Hera

Während Zeus zurückgeblieben war auf der alten Mondenentwickelung, sich (ver)steift hatte auf diese, ging Hera weiter und nahm in sich gewisse Momente auf, die auf der Erde gebraucht werden können. Hera gehört in die Kategorie jener luziferischen Wesenheiten, welche daran arbeiten, gerade die Zerstückelung, die Individualisierung der Menschen herbeizuführen; daher wird Hera so oft als die Eifersüchtige hingestellt. Eifersucht kann ja nur da zustande kommen, wo die Individualitäten abgegrenzt sind; wo sie sich eins wissen, kommt keine Eifersucht zustande. Hera gehört zu denjenigen Göttergestalten, die durchaus schon die Besonderung, die Individualisierung, die Vereinzelung fördern, daher ist Hera tätig, wo Dionysos zerstückelt werden soll, während er hervorgegangen ist aus der Verbindung des Zeus mit der Persephone. Als der alte Mensch das hellseherische Bewußtsein als Einheitsbewußtsein hatte, kommt als die individualisierende Gottheit Hera, was bildlich ausgedrückt wird in ihrer Eifersuckt, und ruft die Götter auf, die in den Kräften der Erde konzentriert sind, die Titanen, daß sie das alte Einheitsbewußtsein zerstückeln, damit es hineingehe in die einzelnen Leiber. Damit war aber zunächst dieses Bewußtsein abgeschlossen von der Welt.

Tragisch blickte der alte Grieche zurück auf das alte hellseherische Bewußtsein, das außerhalb des physischen Leibes lebte und das sich eins wußte mit allen Dingen draußen, denn auf das konnte man nur zurückblicken wie auf etwas Vergangenes. Wäre nichts anderes gekommen, wäre nur die Tat der Hera das einzige geblieben, dann würden die Menschen auf der Erde nebeneinander hergehen, ein jeder in seiner engsten Persönlichkeit eingeschlossen. Einander verstehen würden die Menschen niemals. Aber auch ihre Umgebung, die Elemente der Erde, der Welt würden die Menschen niemals verstehen können. Die Menschen könnten ihre eigenen Leiber als ihr Besitztum betrachten, sich innerhalb ihres Leibes wie in einem Hause abgeschlossen fühlen, zu einem Weltenbewußtsein würde sich dieses menschliche Ich niemals erweitern. Das ist in der Tat, was Hera gewollt hat: die Menschen ganz in ihrer Individualität absondern voneinander. [1] (Weiteres siehe unter: Dionysos der Ältere oder Dionysos Zagreus).

Zitate:

[1]  GA 129, Seite 113f   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)

Quellen:

GA 129:  Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen (1911)