Meister der Weisheit und des Zusammenklanges der Empfindungen

In der Atlantis, in diesem Kontinent zwischen Amerika und Europa haben wir auch die Pflanzschule der alten Adepten zu suchen, wo diejenigen sich aufhielten, welche geeignet waren, Schüler der großen Individualitäten zu werden, die wir die Meister der Weisheit und des Zusammenklanges der Empfindungen nennen. [1] Es war eine Wahrheit, wenn die alten Ägypter den Griechen, die sie fragten, wer ihre Lehrer seien, antworteten, daß sie, die alten Ägypter, von den Göttern belehrt worden seien. Das war so gemeint, daß die hellsichtigen Menschen inspiriert wurden von den nicht auf die Erde herabsteigenden Lehrern, die im Ätherraum erschienen und sie belehrten. Dann waren sie in der Lage, innerhalb der Mysterien den Lehrer zu sehen, der nicht mit physischen Augen gesehen werden kann, der nur dem inspirierten Bewußtsein sichtbar werden konnte. Die physischen Vorsteher der Mysterien, die mit physischen Augen gesehen werden konnten, das waren nicht die Wichtigen. Dionysos war der wahre Lehrer der Mysten der Dionysischen Mysterien, und von ihm konnte man jetzt Dinge wahrnehmen, die nicht bloß als Spiegelbilder geschaut werden im gewöhnlichen Bewußtsein, sondern die unmittelbar heraussprudelten aus der inneren Wesenheit des Dionysos. Weil aber der Dionysos in uns selber ist, so sah der Mensch sein eigenes Selbst in dem Dionysos und lernte sich erkennen. Diesen großen Lehrer, der noch nicht sichtbar war, wenn der Schüler in die Mysterien eintrat, schauten die Mysten als ihre eigene Wesenheit. [2] (In Pompeji in der Villa de Mysterii wird auf einem Wandbild das gezeigt). Es ist in einer gewissen Beziehung auch heute noch so. Wenn da draußen in der Welt in ihrem Menschengewand die heutigen Führer der Menschheit herumgehen, dann werden sie in der äußeren exoterischen Welt nicht erkannt. Und reden wir auf dem Boden der Geisteswissenschaft von den Meistern der Weisheit und des Zusammenklanges der Empfindungen, dann würden sich die Menschen oftmals wundern, in welcher einfachen, schlichten Menschlichkeit durch alle Länder diese Meister der Weisheit und des Zusammenklanges der Empfindungen kommen. Sie sind vorhanden auf dem physischen Plan. Die wichtigsten Lehren aber erteilen sie nicht auf dem physischen Plan, sondern ganz nach dem Muster des alten Dionysos erteilen sie sie auf dem Geistplan. Und derjenige, der sie hören will, um Lehren von ihnen zu empfangen, der muß nicht nur den Zugang zu ihnen haben als zu ihrem physischen, fleischlichen Leibe, sondern als zu ihrer Geistgestalt. Das ist in gewisser Beziehung heute noch immer der alten Dionysischen Mystik ähnlich. [3]

Gerade wie heute der Mensch, der in den Mysterien steht, nicht hoffen darf, dieselbe Gestalt, die er in der geistigen Welt in hoher Schönheit vor sich sieht, in ebensolcher Schönheit auf dem physischen Plan zu sehen, wie er sich klar sein muß, daß die physische Verkörperung der Geistgestalt, die ihm in den Mysterien entgegentritt, vielfach eine Maya, eine Illusion ist und die here Schönheit der Geistgestalt verhüllt, dadurch, daß sie in der physischen Welt in gewisser Weise häßlich ist. So war es auch in bezug auf Dionysos. [4]

Mir ist einer derjenigen, die wir nennen die Meister der Weisheit und des Zusammenklanges der Empfindungen, bekannt, der sagte: Ich nehme das Vaterunser nur einmal im Monat als Meditation; die übrige Zeit versuche ich, mich reif und würdig zu machen, auch nur in einen Satz dieser wunderbaren Meditation mich vertiefen zu dürfen. So muß man sich geistig einer Meditation gegenüber-stellen, daß man sich würdig machen will, sie verwenden zu dürfen. [5]

Durch die Vorbereitung der Menschen im 16. Jahrhundert durch Gabriel, ein neues Organ im Vorderhirn zu entwickeln, ist es möglich geworden, daß im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, nachdem Gabriel die Regierung wieder an Michael abgetreten hat, das, was wir die Theosophie nennen, einfließen konnte von den großen Meistern der Weisheit und des Zusammenklanges der Empfindungen, um der Menschheit die Bedeutung des Mysteriums von Golgatha in ihrer ganzen Wirkung allmählich nahe zu bringen. Wenn der Mensch jetzt die Todespforte durchschreitet, so kann er – jeder Einzelne – seinen großen Meister finden, der schon von jedem im Physischen lebenden Menschen sich finden läßt. [6] Dasjenige, was wir als «Meister» bezeichnen, ist die göttliche Stimme, die in uns spricht. Sie spricht immer, aber wir lassen sie nicht immer heraus. Der Liebesgedanke ist (als Gedankenform) offen, da kann die Stimme des Meisters hindurchtönen. Aber die geschlossene Gedankenform des Hasses läßt die göttliche Gedankenform keinen Ausweg finden, so daß sie ungehört bleiben muß. [7]

Zitate:

[1]  GA 97, Seite 126   (Ausgabe 1981, 340 Seiten)
[2]  GA 129, Seite 151   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[3]  GA 129, Seite 152f   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[4]  GA 129, Seite 154   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[5]  GA 266/2, Seite 26   (Ausgabe 0, 0 Seiten)
[6]  GA 264, Seite 226   (Ausgabe 1984, 476 Seiten)
[7]  GA 95, Seite 153   (Ausgabe 1978, 164 Seiten)

Quellen:

GA 95:  Vor dem Tore der Theosophie (1906)
GA 97:  Das christliche Mysterium (1906/1907)
GA 129:  Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen (1911)
GA 264:  Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914. Briefe, Rundbriefe, Dokumente und Vorträge (1904-1914)
GA 266/2:  Aus den Inhalten der esoterischen Stunden. Band II (1910-1912)