Schulung esoterische
► Willensübungen

Eine weitere Stufe der Entwickelung nach der übersinnlichen Welt hin kann dadurch erreicht werden, daß wir in unserer geistig-seelischen Betätigung noch weiter loszukommen suchen von der leiblichen Stütze. Das kann dadurch geschehen, daß wir nun die Übungen der Meditation und Konzentration mehr hinüberlenken nach Willensübungen.

Nun möchte ich Ihnen eine einfache Willensübung als konkretes Beispiel vor die Seele führen, an der Sie das Prinzip, das hier in Betracht kommt, studieren können. – Wir sind im gewöhnlichen Leben daran gewöhnt, mit dem Verlauf der Welt zu denken. Wir lassen die Dinge, wie sie geschehen, an uns herantreten. Das, was früher an uns herantritt, denken wir früher, was später an uns herantrat denken wir später. Und selbst wenn wir in dem mehr logischen Denken nicht mit dem zeitlichen Verlauf mitdenken, so ist doch im Hintergrunde die Bemühung vorhanden, uns an den äußeren, wirklichen Verlauf der Tatsache zu halten. Um uns im geistig-seelischen Kräfteverhältnisse zu üben, müssen wir loskommen von dem äußerlichen Verlauf der Dinge. Und da ist eine gute Übung, die zugleich eine Willensübung ist, diese, wenn wir versuchen unsere Tageserlebnisse, wie wir sie vom Morgen bis zum Abend erleben, eben nicht vom Morgen bis zum Abend, sondern vom Abend zum Morgen hin rückwärts durchzudenken, und dabei möglichst auf die Einzelheiten einzugehen. Nehmen wir an, wir kommen bei einer solchen Rückschau auf das Tagesleben dazu: wir gingen eine Treppe hinan. Wir stellen uns vor, wir sind zuerst oben, dann auf der letzten, vorletzten Stufe und so weiter. Wir gehen umgekehrt herunter. – Wir werden anfangs nur in der Lage sein, uns Episoden vom Tagesleben auf diese Weise rückwärts vorzustellen. Aber wir werden uns allmählich eine Art Technik aneignen, durch die wir in der Tat wie in einem rückwärts gewendeten Tableau am Abend oder am nächsten Morgen in der Lage sind, das Tagesgeschehen oder das vorherige Tagesleben vor unserer Seele in Bildern nach rückwärts vorüberziehen zu lassen. Wenn wir in der Lage sind – und darauf kommt es an –, mit unserem Denken ganz loszukommen von der Art, wie die Wirklichkeit verläuft, dreidimensional, dann werden wir sehen, wie eine ganz ungeheure Verstärkung unseres Willens eintritt. Wir werden das auch erreichen, wenn wir in die Lage kommen, eine Melodie umgekehrt zu empfinden, oder wenn wir uns ein Drama von 5 Akten vorstellen, rückwärts verlaufend vom fünften, vierten Akt und so weiter bis zum ersten. Durch alle diese Mittel stärken wir den Willen, indem wir ihn innerlich erkraften und äußerlich losreißen von seinem sinnlichen Gebundensein an die Ereignisse. Dazu können solche Übungen treten: Wir nehmen uns fest vor und wenden eisernen Willen an, um in ein paar Jahren in (irgendeiner) Richtung eine andere Gewohnheit angenommen zu haben. Dadurch bringen wir es allmählich dahin, nun nicht nur die geistige Welt als Inspiration in uns hereinzubekommen, sondern wirklich mit unserem, vom Leibe frei gewordenen Geiste in die anderen geistigen Wesen, die außer uns sind, unterzutauchen. Denn wirkliches geistiges Erkennen ist ein Untertauchen in Wesenheiten, die ja geistig um uns herum sind, wenn wir physische Dinge anschauen. Wenn wir Geistiges erkennen wollen, müssen wir erstens aus uns heraus, dann aber müssen wir uns auch die Fähigkeit aneignen, uns wiederum in die Dinge, nämlich in die geistigen Dinge und Wesenheiten hineinzuversenken. [1]

