Maschine

Bei der Maschine ist alles Wechselwirkung der Teile (im Gegensatz zum Organismus). Es existiert nichts Wirkliches in der Maschine selbst außer dieser Wechselwirkung. Das einheitliche Prinzip, welches das Zusammenwirken jener Teile beherrscht, fehlt im Objekte selbst und liegt außerhalb desselben in dem Kopfe des Konstrukteurs als Plan. [1] Wir sind im Grunde genommen immer in dieses maschinelle Leben der Zeit hineinversetzt. Unsere Seele im schlafenden Zustande geht auf in alles, was Mechanismen sind. Was tun wir, indem wir das, was wir der Natur entnehmen, mechanisch zusammenfügen in unserem Leben zu Maschinen und Geräten? Da fügen wir nicht nur die Teile der Materie zusammen. Sondern dadurch, daß wir Teile der Materie zusammenfügen, geben wir jedesmal Gelegenheit, daß ein ahrimanisch-dämonischer Diener sich mit der Maschine vereinigt. Bei jeder Maschine, bei jedem Mechanismus, bei allem, was in dieser Beziehung zum heutigen Kulturleben gehört, vollziehen wir das, daß wir dämonischen Elementargeistern, den ahrimanischen Naturen angehörenden Dienern einen Ansatzpunkt geben. Und indem wir in dieser Umgebung der Maschinen leben, leben wir dann zusammen mit diesen dämonisch-ahrimanischen Elementargeistern. Wir durchdringen uns mit ihnen. [2]

Die Maschine unterscheidet sich von allem übrigen, mit dem der Mensch zu tun haben kann in seinem äußeren Leben. Betrachten Sie das Tier. Sie werden, indem Sie Ihre wissenschaftlichen oder sonstigen Erkenntnisgedanken auf das Tier anwenden, noch so viel über das Tier erforschen können, es bleibt immer etwas, ich möchte sagen, Göttlich-Tiefes im Tiere; Sie schöpfen es nicht aus, Sie kommen nicht dahinter. Hinter das, was Sie über das Tier denken, stellt sich immer etwas, was Ihnen unbekannt bleibt. Bei der Pflanze ist es nicht weniger. Und nehmen Sie selbst den Kristall, nehmen Sie die wunderbaren Formen der Kristallwelt, Sie werden sich sagen müssen: Gewiß, man kann das Äußerste begreifen in der Kristallwelt, in ihren Formen und so weiter, wenn man auf diese Sache hin geschult ist, aber es bleibt doch hinlänglich vieles von dem, was der Mensch verehren kann als dasjenige, zu dem er nicht mit dem unmittelbaren, unhellseherischen Verstande dringt. Nehmen Sie die Maschine, sie ist durch und durch durchsichtig. Das macht den Verkehr mit der Maschine so verheerend für den Menschen, daß die Maschine geistig-seelisch so durchsichtig ist; daß alles, was an Kräften und Kräftezusammenhängen in der Maschine ist, so wasserklar daliegt vor den menschlichen Sinnen und dem menschlichen Verstande. Das ist das, was Herz und Seele der Menschen aussaugt, was den Menschen trocken macht, was den Menschen unmenschlich macht. [3]

So sonderbar es dem heutigen Menschen erscheinen mag, daß diese Entdeckung gemacht wird, der Mensch wird die Entdeckung machen, daß bei all dem Maschinellen, das er dem Wirtschaftsleben einverleibt, die Geister wieder wirken werden, die er früher in der Natur wahrgenommen hat. In seinen technischen Wirtschaftsmechanismen wird er wahrnehmen: er hat sie fabriziert, er hat sie gemacht, aber sie gewinnen ein eigenes Leben nach und nach, zunächst allerdings nur ein Leben, das er noch ableugnen kann, weil es sich im Wirtschaftlichen kundgibt. Aber er wird es immer mehr und mehr bemerken durch das, was er da selber schafft, wie das ein eigenes Leben gewinnt, wie er es, trotzdem er es aus dem Intellekt heraus geboren hat, mit dem Intellekt nicht mehr erfassen kann. Die Menschen werden entdecken, wie ihre Wirtschaftsobjekte durchaus die Träger von Dämonen werden. [4]

So wie der alte Mensch auf die Natur und die Naturerscheinungen hingesehen hat und in ihnen Dämonisches gesehen hat, so muß der neuere Mensch lernen bei dem, was er selber hervorbringt im Wirtschaftsleben, auf Dämonisches zu sehen. Vorläufig sind diese Dämonen, die die Leute nicht in die Maschinen abgeleitet haben, noch in die Menschen gefahren und machen sich als die zerstörenden in sozialen Revolutionen geltend. [5]

Daß die Maschine ganz durchsichtig bleibt, hat zur Folge, daß der menschliche Wille, der sich auf die Maschine richtet, sich in Wahrheit nicht auf eine Realität richtet, nicht auf eine Wirklichkeit richtet. Die Maschine ist im Grunde genommen eine Schimäre für die umfassende Weltwirklichkeit. Und der Industrialismus bringt in unser Leben etwas hinein, was den Willen des Menschen sinnlos macht in einem höheren Sinne. [6]

Zitate:

[1]  GA 1, Seite 73   (Ausgabe 1987, 350 Seiten)
[2]  GA 157, Seite 97f   (Ausgabe 1981, 320 Seiten)
[3]  GA 296, Seite 14f   (Ausgabe 1979, 122 Seiten)
[4]  GA 200, Seite 92   (Ausgabe 1970, 154 Seiten)
[5]  GA 200, Seite 93   (Ausgabe 1970, 154 Seiten)
[6]  GA 296, Seite 41f   (Ausgabe 1979, 122 Seiten)

Quellen:

GA 1:  Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften. Zugleich eine Grundlegung der Geisteswissenschaft (Anthroposophie) (1884-1897)
GA 157:  Menschenschicksale und Völkerschicksale (1914/1915)
GA 200:  Die neue Geistigkeit und das Christus-Erlebnis des zwanzigsten Jahrhunderts (1920)
GA 296:  Die Erziehungsfrage als soziale Frage. Die spirituellen, kulturgeschichtlichen und sozialen Hintergründe der Waldorfschul-Pädagogik (1919)