Devachan
► 5. Region

Wenn wir aufsteigen zur fünften Region des Geisteslandes, so sind wir völlig frei von den Fesseln des irdischen Daseins. Dann sind wir nach allen Seiten frei und entwicklungsfähig. Dann haben wir das Element zu unserer Umgebung, in dem unsere eigentliche, wahre, wirkliche Heimat ist. In dieser höheren Region erfahren wir die eigentlichen Absichten, die der Weltengeist mit der irdischen Entwicklung hat. Wir nehmen teil an den Absichten des Weltengeistes. Alle Dinge werden dann sprechend. Wir lernen, was der göttliche Weltengeist für ein Ziel für die Pflanzen, für die Tiere und für die Menschen hat; wir lernen kennen in vollkommener Gestalt dasjenige, wovon das Geschaffene nur ein unvollkommenes Abbild ist. Was wir erleben, sind die Absichten, die Intentionen, die Ziele – die Ziele, die aus dem Ewigen herausströmen, die lernen wir hier kennen. Und wenn wir, davon gestärkt und gekräftigt, zurückkehren in die physische Welt, dann sind wir Sendboten der göttlichen Absichten, dann vollziehen wir dasjenige, was als wahrhaft Geistiges, als unabhängiges Geistiges dieser Welt eingefügt werden soll. Jede Inkarnation ist nur ein unvollkommenes Abbild dessen, was der Mensch eigentlich ist. Das geistige Selbst ist im Geisteslande, und indem es in den menschlichen Leib, in die menschliche Seele einzieht, kann es nur ein schwaches Abbild dessen verwirklichen, was es im Grunde genommen eigentlich ist. Wenn der Mensch heimkehrt in das eigentliche Selbst, in seine ursprüngliche Eigenheit, wenn er die fünfte Region kennenlernt, da weitet sich der Blick über seine eigenen Inkarnationen, da ist er imstande, seine Vergangenheit und seine Zukunft zu überschauen. Er erlebt ein Aufblitzen des Gedächtnisses über seine vergangenen Inkarnationen und kann sie in Zusammenhang bringen mit dem, was er in der Zukunft vollbringen kann. Er überschaut die Vergangenheit und die Zukunft mit prophetischem Blick. Alles, was er vollbringt, erscheint ihm wie aus dem ewigen Selbst herausfließend. Das ist das, was das Selbst sich erwirbt in der fünften Region des Geisteslandes. Deshalb nennen wir dieses Selbst, insofern es sich in der fünften Region auslebt und sich seiner eigenen Wesenheit bewußt wird, den Ursachenträger (oder Kausalkörper) der menschlichen Wesenheit, der alle Ergebnisse des vergangenen Lebens in die Zukunft hinüberträgt. Das, was wiedererscheint in den verschiedenen Verkörperungen, das ist der Ursachenkörper, und zwar so lange, bis der Mensch übergeht zu höheren Zuständen, wo höhere Gesetze als die der Wiederverkörperung gelten. Seit dem Anfang des Planetenlebens unterliegen wir dem Gesetz der Wiederverkörperung. Der Kausalkörper ist dasjenige, was das Ergebnis eines früheren Lebens hinüberträgt in die kommenden Leben, was als Früchte genießt dasjenige, was in den vorhergehenden Leben erarbeitet wurde. [1]

Was in der fünften Region vorhanden ist, darf mit dem physischen Licht verglichen werden. Es ist in seiner ureigenen Gestalt sich offenbarende Weisheit. Wesen, welche Weisheit in ihre Umgebung ergießen, wie die Sonne Licht auf physische Wesen, gehören diesem Gebiete an. Was beschienen wird von dieser Weisheit, das zeigt sich in seinem wahren Sinn und seiner Bedeutung für die geistige Welt, wie ein physisches Wesen seine Farbe zeigt, wenn es vom Lichte beschienen wird. [2] Die fünfte Region ist die der himmlischen Sphärenharmonie. Die oberen Regionen des Devachan zeichnen sich dadurch aus, daß alle Töne dort klarer, leuchtender, volltönender sind. Man vernimmt dort in einer grandiosen Harmonie die Stimme aller Wesen, und das ist dasjenige, was Pythagoras die Sphärenmusik nennt. Es ist das innere Sprechen, das lebendige Wort des Weltalls. Jedes Wesen nimmt nun für den hellhörig gewordenen Hellseher eine besondere Klangfarbe an, gewissermaßen eine tönende Aura. Alsdann nennt jedes Wesen dem Okkultisten seinen Namen. In der Genesis nimmt Jahve den Adam bei der Hand, und Adam benennt alle Wesen (des Paradieses) mit Namen. Auf der Erde ist das Individuum verloren unter der Menge der anderen Wesen. Dort hat jedes seine eigene Klangfarbe, und trotzdem taucht der Mensch zugleich in alle Wesen unter, wird eins mit seiner Umgebung. Man liest die Akasha-Chronik nicht mehr von der Erdenseite, sondern von der Himmelsseite her; sie wird zur okkulten Sternenschrift. Man sieht in das Innere der Sternensphäre hinein, und man empfindet die Ursprungsquelle des Universums, des Logos. [3]

Zitate:

[1]  GA 88, Seite 127ff   (Ausgabe 1999, 256 Seiten)
[2]  GA 13, Seite 115   (Ausgabe 1962, 444 Seiten)
[3]  GA 94, Seite 83f   (Ausgabe 1979, 312 Seiten)

Quellen:

GA 13:  Die Geheimwissenschaft im Umriß (1910)
GA 88:  Über die astrale Welt und das Devachan (1903-1904)
GA 94:  Kosmogonie. Populärer Okkultismus. Das Johannes-Evangelium. Die Theosophie an Hand des Johannes-Evangeliums (1906)