Leibniz, Gottfried Wilhelm

Es steht fest, daß Leibniz während seiner Promotion an der Universität Altdorf (Nürnberg) 1667 Mitglied eines rosenkreuzerischen Kreises war, dem auch der ehemalige Präsident des Geheimen Staatsrates des Kurfürsten von Mainz, Freiherr Johann Christian von Boyneburg, angehörte. Durch die Vermittlung Boyneburgs wurde Leibniz in diplomatische und juristische Dienste des Kurfürsten von Mainz berufen. [1]

In einem ganz anderen Sinne als Spinoza sucht Leibniz die Rechtfertigung des Ich-Bewußtseins im Dasein der Welt. Sein Ausgangspunkt gleicht dem des Giordano Bruno, insofern er die Seele oder das «Ich» als Monade denkt. Leibniz findet in der Seele das Selbstbewußtsein, das ist das Wissen der Seele von sich selbst, also die Offenbarung des Ich. Alle wirklichen Wesen sind in Leibniz’ Sinne Monaden. Und es gibt in Wahrheit nichts als Monaden. Nur haben diese verschiedenen Monaden verschieden intensives Innenleben. Es gibt Monaden mit ganz dumpfem Innenleben, die wie schlafend sind, solche, die wie träumend sind, dann die wachen Menschenmonaden bis hinauf zu dem höchst gesteigerten Innenleben der göttlichen Urmonade. Was die Sinne des Menschen sehen, ist wie ein Nebelbild, das durch die beieinander seienden Monaden gebildet wird. So ist für Leibniz die Welt in Wahrheit eine Summe von Monaden, die gar nicht aufeinander wirken, sondern unabhängig voneinander lebende selbstbewußte Wesen – Iche – sind. Wenn die einzelne Monade in ihrem Innenleben doch ein Abbild des allgemeinen Weltlebens hat, so rührt dies nicht davon her, daß die einzelnen Monaden aufeinander wirken, sondern davon, daß im gegebenen Falle die eine Monade das innerlich für sich erlebt, was auch eine andere Monade unabhängig von ihr erlebt. Die Innenleben der Monaden stimmen zusammen, wie Uhren dieselben Stunden zeigen, trotzdem sie nicht aufeinander wirken. Wie die Uhren zusammenstimmen, weil sie anfänglich aufeinander gestimmt sind, so sind die Monaden durch die von der göttlichen Urmonade ausgehende prästabilisierte Harmonie aufeinander gestimmt. Im Sinne des Leibniz ist das Sinnenleben des Menschen so bewirkt, daß die Seelenmonade in Verbindung mit anderen Monaden tritt, welche ein dumpferes, träumendes, schlafendes Selbstbewußtsein haben. Eine Summe solcher Monaden ist der Leib; mit ihm ist verbunden die eine wachende Seelenmonade. Im Tode trennt sich diese Zentralmonade von den anderen und führt für sich das Dasein weiter. [2]

Zitate:

[1]  GA 97, Seite 327   (Ausgabe 1981, 340 Seiten)
[2]  GA 18, Seite 115f   (Ausgabe 1955, 688 Seiten)

Quellen:

GA 18:  Die Rätsel der Philosophie. in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt (1914)
GA 97:  Das christliche Mysterium (1906/1907)