Durch dieses Zurück-Vorstellen macht man neben manchem anderen allmählich die Geisteskräfte fähig, in eine der physischen Welt gegenüber verkehrte Welt hineinzukommen. Das ist die geistige Welt. Sie ist gegenüber der physischen Welt verkehrt in vieler Beziehung. Die Menschen sind darauf angewiesen, wenn sie nicht ganz vertrocknen wollen in der Kultur, wenn sie sich in eine spirituelle Anschauungsweise hineinfinden wollen, sie werden gezwungen sein, eine verkehrte Welt vorzustellen. Denn das geistige Bewußtsein beginnt erst da, wo wirklich der Lebensprozeß oder der Sinnesprozeß sich umkehrt, wo der Prozeß rückwärts verläuft. Es werden sich die Menschen also gegen die Zukunft hin dazu bequemen müssen, rückwärts vorzustellen. Daß wir die physische Welt vorstellen können, rührt von der Richtung unseres Vorstellens her. [2]

Indem der Esoteriker bei der abendlichen Rückschau von rückwärts nach vorn seinen Tag in Bildern an sich vorüberziehen läßt, schafft er geistige Bilder, die er als Extrakt mit in die geistigen Welten hinübernimmt. Von rückwärts nach vorn muß dies geschehen, weil in den geistigen Welten alles so geschieht und man sich dadurch einen Übergang in dieselben schafft, so daß sie leichter in uns einfließen können, wir leichter in sie eingehen. Durch das gewöhnliche Vorwärtsdenken, das wir in die geistigen Welten übertragen, stemmen wir uns gegen dieselben, schieben sie fort von uns und hemmen uns dadurch selber und die Entwicklung. [3]

Durch dieses Rückwärtsdenken, Andersdenken, als der Tatsachenverlauf in der Natur ist, reißt man den Willen los von dem physischen und ätherischen Organismus, und dadurch verbindet man den Willen, der sonst nur ein Abglanz des astralischen Organismus ist, mit diesem astralischen Organismus. Und da der astralische Organismus durch die anderen Meditationen herausgeht aus dem physischen und ätherischen Organismus, so nimmt man den Willen mit hinaus aus dem physischen Organismus in die spirituelle Welt draußen. Indem man so den Willen aus dem eigenen Organismus im astralischen Leibe heraustreibt, nimmt man auch das, was der eigentliche Geistmensch oder das Ich ist, so mit hinaus aus dem physischen und ätherischen Organismus, daß man nun mit dem Ich und mit dem astralischen Organismus in der spirituellen Welt mit den spirituellen Wesenheiten zusammenleben kann; mit all den Wesenheiten, die sich zuerst geoffenbart haben in der Imagination und in der Inspiration. Man gelangt vollbewußt in diejenige Welt hinein, die von den alten Religionslehrern als die göttliche Welt den Menschen mitgeteilt worden ist. [4] Das, was der Mensch im gewöhnlichen Bewußtsein sein Ich nennt, ist nur ein schwacher Abglanz seines wahren Ich. Das wahre Ich wurzelt in der eben charakterisierten geistig-göttlichen Welt. Im gewöhnlichen Bewußtsein wird dieses Ich dadurch wahrgenommen, daß das Zirkulationssystem des Menschen durchzogen wird von den Stoffwechsel-vorgängen. [5]

Wenn die Leute beim Rückwärtsdenken nicht so viel einschlafen würden, dann würden sie nämlich wissen: Wenn ich anfange rückwärts zu denken, müßte ich ankommen bei der geistigen Welt. – Aber gerade in dem Moment, wo das Schauen beginnt, schläft man ein. Da schlafen die Leute ein, weil ihnen die Anstrengung zu groß ist. Also muß man den ganzen guten Willen und die ganze Kraft haben, nicht einzuschlafen. Dazu muß man Geduld haben. Das dauert sogar oft jahrelang. [6]

