Maitreya Buddha

Dieser Nachfolger des Buddha lebt heute noch als Bodhisattva. Er wird erst zur Buddhawürde emporsteigen 3000 Jahre nach unserer jetzigen Gegenwart (1909). Das ist derjenige, der die orientalische Philosophie den Maitreya Buddha nennt. [1] Ein Bringer des Guten wird er sein, und zwar aus dem Grunde, weil er – und das können die sehen, die hellsichtig genug sind – es in strenger Selbsterziehung erlangt, jene Kräfte in äußerster Weise auszubilden, die magisch-moralische Kräfte hervorgehen lassen derart, daß er imstande sein wird, durch das Wort selbst Gemütsbewegung und Moral in die Seelen zu übertragen. Wir können auf dem physischen Plane noch keine Worte entwickeln, die dazu imstande wären. Auch der Maitreya Buddha könnte das heute nicht, solche magische Worte bilden. Heute kann durch das Wort nur der Gedanke übertragen werden. [2]

Wenn dieser Bodhisattva auf der Erde erscheinen und zum Maitreya Buddha werden wird, dann wird er auf der Erde vorfinden die Saat des Christus. Das werden jene Menschen sein, welche sagen werden: Nicht nur mein Kopf ist angefüllt mit der Weisheit des achtgliedrigen Pfades, ich habe nicht nur die Lehre, die Weisheit von der Liebe; sondern mein Herz ist voll von der lebendigen Substanz der Liebe, von dem, was überfließt und hinausstrahlt in die Welt. Mit solchen Menschen wird dann der Maitreya Buddha seine weitere Mission in der Fortentwickelung der Welt ausführen können. Diese lebendige Kraft der Liebe muß in der Zwischenzeit einströmen, damit der Maitreya Buddha nicht nur Menschen findet, die einsehen, was Liebe ist, sondern Menschen, die in sich die Kraft der Liebe haben. Dazu mußte der Christus auf die Erde herabsteigen. [3]

Derjenige, der 3000 Jahre nach unserer Zeit als Maitreya Buddha erscheinen wird, immer wieder als der Bodhisattva, als der Nachfolger des Gautama Buddha, verkörpert auf der Erde erscheint. Eine seiner Verkörperungen war die des hundert Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung lebenden Jeschua ben Pandira. Auch in unserem Zeitalter gehen von diesem, der einstmals der Maitreya Buddha werden wird, die bedeutendsten Lehren über die Christus-Wesenheit und über die Feuersöhne der Inder – die Agnishvattas – aus. Und der Maitreya Buddha selber, der mit großen, gewaltigen Worten, von denen heute noch keine Vorstellung gegeben werden kann, als umgewandelter Bodhisattva von den großen Geheimnissen des Daseins verkünden wird, er wird sprechen in einer Sprache, die erst geschaffen werden muß, denn heute könnte kein Mensch die Worte finden, mit denen einstmals der Maitreya Buddha zu den Menschen sprechen wird. Aus dem Grunde kann noch nicht so zu den Menschen gesprochen werden, weil es noch nicht das physische Werkzeug dazu gibt. Solche Worte können noch nicht von einem physischen Kehlkopf ausgesprochen werden. Sie können jetzt nur in den geistigen Welten da sein. [4] Das Besondere dieses Maitreya Buddha ist, daß er in gewisser Weise nachzuahmen haben wird, was in den Ereignissen von Golgatha geschehen ist. Die Bodhisattva-Inkarnationen, die jene des künftigen Maitreya Buddha sind, treten in unbekannten Menschen auf. Diese wirken als einzelne Menschen und durch ihre eigene Kraft. Es wird der Maitreya Buddha auch wirken durch die eigene Kraft und entgegen der Meinung der tonangebenden Menschen. Unbekannt bleibt er in seiner Jugend. Und wenn er im dreißigsten Jahr hinopfern wird seine Individualität, dann wird er so auftreten, daß in seinen Worten moralisch wirken wird, was er sagt. Fünftausend Jahre nachdem der Buddha unter dem Boddhibaume erleuchtet ward, wird auch sein Nachfolger zur Buddha-Würde aufsteigen und wird sein der Bringer des moralisch wirkenden Wortes. Jetzt sprechen wir: «Im Urbeginn war das Wort.» Dann werden wir sagen dürfen: In dem Maitreya Buddha ist uns der größte Lehrer gegeben, der da erschienen ist, um den Menschen das Christus-Ereignis in seinem vollen Umfang deutlich zu machen. – Das Eigentümliche an ihm wird sein, daß er, als der größte Lehrer, das erhabenste Wort bringen wird, das höchste Wort. [5]

