Ätherisation des Blutes

Als die lemurische Zeit heranrückte, da war der Mensch noch immer nicht als physischer Leib in seiner heutigen Gestalt vorhanden. Da war das, was heute physisch ist, in seinen dichtesten Gebieten (Gebilden) im Grunde genommen als Ätherleib vorhanden, das heißt, die Kräfte unseres jetzigen physischen Leibes waren damals wie aufgelöst im Ätherleib. Dieser Ätherleib hatte nur eben solche Kräfte, daß, wenn sie sich ihrer eigenen Natur nach verdichteten, sie dann zu unserem physischen Leibe führen konnten. [1]

Es gehört zu den wichtigsten Impulsen unserer Erdentwickelung, daß die Ätherkräfte, nachdem sie sich zu einem Organsystem verdichtet haben, nicht bei diesem Ziel- und Endpunkt gelassen werden, sondern daß gleichsam andere Kräfte, andere Impulse eingreifen, die wiederum auflösen. In demselben Momente, wo unsere menschlichen Organe ihre stärkste Dichtigkeit in der Erdentwickelung erlangt haben, da lösen gewisse Mächte des Makrokosmos die Substantialitäten dieser Organsysteme wieder auf, so daß das, was früher gleichsam hineingeschlüpft ist in die Organsysteme, jetzt wiederum herauskommt, wiederum sichtbar wird. Wir können nun okkult gerade am genauesten bei unserem Herzen und dem durch dasselbe strömenden Blute verfolgen, wie diese Auflösung geschieht. Fortwährend strömt für den hellseherischen Blick von unserem Herzen, als dem Ergebnis unseres Blutkreislaufes etwas aus. Wenn Sie das Blut hellseherisch durch den menschlichen Leib pulsieren sehen, dann sehen Sie auch, wie dieses Blut sich gleichsam im Herzen wiederum verdünnt, wie da das Blut wiederum in seinen feinsten Teilen, also nicht in seinen gröberen, sondern in seinen feinsten physischen Teilen sich auflöst und in die Ätherform zurückgeht. Das Blut ätherisiert sich, und es strömen fortwährend vom Herzen Ätherströme aus, welche gegen den menschlichen Kopf hinströmen. Und würde dieser Teil der menschlichen Ätherströmungen nicht fortwährend vom Herzen nach dem Kopfe strömen, so könnten wir noch so viel versuchen über die Welt zu denken und von der Welt zu erkennen, wir würden nichts mit dem bloßen Instrumente unseres Gehirns denken können. Man kann sich aus dem Okkultismus heraus eine Vorstellung davon machen, wie das Gehirn wirken würde, wenn es heute auf sich selbst angewiesen wäre. Da würde der Mensch nur denken können, was sich auf die inneren Bedürfnisse seines Leibes bezieht. Der Mensch würde der denkbar größte Egoist sein. So aber wird unser Gehirn fortwährend durchströmt von jenen feinen substantiellen Ätherströmungen, die vom Herzen herauf fließen. Diese Ätherströmungen haben eine unmittelbare Verwandtschaft zu einem zarten, wichtigen Organ des Gehirns, zu der sogenannten Zirbeldrüse (Epiphyse). Sie umspülen und umsprühen fortwährend die Zirbeldrüse. [2]

Derjenige, welcher im Verlaufe einer okkulten Entwickelung zum Bewußtsein davon kommt, der wird in einer eigenartigen Weise diese Ätherströmungen gewahr. Man merkt, daß diese Kräfte, man möchte sagen, nicht ungeschoren hindurchgegangen sind durch die menschliche Organisation, daß der Mensch sie nicht so entläßt, wie sie hineingegangen sind in sein Herz. Alles, was der Mensch mittlerweile entwickelt hat, aus dem Unbewußten heraus entwickelt hat an niederen Trieben, Begierden, an alledem, was sich in seine Natur hineinbegeben hat, das wird wiederum mit hineingetragen in die Ätherströmung, die wir aus dem Herzen heraus bilden. Wir haben uns durchdrungen mit all dem, was an Begierden, an Sehnsüchten, an Sympathien und Antipathien, an Affekten und Leidenschaften, an Gewohnheiten, an Irrtümern durch uns gezogen ist, und von diesem allem ist der Ätherleib, der nun neu entsteht, der nun hinaufgeht zum Gehirn, getrübt, durchsetzt. Das schicken wir von unserem Herzen mit hinauf, und dessen werden wir uns jetzt gewahr in wirklicher Selbsterkenntnis. Wir werden gewahr, daß wir dasjenige, was wir von den Göttern erhalten haben, ihnen nicht wiederum in der gleichen Art zurückgeben können, sondern verunreinigt durch unsere eigene Wesenheit. [3]

Wie Lichtstrahlen geht es vom Herzen nach dem Kopfe herauf und umströmt glimmend die Zirbeldrüse. Dieser Vorgang, das Ätherischwerden des Blutes, zeigt sich immerwährend am wachenden Menschen. Die Strömungen aber, die beim schlafenden Menschen von draußen, vom Weltenraum, aus dem Makrokosmos in das Innere dessen, was da im Bette liegt als physischer und Ätherleib, hereinströmen sind recht verschieden bei den verschiedenen Menschen. Es zeigen sich im hohen Grade die moralischen Qualitäten in der eigenartigen Färbung dessen, was beim Schlafe in ihn einströmt. [4]

Es ist so, daß in einen, der nur ganz leise Neigung hat zu nicht ganz moralischen Grundsätzen, fortwährend einströmen so bräunlichrote und allerlei sonstige nach dem Rotbräunlichen hinneigende Strahlungen. Und lila-violette Strahlungen treten auf bei denjenigen, die hohe moralische Ideale haben. Es ist nun im Moment des Aufwachens oder des Einschlafens in der Gegend der Zirbeldrüse, Epiphyse, eine Art Kampf vorhanden zwischen dem, was von oben nach unten, und dem was von unten nach oben strömt. Das intellektuelle Element strömt von unten nach oben in Form von Lichtwirkungen beim wachenden Menschen, und das, was eigentlich moralisch-ästhetischer Natur ist, das strömt von oben nach unten. Und im Moment des Aufwachens und des Einschlafens begegnen sich die nach aufwärts- und abwärtsgehenden Ströme, und da kann man beurteilen, ob jemand besonders gescheit ist und niedere Grundsätze hat, wo sich dann ein starker Kampf abspielt in der Nähe der Zirbeldrüse, oder ob er gute Grundsätze hat und einem entgegenströmt seine Intellektualität: dann zeigt sich ein ruhiges Ausbreiten einer glimmerigen Lichterscheinung um die Zirbeldrüse herum. Diese ist gleichsam eingebettet im Moment des Aufwachens oder Einschlafens in ein kleines Lichtmeer. So spiegelt sich im Menschen seine moralische Beschaffenheit. Und dieser ruhige Schein dehnt sich oftmals aus weit bis in die Herzgegend hinein. [5]

Zitate:

[1]  GA 129, Seite 167   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[2]  GA 129, Seite 170f   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[3]  GA 129, Seite 172f   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[4]  GA 130, Seite 89f   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[5]  GA 130, Seite 91   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)

Quellen:

GA 129:  Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen (1911)
GA 130:  Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit (1911/1912)