Demokratie – deren Problematik

Heute nimmt man Begriffe für Wirklichkeiten. Dadurch aber ist es möglich, daß die Illusion sich an die Stelle der Wirklichkeit setzt, wenn es sich ums Menschenleben handelt: indem man die Menschen einlullt und einschläfert durch Begriffe. Dann glauben sie, in ihrem Streben gehe es dahin, daß jeder Mensch seinen Willen zum Ausdruck bringen könne durch die verschiedenen Einrichtungen der Demokratie, und merken nicht, daß diese Strukturen der Demokratie so sind, daß immer ein paar Menschen an den Drähten ziehen, die anderen aber werden gezogen. Und um so besser können diese einzelnen ziehen, wenn die anderen alle glauben, sie ziehen selbst, sie werden nicht gezogen. Und wenn einmal einer aufwacht, so wird er eben nicht berücksichtigt.

Interessant ist es, wie 1910 einer (Francis Delaisi) den schönen Satz geschrieben hat: daß es dem Großkapitalismus gelungen ist, aus der Demokratie das wunderbarste, wirksamste, biegsamste Werkzeug zur Ausbeutung der Gesamtheit zu machen. Da hat einmal einer, der aufgewacht ist, gesehen, wie es nicht darauf ankommt, von Demokratie zu deklamieren, sondern wie es darauf ankommt, die Wirklichkeit zu durchschauen. Heute (1917) wäre dies ganz besonders notwendig, denn man würde sehen, von wie wenigen Zentren aus die Ereignisse heute eigentlich gelenkt und geleitet werden, die so furchtbar, so blutig über die ganze Menschheit hin walten (Weltkrieg). [1]

Zitate:

[1]  GA 177, Seite 247   (Ausgabe 1977, 262 Seiten)

Quellen:

GA 177:  Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis (1917)