Der Maitreya Buddha wird bis zum 30. Jahre kontinuierlich mit einer bestimmten Individualität leben, und dann tritt für ihn eine Auswechslung ein, wie wir sie bei dem Jesus von Nazareth während der Taufe im Jordan haben. Immer aber wird man den Maitreya Buddha daran erkennen, daß die Menschen, wenn er da ist, vor dieser Auswechslung der Individualität nichts wissen von ihm. Und dann tritt er plötzlich auf. Das ist das charakteristische Zeichen für alle Bodhisattvas, die Buddha werden, daß sie ein unbekanntes Leben führen. Die Menschen-Individualität wird in Zukunft immer mehr auf sich selbst gestellt werden müssen. Für ihn wird charakteristisch sein, daß er viele Jahre unerkannt durch die Welt gehen wird und dann erst dadurch zu erkennen sein wird, daß er selbst durch seine innere Kraft als ein einzelstehender Mensch wirkt. Durch Jahrtausende hindurch und auch durch neuzeitliche Okkultisten ist als Forderung erkannt worden, daß sein Wesen durch seine Jugend bis zur Geburt der Verstandesseele, ja bis zur Geburt der Bewußtseinsseele unbekannt bleibt und er durch niemand anders als durch sich selbst seine Geltung erhält. [6]

Er bereitet sich vor, indem er vor allen Dingen diese Eigenschaften, welche die guten genannt werden, in allerhöchstem Maße entwickelt. Der Bodhisattva entwickelt in höchstem Grade das, was man Ergebenheit, Gelassenheit dem Schicksal gegenüber, Aufmerksamkeit auf alle Vorgänge unserer Umgebung, Hingabe an alle Wesen und Einsicht nennen kann. Und obwohl viele Leben des künftigen Buddha nötig sind, so erschöpft er sich in seinen Verkörperungen hauptsächlich darin, aufzumerken auf das, was geschieht, wenn auch das, was er jetzt tut, kaum viel ist, weil er sich ganz und gar vorbereitet auf seine künftige Mission. Das wird dadurch erreicht, daß gerade für diesen Bodhisattva ein besonderes Gesetz besteht. Dieses Gesetz werden wir verstehen, wenn wir in Betracht ziehen, daß es die Möglichkeit gibt, daß in einem gewissen Lebensalter ein völliger Umschwung unseres Seelenlebens eintreten kann. Der größte solche Umschlag, der jemals stattfand, war ja bei der Johannestaufe. Da geschah es, daß das Ich des Jesus von Nazareth im 30. Jahre des Lebens das Fleisch verließ, und ein anderes Ich eintrat: das Ich des Christus, des Führers der Sonnenwesen. Einen ähnlichen Umschlag nachleben wird der künftige Maitreya Buddha. Aber in ganz anderer Weise lebt er in seinen Inkarnationen einen solchen Umschwung nach. Das Leben Christi lebt der Bodhisattva nach, und diejenigen, welche eingeweiht sind, wissen, daß er in jeder Inkarnation ganz besondere Eigentümlichkeiten zeigt. Man wird gerade in der Zeit vom 30. bis 33. Lebensjahre immer bemerken, daß ein gewaltiger Umschwung in seinem Leben eintritt. Da wird, wenn auch nicht in so gewaltiger Weise wie beim Christus, die Seele ausgetauscht: das Ich, welches bis dahin den Leib belebt hat, geht heraus in dieser Zeit, und der Bodhisattva wird im Grunde genommen ein ganz anderer als er bis dahin war, wenn auch bei ihm nicht, wie beim Christus Jesus, das Ich aufhört und durch ein anderes Ich ersetzt wird. Ganz verschieden ist immer die frühere Jugendzeit von dem, in das er sich umwandelt. So bereitet er sich vor zu einem großen Ereignis. Das wird so sein: Das alte Ich geht heraus, und ein anderes Ich tritt dann ein. Und das kann sein eine solche Individualität wie die des Moses, des Abraham, des Elias. Diese wird sich dann in diesem Leibe einige Zeit betätigen; dadurch kann geschehen , was geschehen muß, um den Maitreya Buddha vorzubereiten. Der Rest des Lebens verlebt er dann so, daß er mit diesem Ich, das da eintritt, fortlebt. [7]