Eine der elementarsten Übungen, die auch gerade für den Lehrer besonders wichtig ist, und die Rudolf Steiner empfiehlt für jeden, der sich ernsthaft um Anthroposophie bemühen will, ist die «Rücksschau», das Rückwärts-Anschauen der täglichen Erlebnisse am Ende des Tages. Alles Wesentliche, was man als Übender beachten muß: sich selbst als sich im Raum Bewegenden und Handelnden wie von außen zu betrachten und alles Geschehen im rückwärtigen Zeitenablauf anzuschauen. Nach längerer Übung werde man immer geschickter und gewandter in solcher Rückschau, so daß man sie in einer kurzen Spanne Zeit vollständig werde gestalten können. Nimmt man andere Äußerungen von Rudolf Steiner zu diesem Thema zu Hilfe, so findet man vor allen Dingen den Hinweis, man möge mit ganz kleinen Handlungen und Bewegungen anfangen; z. B. solle man sich dabei betrachten, wie man durch eine Tür, diese öffnend und nach dem Durchschreiten wieder schließend, gegangen sei. Oder man solle sich sehen, wie man wenige Stufen hinauf- oder hinabgestiegen sei, und dabei das Tun im Rückwärtsverlauf ganz lebhaft beobachten. Ferner hatte ich den Hinweis Rudolf Steiners gefunden, daß man «nach und nach wirklich in drei, vier Minuten den ganzen Tagesverlauf rückwärtsgehend vorstellen kann.» [7]

Die eigenen Erfahrungen aber waren leider ganz anders: Entweder übte man verzweiflungsvoll eine halbe oder gar eine ganze Stunde und konnte doch in keiner Weise damit zufrieden sein, oder, was noch erschreckender war, man war plötzlich im Üben eingeschlafen. Beides war mir oft genug passiert. Da ergab es sich, daß ich in einem Gespräch mit Rudolf Steiner ihn u. a. auch darüber selbst um Rat fragen konnte. Als erstes kam von unserem Lehrer die Warnung, man solle auf keinen Fall diese Übungen zeitlich zu lange ausdehnen. Das sei nicht gut. Er machte dann darauf aufmerksam, wie anders das Erleben sei, wenn man sich auf einen Stuhl hinsetzt oder wenn man aufsteht. Dabei nahm er ein Buch vom Tisch und legte es auf einen Stapel anderer Bücher. Ich glaube, daß Rudolf Steiner mich dadurch nicht nur zur bildhaften Erfassung solcher Handlungen, die er als erste Voraussetzung ansah, anregen, sondern auch auf die in diesen Handlungen waltenden Willensimpulse aufmerksam machen wollte. Er sprach davon, daß dieser aus dem zeitlichen Ablauf entbundene Wille es sei, der einem gerade zum Gelingen der Rüdschau dienen werde. Deshalb riet er, mit einem kleinen Geschehen anzufangen, etwa dem Sichsetzen auf den Stuhl, womit man seine Tagesrückschau beginnt. Beim möglichst exakten Rückerleben dieses kleinen Vorgangs – immer sollte ich dabei versuchen, mich deutlich von außen anzuschauen – werde ich die Kraft finden, in schneller Folge einen bildhaften Rückblick über den Abend und vielleicht noch einen Teil des Nachmittags zu schaffen. Beim Erlahmen im Rückwärtsvorstellen sollte ich mir dann wieder eine so bis ins Einzelne gehende kleine Handlung vornehmen und sie, gegen den Zeitenstrom verlaufend, bildhaft verfolgen. Wieder würde sich zurückeilend ein Teil des Tageslaufes anschließen können, indem die Fülle der Begegnungen mit Menschen und Dingen neben den eigenen Handlungen in lebhaften Bildern und rückläufig vor dem Seelen-Auge vorüberziehe. Ferner gab Dr. Steiner mir den Rat, in der ersten Zeit in den Tageslauf selbst, soweit dazu die Zeit reiche, einige solche übenden Beobachtungen einzufügen, die dann als Stütze oder gleichsam als neu impulsierende Punkte für die Rückschau im Tagesablauf vorhanden seien. Dann leitete er mich an, zunächst etwas wie das Hinsetzen und Aufstehen zu tun. Dabei half er mir, jede Einzelheit im Betätigen des eigenen Körpers und im Wahrnehmen im Raum genau zu beobachten. Er machte mich z. B. auf das veränderte Blickfeld, die sich wandelnde Perspektive beim Aufstehen und Hinsetzen aufmerksam. Aber auch auf das deutete er hin, was an Muskeltätigkeit in Streckung und Beugung anders sei im Aufstehen als im Hinsetzen. Von solchen wirklich genau ins Auge gefaßten, zunächst sogar im übenden Beobachten vollzogenen kleinen Taten solle man ausgehen, nicht aber von etwas, was man doch zu einem großen Teil auch im Wachleben verträumt oder gar verschlafen habe. Auch auf die Schwerkraft machte er aufmerksam, die man beim Aufstehen aktiv überwinden müsse, die aber beim Sich-Setzen eine ganz andere Rolle spiele. Schließlich meinte Rudolf Steiner lächelnd: «Nun – bei einigem Üben werden Sie schon sehen, daß Sie bis zum Morgen durchkommen werden.» [8]

