Brahe, Tycho

Tycho Brahe, erscheint in Bezug auf die Erforschung von Tatsachen der Sinneswelt geradezu bahnbrechend (die Keplerschen Gesetze basieren ausschließlich auf seinem Beobachtungsmaterial), während Kopernikus eine Persönlichkeit ist, die in bezug auf Erforschung äußerer Tatsachen gar nichts darstellt [1] Nun sollten im ägyptisch-chaldäischen Zeitraum die Menschen hauptsächlich ihren Zusammenhang mit der Sternenwelt entwickeln. Die Astrologie wurde in diesem Zeitraum gefunden und besonders gepflegt. Da wußten die Menschen unmittelbar hellsichtig, wie die Sternkonstellation zusammenhängt mit dem Leben und Schicksal des Menschen. Man sah tief hinein in die geheimnisvollen Zusammenhänge zwischen dem Sternenraum und dem menschlichen Schicksal. Es hat außerordentliche, große Geister gegeben in der Neuzeit, in denen das gleichsam weiterwirkte. Sie waren ja auch im ägyptisch-chaldäischen Zeitraum inkarniert, und in den darauffolgenden Inkarnationen leuchtete ihnen wie unmittelbar aus einer inneren Seelenkraft auf ein tiefes, intuitives astrologisches Wissen. So war es bei dem wiedergeborenen Julian Apostata, bei Tycho Brahe. Er hat viel auf jenen geheimnisvollen Zusammenhang gegeben, wie man das menschliche Schicksal verknüpft denken kann mit dem, was als geheimnisvolle Formen in den Sternkonstellationen sich bildet. Das gilt heute der Wissenschaft als unumstößlich, daß Tycho Brahe ein großer Astronom war, der eine Anzahl neuer Sterne am Himmel entdeckt, eine Sternkarte gezeichnet hat. Da ist es verzeihlich, so sagen die Wissenschafter, daß er auch ein Astrolog war, der aus den Sternen heraus den Leuten allerlei prophezeite. Sie verzeihen es dem Tycho Brahe, daß er durch seine tiefen astrologischen Erkenntnisse den Tod des Sultans Soliman voraussagte, als er an der Universität Rostock lehrte. Sie verzeihen es ihm, daß er durch eine solche Voraussage die Welt in Erstaunen setzte und sagen, das war nur eine Schwäche dieses sonst großen Mannes, über die man hinwegsehen muß. Und sie verzeihen es ihm sogar, daß der Tod des Sultans genau nach der Prophezeiung wirklich eingetroffen ist! – In Tycho Brahe aber sehen wir die alte ägyptische Weisheit wiederum aufleuchten. Sie muß hineinleuchten in unsere Zeit, die eine Wiederholung der ägyptischen Zeit ist. [2]

Erwar ein Mensch, der tief davon durchdrungen war, daß nicht nur die physischen Verhältnisse der Erde im Zusammenhang stehen mit der ganzen Welt, sondern daß auch dasjenige, was die Menschen geistig erleben, mit den Ereignissen des großen Kosmos zusammenhängt. So kam es denn, daß Tycho Brahe nicht nur ein großer Astronom war, der die Sterne beobachtete, sondern daß er die Vorgänge des Himmels auf die Vorgänge im Menschenleben bezog (er betrieb ein alchemistisches Laboratorium, wo er berühmte Heilmittel herstellte, die er umsonst abgab. Alchemistische Korrespondenzen mit dem Sternenlauf waren es auch sicher, die ihn hinderten den anerkannten Kopernikanismus anzunehmen). [3]

Wer sich in das eigentümliche Seelenleben Brahes hineinlebt, der findet, daß es nicht gar so weit entfernt war von dem Seelenleben des Nostradamus. [4] Tycho Brahe kommt einem vor, wenn man seine Seele studiert, wie jemand, der sich aus einem früheren Leben heraus an Anschauungen erinnert, die er gehabt hat, etwa wie man in Griechenland prophetisch Dinge getrieben hat. Es ist etwas in ihm wie in der Seele eines alten Griechen, der überall Weltenharmonie sehen will. [5] In ihm sehen wir die alte ägyptische Weisheit wiederum aufleuchten. [6]

In den Strömungen, die ich als die Michael-Strömungen geschildert habe, findet sich eigentlich diese Individualität – Tycho Brahe – Herzeloyde – Julianus Apostata fortwährend; in irgendeiner der übersinnlichen Funktionen ist sie im Grunde genommen immer da. [7] Überall spielt da die Individualität, die zuletzt als Tycho Brahe inkarniert war, eine außerordentlich große Rolle. Er war überall bestrebt, die großen, dauernden Impulse dessen, was man Heidentum, was man altes Mysterienwesen nennt, eben auch zum besseren Verständnis des Christentumes zu erhalten. In das Christentum war sie eingezogen, während sie als Seele der Herzeloyde (Mutter Parzivals) lebte. Jetzt war er bestrebt, alles dasjenige, was er durch seine Initiation als Julianus Apostata hatte, einzuführen in die Vorstellungen des Christentums. Und Tycho Brahe hatte bedeutenden Einfluß darauf, daß diese Seelen (der Michael-Strömung) nun am Ende des 19. Jahrhunderts vorbereitet auf die Erde herunterkamen, um den Christus nicht nur so zu schauen oder zu fühlen, wie ihn die verschiedenen Bekenntnisse fühlen, sondern wiederum in seiner grandiosen Weltherrlichkeit als den kosmischen Christus. [8]

Wenn man sich in die Sprache, die Schelling führt, in die so merkwürdige Sprache vertieft, dann hört man bald nicht Schelling reden, sondern Tycho Brahe. Er inspirierte ebenfalls Jakob Froschammer, er schrieb: Die Phantasie als Grundprizip des Weltprozesses. [9] Und sehen Sie, will man nun für das, was man erforschen soll für die Zukunft des zwanzigsten Jahrhunderts, einen bedeutsamen Helfer haben, sozusagen jemanden, der einem raten kann in bezug auf die übersinnliche Welt, wenn man Impulse braucht, die da drinnen sind, dann ist es die Individualität des Julianus – Tycho. [10]

Zitate:

[1]  GA 61, Seite 361   (Ausgabe 1962, 536 Seiten)
[2]  GA 143, Seite 160   (Ausgabe 1970, 248 Seiten)
[3]  GA 61, Seite 73   (Ausgabe 1962, 536 Seiten)
[4]  GA 61, Seite 88   (Ausgabe 1962, 536 Seiten)
[5]  GA 61, Seite 89f   (Ausgabe 1962, 536 Seiten)
[6]  GA 143, Seite 160   (Ausgabe 1970, 248 Seiten)
[7]  GA 238, Seite 91   (Ausgabe 1960, 184 Seiten)
[8]  GA 238, Seite 93   (Ausgabe 1960, 184 Seiten)
[9]  GA 238, Seite 102   (Ausgabe 1960, 184 Seiten)
[10]  GA 238, Seite 103   (Ausgabe 1960, 184 Seiten)

Quellen:

GA 61:  Menschengeschichte im Lichte der Geistesforschung (1911/1912)
GA 143:  Erfahrungen des Übersinnlichen. Die drei Wege der Seele zu Christus. (1912)
GA 238:  Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge - Vierter Band. Das geistige Leben der Gegenwart im Zusammenhang mit der anthroposophischen Bewegung (1924)