Kapital

Der Begriff des Kapitals ist ein sehr geistiger Begriff. Sie brauchen eine Intuition, um den Begriff des Kapitals zu fassen. Es ist nur ein umgekehrt geistiger Begriff. Daher bezeichnet die Bibel dasjenige, was mit dem Kapitalismus zusammenhängt, ganz richtig als Mammon, als etwas, was mit dem Geistigen zu tun hat; nur ist es nicht gerade der allerbeste Geist (nämlich Ahriman), der damit zu tun hat. Aber man dringt in die höchsten Regionen des geistigen Erkennens hinauf, wenn man das, was eigentlich Kapital im wirtschaftlichen Leben tut, erfassen will. Da tritt uns das ganz Kuriose entgegen, die Notwendigkeit tritt uns entgegen: Um richtige nationalökonomische Begriffe zu bekommen, muß man eine Idee haben von übersinnlichen Erkenntnissen. [1] (Siehe auch: Dreigliederung des sozialen Organismus; Mammon; Nationalökonomie).

Die Kapitalansammlung mit ihren Wirkungen entzieht sich aber dem bewußten Denken. Was in der Welt als Kapitalwirkungen ökonomisch sich ergibt, tritt aus dem Bereich des gewöhnlichen ökonomischen seelenbestimmten Denkens heraus wie der ultraviolette Teil des Spektrums aus dem Lichte. – Wirtschaftswissenschaft strebt über die gewöhnlichen wissenschaftlichen Methoden hinaus wie das Spektrum über seinen Lichtteil. – Man wird deshalb zu einer vollständigen ökonomischen Wissenschaft ein Erkenntnisstreben brauchen, das in den Natur-Instinkten den Geist, und in den seelen-bestimmten Kapitalwirkungen den Übergang in naturgleiche Tatsachen findet. [2]

Zitate:

[1]  GA 191, Seite 54   (Ausgabe 1983, 296 Seiten)
[2]  GA 36, Seite 76   (Ausgabe 1961, 379 Seiten)

Quellen:

GA 36:  Der Goetheanumgedanke inmitten der Kulturkrisis der Gegenwart. Gesammelte Aufsätze aus der Wochenschrift «Das Goetheanum» 1921–1925 (1921-1925)
GA 191:  Soziales Verständnis aus geisteswissenschaftlicher Erkenntnis (1919)