Karmische Reihen
► Elias

Der Prophet Elias war es, der mit einer besonderen Intensität und Kraft darauf hingewiesen hat, daß das, was die Menschheit ein Göttliches nennen kann, eigentlich nur zu erblicken ist in seiner ureigenen Gestalt – und zwar im tiefsten Inneren, dem Ich des Menschen. So daß wir das große Prophetenwort des Elias so charakterisieren können: Von ihm ist die Erkenntnis ausgegangen, daß alles, was uns von der Außenwelt gelehrt werden kann, nur ein Gleichnis ist, und daß die Erkenntnis über die eigentliche Natur des Menschen nur aufgehen kann im eigenen Ich. – Nur ist Elias nicht dazu gekommen, die Kraft und die Bedeutung des einzelnen Ich zu erkennen, sondern er stellte gleichsam ein außer dem Menschen stehendes göttliches Ich auf. Daß es im menschlichen Ich aufersteht und seine volle Kraft entfaltet, das ist die Eroberung dann des Christentums. So erscheint die Wirksamkeit des Elias als etwas wie eine Heroldschaft für das Christentum. Dieselbe Wesenheit, die in dem Propheten Elias dagestanden hat lebte in Johannes dem Täufer wieder auf. «Ändert die Seelenverfassung», so ungefähr waren die Worte des Täufers, «schauet nicht mehr in die Zeiten rückwärts, wo man das Göttliche nur am Ausgangspunkte der Menschheitsentwickelung gesucht hat, schauet in die eigene Seele und in das, was am tiefsten in ihr ist, dann werdet ihr erkennen, daß die Reiche der Himmel nahe herbeigekommen sind». Wir sehen eine Art Heroldschaft des Christentums verändert gegenüber dem Elias durch den Lauf der Zeit. Wir gehen weiter. Wir haben dann die Möglichkeit, jene merkwürdige Persönlichkeit zu charakterisieren, die zwischen dem Jahre 1483 und 1520 gelebt hat, die am Karfreitag des Jahres 1483 geboren ist und gleichsam dadurch sich hineinstellt lebendig – um schon durch ihre Geburt das anzukündigen – in das Mysterium von Golgatha. Wir lernen also kennen die Gestalt des großen Malers Raffael. [1] Aus dem, was Raffael nicht gemalt hat, gewinnen wir ein gewisses Verständnis dafür, wie es ihm ferner lag, dasjenige zu malen, was sich erst als Ereignis auf der Erde zugetragen – nicht auf die spirituelle Welt bezieht sich das –, nachdem er in seinem vorhergehenden Leben enthauptet worden war. Wenn man diese Bilder anschaut, so hat man an allem, was aus der Zeit nach der Enthauptung des Johannes stammt, die Empfindung, daß es nicht so, wie es bei den anderen Bildern der Fall ist, aus der früheren Erinnerung hervorgegangen ist. Die okkulte Forschung zeigt uns: es ist dieselbe Individualität, die in Elias, in Johannes dem Täufer, in Raffael gewirkt hat, die in Novalis wiedererscheint. [2]

Zitate:

[1]  GA 133, Seite 86f   (Ausgabe 1964, 175 Seiten)
[2]  GA 133, Seite 92f   (Ausgabe 1964, 175 Seiten)

Quellen:

GA 133:  Der irdische und der kosmische Mensch (1911/1912)