Man lernt durch dieses In-die-Hand-Nehmen den Willen in seiner Wirksamkeit kennen; denn man lernt erkennen, was für Widerstände diesem Willen entgegenstehen, wenn man ihn nun in Selbstzucht kultivieren will. Man lernt auf diese Weise allerlei kennen, man verstärkt vor allen Dingen die eigenen Kräfte des Geistig-Seelischen, und man wird sehr bald bemerken, wenn man solche Übungen in Selbstzucht ausübt – aber man muß sie jahrelang ausüben –, daß einem dann innere Kräfte zuwachsen. Und dann wird das, was ich geschildert habe als Imagination, als Bildvorstellungen, durchtränkt von dem, was man nennen kann die objektive Kraft der sittlichen Impulse; es wird durchtränkt von der sittlichen Inspiration. Wir erkennen jetzt, daß dasjenige was in uns als sittliche Imperative, als sittliche Ideale aufquillt, nicht bloß in uns wurzelt, daß es im Weltenganzen wurzelt. Wir lernen erkennen, daß da objektive Kräfte der Welt sind. [9]

Wenn man in dieser Weise seine Willensentwickelung in die eigene Hand nimmt, so daß man in der Tat dasjenige, was sonst die Welt aus einem als Mensch macht, zum Teil selbst aus sich macht, dann nehmen die lebendigen Gedanken, in die man sich durch die Meditation und Konzentration hineingefunden hat, für unser Erleben etwas ganz Besonderes an. Sie werden nämlich immer mehr und mehr zu schmerzhaften Erlebnissen, zu inneren Leiderlebnissen des Seelischen. Und niemand kann im Grunde genommen zu höheren Erkenntnissen kommen, der nicht diese Leid- und Schmerzerlebnisse durchgemacht hat. Diese müssen durchgemacht und dann überwunden werden, so daß man sie sich gewissermaßen einverleibt und über sie hinauskommt, zu ihnen wiederum eine neutrale Stimmung gewinnt. [10]

