Jeschua ben Pandira, auch ben Pantera

Wenn ein Bodhisattva zum Buddha wird, so tritt an seine Stelle sein Nachfolger. Das erzählt auch die alte indische Legende, indem sie sagt, daß der Bodhisattva, der herunterstieg, um als Sohn des Königs Suddhodana zur Buddha-Würde aufzusteigen, vor seinem letzten Herabsteigen die Krone des Bodhisattva weitergab an seinen Nachfolger in den geistigen Reichen,(den künftigen Maitreya-Buddha). Diesem neuen Bodhisattva war besonders die Aufgabe zugefallen, geistig zu leiten jene Bewegung, welche sich im Therapeutentum, im Essäertum kundtat. Dieser Bodhisattva schickte sozusagen zur Leitung der Essäer unter der Regierung des Königs Alexander Jannai – ungefähr 125 bis 77 vor unserer Zeitrechnung – eine besondere Individualität in die Essäer-Gemeinden hinein. Diese Persönlichkeit ist dem Okkultismus gut bekannt als eine Art von Vorläufer der Essäer für das Christentum; sie ist bekannt aber auch in der talmudischen Literatur unter dem Namen Jesus, Jeschua der Sohn des Pandira. Dieser Jeschua ben Pandira, über den üble jüdische Literaturen allerlei gefabelt haben, was dann in neuerer Zeit wieder aufgewärmt worden ist, diese Persönlichkeit, die eine edle und große Persönlichkeit war, darf man nicht (vermischen), wie es einige Talmudisten tun, mit dem Jesus von Nazareth. Wir wissen, daß dieser essäische Vorläufer des Christentums von denen, die damals in der essäischen Lehre Gotteslästerungen sahen, angeklagt worden ist der Gotteslästerung und Häresie, dann zuerst gesteinigt und, nachdem er gesteinigt worden war, an einem Baum aufgehängt worden ist, um zur Strafe auch noch die Schande hinzuzufügen. Das ist eine okkulte, aber auch in der talmudischen Literatur vorkommende Tatsache. [1] Nach 2500 Jahren (von 1910 gerechnet) wird dieser Bodhisattva denselben Aufstieg durchmachen, den sein Vorgänger durchmachte. Es wird der gegenwärtig amtierende Bodhisattva dann erhoben werden zur Würde des Maitreya Buddha. [2]

Die eigentlichen Essäer-Gemeinden waren dem tieferen Lehrgehalte nach – davon können Sie sich auch durch die äußere Geschichte überzeugen – verhältnismäßig bald verschwunden, nachdem das Christus-Ereignis sich auf der Erde abgespielt hatte. Daher wird es nicht gar so unglaublich erscheinen, wenn ich sage, daß im Grunde die Therapeuten- und Essäer-Gemeinden wesentlich dazu eingerichtet waren, um aus den geistigen Regionen, aus den Sphären der Bodhisattvas dasjenige heruntergelangen zu lassen, was man brauchte, um das große, bedeutsame Ereignis der Christus-Erscheinung zu begreifen. [3] Jesus ben Pandira hatte wenigstens einige wenige darauf vorzubereiten, daß mit dem Ablauf von 42 Generationen nach Abraham, das hebräische Volk sozusagen so weit sein würde, daß die Zarathustra-Individualität sich werde inkarnieren können in einem Sproß der salomonischen Linie des Hauses David. Das ist vorausgelehrt worden. Dazu gehörte natürlich Mysterienerfahrung. In der damaligen Zeit wurde diese nicht nur in den Essäer-Schulen gelehrt, sondern es gab dort auch solche Zöglinge, welche die 42 Stufen (in ihre Vorläufergenerationen zurück) wirklich durchmachten, so daß sie hellseherisch schauen konnten, wie jene Wesenheit war, die durch die 42 Stufen heruntergestiegen ist. Dafür hatten die Essäer zu sorgen, daß wenigstens bei einigen Menschen Verständnis vorhanden wäre für das, was der Christus sein werde. [4]

