Karmische Reihen
► Marx und Engels

Es ergab sich mir aus ganz besonderen Verhältnissen heraus, daß sozusagen der Blick auf gewisse Ereignisse hingelenkt wurde, die, wir würden heute sagen, im Nordosten Frankreichs sich abspielten, aber sich abspielten auch im 8., 9. Jahrhundert, etwas später als die Zeit ist, von der ich jetzt gesprochen habe. Es spielten sich da besondere Ereignisse ab. Es war ja eine Zeit, in der noch nicht die großen Staatenbildungen da waren, in der deshalb dasjenige, was geschah, mehr innerhalb kleinerer Kreise der Menschheit geschah. Da hatte eine Persönlichkeit von energischem Charakter einen gewissen großen Besitz eben in dem Gebiet, das wir heute den Nordosten Frankreichs nennen würden. Dieser Mann verwaltete den Besitz in einer für die Zeit außerordentlich systematischen Weise, möchte ich sagen. Er wußte, was er wollte, und war eine merkwürdige Mischung von einem zielbewußten Menschen und einer Abenteurernatur, so daß er mit mehr oder weniger Erfolg kleine Kriegszüge machte von seinem Eigentum aus, mit Leuten, die sich, wie das ja dazumal üblich war, als Krieger angezogen hatten. Es waren das kleine Heerhaufen, mit denen zog man aus und suchte das oder jenes zu erbeuten. Mit einer Schar solcher Krieger zog der Betreffende von dem Nordosten Frankreichs aus. Und die Sache machte sich so, daß eine andere Persönlichkeit, etwas weniger Abenteuer als er selber, aber energisch, während der Abwesenheit des Eigentumers des Landgutes – heute erscheint das paradox, dazumal konnte eben so etwas geschehen – sich des Landgutes und des ganzen Besitztums bemächtigte. Als der Betreffende nach Hause kam – er war alleinstehend –, fand er, daß ein anderer Besitzer sich seines Landgutes bemächtigt hatte. Und die Verhältnisse entwickelten sich so, daß in der Tat der Betreffende nicht aufkam gegen den jetzigen Besitzer. Der war der Mächtigere, hatte mehr Mannen, hatte mehr Krieger um sich. Er kam gegen ihn nicht auf. Nun waren die Dinge damals nicht so, daß man etwa, wenn man in seiner Heimat nicht fortkam, gleich in fremde Gegenden zog. Gewiß, diese Persönlichkeit war ja ein Abenteurer; aber das ergab sich doch nicht wiederum so rasch, er hatte nicht die Möglichkeit dazu, so daß der Betreffende mit einer Schar von Anhängern sogar eine Art Leibeigener wurde an seinem eigenen früheren Besitzerhof. Er mußte nun wie ein Leibeigener arbeiten mit einer Schar von denen, die mit ihm auf Abenteuer ausgezogen waren, während ihm sein Eigentum entrissen worden war. Da geschah es, daß bei all den Leuten, die da Leibeigene geworden waren, während sie früher die Herren waren, eine ganz besondere, ich möchte sagen, dem Herrschaftsprinzip abträgliche Gesinnung entstand. Und es brannten in diesen Gegenden, die bewaldet waren, in mancher Nacht die Feuer da, wo man zusammenkam und wo man allerlei Verschwörungen besprach gegen diejenigen, welche sich des Eigentums bemächtigt hatten. Es war einfach so, daß der Betreffende, der vom großen Besitzer mehr oder weniger zum Leibeigenen, zum Sklaven geworden war, sein übriges Leben nunmehr damit ausfüllte, abgesehen von dem, was er arbeiten mußte, Pläne zu schmieden, wie man etwa wiederum zu Besitz und Eigentum kommen könne. Man haßte denjenigen, der sich des Eigentums bemächtigt hatte. Derjenige, der Haus und Hof verloren hatte und zu einer Art von leibeigenem Sklaven geworden war, erschien als Karl Marx, der Begründer des neueren Sozialismus. Und der andere, der ihm dazumal seinen Gutshof abgenommen hatte, erschien als sein Freund (und Mäzen) Friedrich Engels. Was sie dazumal miteinander auszumachen hatten, das prägte sich um während des langen Weges zwischen dem Tode und einer neuen Geburt in den Drang, das, was sie einander zugefügt hatten, auszugleichen. [1]

Zitate:

[1]  GA 236, Seite 20f   (Ausgabe 1988, 310 Seiten)

Quellen:

GA 236:  Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge - Zweiter Band (1924)