Karmische Reihen
► Julianus Apostata

Dieses Beispiel hat in mir selbst die größte Verwunderung hervorgerufen, als es sich als Resultat der Forschung ergeben hat. Wir sehen neben dem Konstantin stehen Julian Apostata als Persönlichkeit, von der man wissen kann, in ihr lebte Mysterien-Weisheit. Er konnte von der dreifachen Sonne sprechen. Und er hat ja sein Leben eingebüßt, weil er eben dadurch als Verräter an den Mysterien angesehen worden ist, daß er von der dreifachen Sonne gesprochen hat. Man möchte in gewissem Sinne oftmals verwundert sein, daß gerade dieser feine, geniale Kopf für die Größe des Christentums so wenig empfänglich war; aber das kommt davon her, daß er eben in seiner Umgebung wenig von innerer Ehrlichkeit, wie er sie auffaßte, sah. Und unter denen, die ihn in die antiken Mysterien einführten, fand er noch viel Ehrlichkeit, positive, aktive Ehrlichkeit. Sein Tod war ein ganz arrangierter Mord. Er hätte, wenn die Zeit dazu günstig gewesen wäre (er regierte als Kaiser nur 16 Monate lang), wenn die Verhältnisse dazu dagewesen wären, aus den alten Mysterien heraus eine geradlinige Fortsetzung bewirken können vom vorchristlichen Christus, von dem wirklichen makrokosmischen Logos, zu dem Christus, der fortwirken sollte in der Menschheit nach dem Mysterium von Golgatha. Und wenn man geistig auf den Julian eingeht, so findet man eben das Merkwürdige: Es ist Schale bei ihm gewesen dieses Apostata-Wesen. Und so hat man das Gefühl, Julian wäre eigentlich die geeignete Seele gewesen, dem Christentum die Bahnen zu ebnen, das Christentum in die Bahn zu bringen, in die es gehört. Man findet die Seele Julians in der Herzeloyde, der Mutter des Parzival, die eine historische Persönlichkeit ist, über die die Historie nicht berichtet, die in Gahmuret, den sie geheiratet hat und der auf einem Zug nach dem Orient durch Verrat zugrunde gegangen ist, auf ihr eigenes Schicksal in dem früheren Julian Apostata hingewiesen wird. Sie sendet den Parzival aus, um dem Christentum die esoterischen Wege zu suchen und zu weisen. [1] Aber diese Seele hatte ja, weil sie zu denjenigen gehörte, die noch etwas von den alten Mysterien übernommen hatten, die noch drinnen gelebt hatten in der Substanz der alten Mysterien in einer Zeit, wo diese Mysterien in gewisser Beziehung helleuchtend noch waren, diese Seele hatte von der Spiritualität des Kosmos viel in sich aufgenommen. Das war gewissermaßen zurückgedrängt worden während der Herzeloyde-Inkarnation, drängte aber herauf in der Seele, und so finden wir diese Individualität wieder im 16. Jahrhundert. Und wir erkennen bei dieser Individualität, wie aufsteigt verchristlicht dasjenige, was sie als Julian Apostata durchgemacht hatte. Es erschien diese Individualität als Tycho Brahe und steht da gegenüber demjenigen, was in der abendländischen Zivilisation als die Kopernikanische Weltanschauung herauftaucht. Diese kopernikanische Weltanschauung, sie gab ein Bild von dem Weltenall, das nun ganz darauf hinarbeitet, wenn es in seinen letzten Konsequenzen verfolgt wird, Spiritualität aus dem Kosmos in der Anschauung herauszutreiben. Dem konnte sich die charakterisierte Individualität, die jetzt in Tycho war, nicht fügen. Daher sehen wir, wie er in bezug auf seine Weltanschauung dasjenige annimmt, was brauchbar ist im Kopernikanismus, er aber ablehnt die absolute Bewegung, die der Erde zugeschrieben werden mußte im Sinne des kopernikanischen Weltbildes. Und wir sehen dies gebunden bei Tycho Brahe an wirkliche Spiritualität, Spiritualität, bei der wir, wenn wir den Verlauf seines Lebens ins Auge fassen, geradezu sehen können, wie altes Karma hinaufdrängt in das Leben, Bewußtseinsinhalt werden will. So wird ja von seinen dänischen Angehörigen in jeder Weise versucht, ihn im juristischen Berufe festzuhalten; er muß unter der Aufsicht eines Hauslehrers in Leipzig Jurisprudenz studieren und kann nur, während jener schläft, sich die Stunden aussparen, in denen er in der Nacht mit den Göttern verkehrt. Schon mit sehr primitiven Instrumenten, die er sich selber zusammengestellt hat, entdeckt er bedeutende Rechenfehler, die gemacht worden sind in bezug auf die Ortsbestimmung von Saturn und Jupiter. [2] Er konnte nicht viel Eindruck auf seine Zeitgenossen machen mit seinen von dem Kopernikus ja abweichenden astronomischen Ansichten. Kepler kam auf Grundlage der Beobachtungsreihen des Tycho zu seinen Keplerschen Gesetzen. Das alles aber hätte auf seine Zeitgenossen wohl nicht den großen Eindruck gemacht, den eine an sich nicht gerade bedeutsame, aber auffällige Sache machte: Er sagte nämlich den Tod des Sultans Soliman fast bis auf den Tag genau prophetisch voraus, der dann auch eintraf, wie er ihn vorausgesagt hatte. [3] (Siehe auch: Brahe, Julianus Apostata).

Zitate:

[1]  GA 238, Seite 85ff   (Ausgabe 1960, 184 Seiten)
[2]  GA 238, Seite 88ff   (Ausgabe 1960, 184 Seiten)
[3]  GA 238, Seite 90f   (Ausgabe 1960, 184 Seiten)

Quellen:

GA 238:  Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge - Vierter Band. Das geistige Leben der Gegenwart im Zusammenhang mit der anthroposophischen Bewegung (1924)