So ist es auch in unserem Jahrhundert mit dem Bodhisattva. Es würde ein bloßer okkulter Dilettantismus sein, wenn man behaupten würde, daß dieser Maitreya schon in jungen Jahren als solcher erkennbar wäre. Zwischen dem 30. und dem 33. Jahre zeigt er sich erst durch seine eigene Kraft, ohne daß von andern auf ihn erst hingewiesen sein wird; durch eigene Kraft wird er überzeugen. Der Boddhisattva des 20. Jahrhunderts wird auch nicht appellieren an irgendwelche Vorverkündiger, die ihn als Maitreya Buddha proklamieren, sondern an die Kraft seines eigenen Wortes, und wird als Mensch allein in der Welt stehen. Der Bodhisattva erscheint in jedem Jahrhundert wiederum bis zu seinem Maitreya Buddha Dasein. [8]

Man wird allmählich anfangen, das Ätherische zu schauen, es ist dasjenige, was charakteristisch ist für die Pflanzen. Die Wachstumskraft des Pflanzenreichs wird der Mensch in sich aufnehmen, dann befreit er sich von den Kräften, die ihn jetzt daran hindern den Christus zu schauen. Geisteswissenschaft soll dazu mitarbeiten. Das ist aber unmöglich, solange die Menschen meinen, daß das Aufsteigen des Physischen zum Ätherischen nichts mit dem Innern des Menschen zu tun hat. Im Laboratorium ist es gleichgültig, ob man ein moralisch hochstehender oder tiefstehender Mensch ist. Nicht aber ist das der Fall, wenn man es mit Ätherkräften zu tun hat. Die moralische Veranlagung geht dann in das Produkt über. Diejenigen, die werden sagen können: «Nicht ich, sondern der Christus in mir», werden die Pflanzenkräfte kombinieren können, so wie man es jetzt mit den mineralischen Kräften versteht. Derjenige, der diese Wissenschaft im höchsten Maße besitzen wird, wird der Maitreya Buddha sein. «Maitreya» Buddha bedeutet «Buddha von der guten Gesinnung». Er ist derjenige, der den Menschen die Bedeutung einer guten Gesinnung klarmachen wird. [9] Mit Ablauf dieser 3000 Jahre wird in einer verständlichen Form für die menschliche Seele der zur Menschheit herabsteigende Maitreya Buddha, der dann die Christusnatur dem Menschen vermitteln wird. [10]

Zitate:

[1]  GA 117, Seite 110   (Ausgabe 1966, 227 Seiten)
[2]  GA 130, Seite 136   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[3]  GA 114, Seite 198f   (Ausgabe 1955, 225 Seiten)
[4]  GA 130, Seite 98f   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[5]  GA 130, Seite 40f   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[6]  GA 130, Seite 25   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[7]  GA 130, Seite 136f   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[8]  GA 130, Seite 54ff   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[9]  GA 118, Seite 90f   (Ausgabe 1977, 234 Seiten)
[10]  GA 129, Seite 50   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)

Quellen:

GA 114:  Das Lukas-Evangelium (1909)
GA 117:  Die tieferen Geheimnisse des Menschheitswerdens im Lichte der Evangelien (1909)
GA 118:  Das Ereignis der Christus-Erscheinung in der ätherischen Welt (1910)
GA 129:  Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen (1911)
GA 130:  Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit (1911/1912)