Gichtel, Johann Georg

Jakob Böhme und Gichtel kannten solche Zustände des Bewußtseins, wo sie weder schliefen noch bloß träumten, sondern wo das Bewußtsein angefüllt war mit Einsichten über wirkliche Weltengeheimnisse, die hinter der sinnlichen Welt verborgen sind. Und die schätzten sie höher als das, was sich für ihre Sinne und für den Verstand ergab. Das bloße Denken, war für diese Menschen noch nichts Bedeutsames. Aber auch das Gegenbild war für sie vorhanden, nämlich das Bewußtsein, daß der Mensch wahrnehmen kann ohne seinen Körper. Denn in solchen Bewußtseinszuständen, die weder schlafen noch Träumen waren, wußten sie zugleich, daß der eigentliche Mensch sich zum großen Teil von seinem Körper losgerissen hat, aber sich mitgenommen hat die Kraft des Blutes, mitgenommen hat die Kraft des Atmens. Und so wußten sie: Weil der Mensch innerlich verbunden ist mit der Welt, aber sein wacher Körper ihm das Verbundensein verfinstert, kann sich der Mensch, wenn er sich bis zu einem gewissen Teil unabhängig macht von diesem wachen Körper durch die feineren Kräfte dieses Körpers, die das alte Hellsehen herausgesogen hat aus dem Körper, eine Erkenntnis von den Geheimnissen der Welt verschaffen. [1] Der moderne Mensch reißt sich heraus während des Schlafens nicht nur aus seiner Sinneswelt, sondern auch aus der Welt, welche die Welt des alten Hellsehers war. [2]

Zitate:

[1]  GA 221, Seite 31   (Ausgabe 1966, 142 Seiten)
[2]  GA 221, Seite 33   (Ausgabe 1966, 142 Seiten)

Quellen:

GA 221:  Erdenwissen und Himmelserkenntnis (1923)