Das war zuerst die Lehre der Essäer, daß einer kommen werde, der dasjenige, was da oben, was in den «Reichen der Himmel» ist, heruntertragen werde für das Ich, das in Malchuth, im Reiche lebt. Und das war es auch, was zuerst mit gewaltigen Worten seinen Essäern und einigen seiner Umwelt gelehrt hat jener Jeschua ben Pandira: Bisher war es so, daß nicht hinuntergetragen werden konnten die Reiche der Himmel in das Reich Malchuth, dem das Ich angehört. Aber wenn erfüllt sein wird die Zeit, wo die drei mal 14 Generationen abgelaufen sein werden, dann wird herausgeboren werden aus dem Stamme Abrahams, aus dem Stamme Davids, den wir erleben wollen als den Stamm Jesse,– Jesseer oder Essäer –, einer, der hinuntertragen wird die neun Eigenschaften (siehe: Sephiroth) der Reiche der Himmel in das Reich, in dem das Ich anwesend ist. – Und was so gelehrt worden ist, hat herbeigeführt, daß man den Jeschua ben Pandira als Gotteslästerer gesteinigt hat. [5] Er wurde zunächst gesteinigt und dann an die Pfähle des Kreuzes gehängt. [6]

Er hatte 5 Schüler, von denen jeder einen besonderen Zweig der gemeinsamen großen Lehre des Jeschua ben Pandira übernahm und für sich dann fortsetzte. Diese fünf Schüler trugen folgende Namen: Mathai, Nakai, Nezer, Boni und Thona. Diese fünf Schüler oder Jünger des Jeschua ben Pandira pflanzten sozusagen in fünf verschiedenen Zweigen fort die große, umfassende Lehre des Jeschua ben Pandira. Insbesondere wurde – so lehrt die geisteswissenschaftliche Forschung – nach dem Tode des Jeschua ben Pandira die Lehre von der Zubereitung des Blutes für den zu erscheinenden Jesus des Matthäus-Evangeliums fortgepflanzt durch den Schüler Mathai.

Und jene Lehre von der inneren Seelenverfassung, welche mit dem alten Nasireat, aber auch mit dem neuen Nezertum (siehe: Essäer) zusammenhing, wurde fortgesetzt von dem anderen großen Schüler, von Nezer. Das Nezertum, das besonders der Schüler Nezer weiter zu pflegen hatte, sollte vor allem in jener Kolonie gepflegt werden, die ein geheimnisvolles Dasein führte, in der Kolonie, die dann in der Bibel den Namen «Nezereth» empfing. Dort in Nazareth, Nezereth war eine Essäer-Kolonie angelegt von Nezer. Da waren Leute – in ziemlich strengem Geheimnis lebten sie –, die das alte Nasireat pflegten. Daher gab es für den Jesus des Matthäus-Evangeliums, nach der Rückkehr von Ägypten nichts Näherliegendes, als daß er in die Atmosphäre dieses Nezertums gebracht wurde. Das wird auch angedeutet mit dem entsprechenden Wort des Matthäus-Evangeliums nach der Rückkehr aus Agypten: Er wurde in das Fleckchen Nazareth gebracht, «auf daß erfüllet würde, das da gesagt ist durch die Propheten: «Er soll ein Nazaräer werden». – Das ist in der verschiedensten Weise dann übersetzt worden, weil die Übersetzer den Sinn nicht recht kannten und keiner so recht wußte, was damit gemeint war. Darum handelt es sich: daß hier eine Essäerkolonie war, wo der Jesus zunächst heranwachsen sollte.

Alles, was im Matthäus-Evangelium geschildert wird, führt zurück auf die Geheimnisse, die Jeschua ben Pandira im Essäertum gelehrt hat, und die dann als Lehrgut fortgepflanzt hat sein Schüler Mathai, und schon die ersten Geheimnisse des Matthäus-Evangeliums weisen uns hin auf diesen Schüler Mathai. [7]

Zitate:

[1]  GA 123, Seite 92ff   (Ausgabe 1959, 264 Seiten)
[2]  GA 123, Seite 96   (Ausgabe 1959, 264 Seiten)
[3]  GA 123, Seite 98   (Ausgabe 1959, 264 Seiten)
[4]  GA 123, Seite 118   (Ausgabe 1959, 264 Seiten)
[5]  GA 123, Seite 160f   (Ausgabe 1959, 264 Seiten)
[6]  GA 130, Seite 119   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[7]  GA 123, Seite 122f   (Ausgabe 1959, 264 Seiten)

Quellen:

GA 123:  Das Matthäus-Evangelium (1910)
GA 130:  Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit (1911/1912)