Wenn es durch irgendein Wunder geschehen könnte, daß viele Menschen dazu gezwungen würden, nur so ihre Worte zu prägen, wie es genau den Tatsachen entspricht, dann würde ein weitverbreitetes Verstummen entstehen. Denn das meiste, was heute geredet wird, entspricht eben nicht den konstatierten Tatsachen, sondern wird aus allerlei Meinungen, aus allerlei Leidenschaften heraus gesprochen. Nun ist aber die Sache so, daß alles, was wir zu den äußeren Sinnesbedingungen hinzutun, und was nicht dem reinen bloßen Tatsachenverlauf entspricht – wenn wir es in Vorstellungen wiedergeben –, in uns die Fähigkeit der höheren Erkenntnis auslöscht. Das Elementarste zum Aufsteigen in die höheren Welten ist dieses: daß man sich zuerst den reinen Tatsachensinn für die sinnliche Welt aneignet. Dadurch erst kommt man zu der Wahrhaftigkeit. [11]

Wenn Sie einen äußeren Eindruck haben, wenn Sie ein Bild neuerdings sehen, das Sie schon gesehen haben –, so wird dadurch die Spiegelung bewirkt in bezug auf die alte Seelenvorstellung, die früher unbewußt war; die wird dadurch von der anderen Seite so in ihrer Strahlung zurückgehalten, daß sie in den inneren Seelenspiegel hereinfällt. Wenn aber kein neuer Eindruck, keine Wiederholung irgendeines alten Eindruckes geschieht, so muß das Ich selbst herbeiziehen, was als Spiegelung auftreten soll; da muß es von der anderen Seite wirken und Ersatz schaffen für das, was sonst der äußere Eindruck bewirkt hat. Was ist denn aber dieses Ich zunächst, wie es sich im physischen menschlichen Leben auslebt? Es ist die innere Erfüllung des Ätherleibes. Also es muß innerlich dieser Ätherleib, damit es sich an seinen Innenwänden spiegeln kann, zum Spiegeln gebracht (werden). Das kann nur dadurch geschehen, daß der Ätherleib wirklich abgeschlossen wird. Für die äußeren Sinneseindrücke wird er abgeschlossen, indem Sie im physischen Leibe sind, denn dadurch sind Sie mit Augen, Ohren und so weiter umgeben, und was innerhalb des Ätherleibes lebt, kann dadurch zurückgeworfen werden. Für das aber, dessen Sie sich frei erinnern sollen, müssen Sie eine andere Kraft haben, denn wenn der Ätherleib spiegeln soll, muß er einen Spiegelbelag haben. Diesen Spiegelbelag geben für die neuen Eindrücke die Sinnesorgane, das heißt der physische Leib. Wenn aber der physische Leib nicht wirkt, wie das bei einer freien Erinnerung ist, wenn wir keine neuen Eindrücke zur Auffrischung haben, so muß der Belag von der anderen Seite her genommen werden. Das kann nur dadurch geschehen, daß wir das, was entgegenschlägt dem Ich, wir könnten sagen seitlich entgegenschlägt dem Ich, als eine Hauptkraft verwenden, indem wir das Begehren heranziehen, den uns entgegenkommenden Strom hereinschieben und ihn zum Spiegelbelag machen. Das heißt, nur durch eine entsprechende Stärkung unseres Astralleibes können wir bewirken, daß wir die Strebenskräfte, die Begehrungskräfte entwickeln können, die uns fähig machen, eine Vorstellung, die sich weigert zur Spiegelung zu kommen, in die Erinnerung heraufzurufen. Nur dadurch, daß wir unser Ich, wie es sich in der physischen Welt auslebt, stärker machen, sind wir allein imstande, diesen Strom, der sonst nicht von uns ergriffen wird, der von der Zukunft kommt, tatsächlich hereinzuziehen und ihn zum Spiegelbelag zu machen. Also nur durch eine Stärkung unseres Ich, nur durch den Umstand, daß wir das Ich zum Meister des Astralleibes, des Stromes aus der Zukunft machen, können wir das Ich zur Erinnerungsfähigkeit bringen von Vorstellungen, die sich nicht spiegeln wollen, die sich weigern, sich uns zu ergeben. Um das zu verdeutlichen, will ich ein Beispiel nehmen aus der Lebenspraxis, um zu zeigen, wodurch es geschehen kann, daß Sie tatsächlich eine Stärkung Ihres Ich herbeiführen. Gewöhnlich erleben Sie die Lebensereignisse so, daß Sie einfach dem fortlaufenden Strom des Erlebens folgen. Nehmen wir aber an, Sie betreiben es systematisch, den umgekehrten Strom sich anzueignen. Sie gewöhnen sich daran, Dinge, die Sie sonst nur in der einen Richtung verfolgen, auch umgekehrt zu verfolgen. Zum Beispiel, Sie nehmen sich vor, einige Ereignisse des Tages in umgekehrter Reihenfolge zu erinnern. Wenn Sie so das Tagesleben rückwärts betrachten, dann folgen Sie nicht dem gewöhnlichen Ich-Strom, der dadurch zustande kommt, daß das Ich im Ätherleibe lebt, sondern Sie folgen dann dem entgegengesetzten Strom, dem Strom des Astralleibes. Und die Folge ist, daß Sie Ihrem Ich dadurch eine Kraftzufuhr bereiten aus dem astralischen Strom heraus. Dann tritt in der Tat eine Erinnerungsfähigkeit ein in ganz gewaltigem Maße. [12] Wir sind also gar nicht überrascht, wenn wir hören, daß die Ich-Vorstellung während des Schlafzustandes auch in die Unbewußtheit hinuntergehen muß, denn der Ätherleib ist der fortlaufende Strom der Zeit; er enthält die Vorstellungen, die erst von der anderen Seite beleuchtet werden müssen, das heißt vom Astralleib. Dann kann das, was im Ätherleib sozusagen vorwärtsschwimmt, beleuchtet werden vom Seelenleben. [13]

