durchaus in Mittel- und Westeuropa überall auch vor. [6]

Zitate:

[1]  GA 107, Seite 241f   (Ausgabe 1973, 328 Seiten)
[2]  GA 98, Seite 229   (Ausgabe 1983, 272 Seiten)
[3]  GA 102, Seite 147f   (Ausgabe 1974, 238 Seiten)
[4]  GA 346, Seite 161ff   (Ausgabe 1995, 343 Seiten)
[5]  GA 346, Seite 164f   (Ausgabe 1995, 343 Seiten)
[6]  GA 346, Seite 257ff   (Ausgabe 1995, 343 Seiten)

Quellen:

GA 98:  Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt (1907/1908)
GA 102:  Das Hereinwirken geistiger Wesenheiten in den Menschen (1908)
GA 107:  Geisteswissenschaftliche Menschenkunde (1908/1909)
GA 346:  Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, V. Apokalypse und Priesterwirken (1924)