Zitate:

[1]  GA 305, Seite 89ff   (Ausgabe 1979, 264 Seiten)
[2]  GA 170, Seite 132f   (Ausgabe 1964, 276 Seiten)
[3]  GA 266/1, Seite 476   (Ausgabe 1995, 622 Seiten)
[4]  GA 215, Seite 36f   (Ausgabe 1980, 188 Seiten)
[5]  GA 215, Seite 38   (Ausgabe 1980, 188 Seiten)
[6]  GA 350, Seite 155   (Ausgabe 1962, 314 Seiten)
[7]  Mü, Seite 80f   (Ausgabe 1976, 0 Seiten)
[8]  Mü, Seite 81uf   (Ausgabe 1976, 0 Seiten)
[9]  GA 334, Seite 64f   (Ausgabe 1983, 312 Seiten)
[10]  GA 83, Seite 41f   (Ausgabe 1981, 388 Seiten)
[11]  GA 220, Seite 121   (Ausgabe 1966, 214 Seiten)
[12]  GA 115, Seite 200ff   (Ausgabe 1965, 318 Seiten)
[13]  GA 115, Seite 204   (Ausgabe 1965, 318 Seiten)

Quellen:

GA 83:  Westliche und östliche Weltgegensätzlichkeit. Wege zu ihrer Verständigung durch Anthroposophie (1922)
GA 115:  Anthroposophie – Psychosophie – Pneumatosophie (1909/1911)
GA 170:  Das Rätsel des Menschen. Die geistigen Hintergründe der menschlichen Geschichte (1916)
GA 215:  Die Philosophie, Kosmologie und Religion in der Anthroposophie (1922)
GA 220:  Lebendiges Naturerkennen. Intellektueller Sündenfall und spirituelle Sündenerhebung (1923)
GA 266/1:  Aus den Inhalten der esoterischen Stunden. Band I (1904-1909)
GA 305:  Die geistig-seelischen Grundkräfte der Erziehungskunst. Spirituelle Werte in Erziehung und sozialem Leben (1922)
GA 334:  Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus (1919)
GA 350:  Rhythmen im Kosmos und im Menschenwesen. Wie kommt man zum Schauen der geistigen Welt? (1923)
Mü:  Heinz Müller: Spuren auf dem Weg (1976)