Hände

Die Dinge, die da gedacht und überlegt werden und dann im Schicksalsgewebe zum Ausdruck kommen, gehen durch unser Kopfbewußtsein wie durch ein Sieb. Das ist der Grund warum wir von ihnen im Oberbewußtsein nichts wissen, aber der Mensch im Unterbewußtsein läßt sie nicht durchgehen. Beim Tier sind diese Erlebnisse so, daß sie ganz durch das Tier durchgehen, da ist das ganze Tier ein Sieb. Beim Menschen werden sie zwar nicht im Haupte, aber doch durch den ganzen Menschen aufgehalten. Nur weil im gewöhnlichen Leben bloß der Kopf denkt und nicht der ganze Mensch, so denkt der Mensch sie unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht mit. Nur wenn zum Beispiel Hysterie eintritt, die darin besteht, daß auch der andere Teil des Menschen zu denken anfängt, dann kommen solche Ausnahmefälle vor, wo einmal mitgedacht wird, was sonst schicksalsmäßig verläuft, und wo der Mensch, wie man sagen könnte, «Schicksal macht». Warum geht durch das ganze Tier die Sache durch, und warum wird sie beim Menschen aufgehalten? Das ist aus dem Grunde, weil das Tier keine Hände hat, das heißt die Gliedmaßen sind mit der Erde immer verbunden, sind Beine oder sind Flügel, was den Vorgang etwas anders macht. Aber daß der Mensch diejenigen Gliedmaßen, die beim Tier Beine sind, umgeformt hat, das macht es, daß seine Arme und Hände so eingeschaltet sind in seinen Organismus, daß er seine Gedanken in seinem Schicksal in sich aufhält. Man kann nur nicht mit den Händen denken, man kann nur das Schicksal mit ihnen aufhalten; daher übersieht der Mensch sein Schicksal. Die Hände sind geradeso Gedankenorgane, wie der ätherische Teil des Kopfes es ist. Der ätherische Kopfteil tut beim Denken etwas ganz ähnliches, wie der Mensch im Leben mit seinen Händen tut: Mit den Händen macht der Mensch in sich stocken den Strom des Handelns, der sein Schicksal durchzieht. Es ist für den Menschen so eingerichtet, daß nur die gröberen Verstandestätigkeiten der Hände und Arme zum Ausdruck kommen. Jeder Mensch weiß, daß er in den Fingerspitzen, einen besonderen Spürsinn hat; aber dieser Spürsinn stellt das Allergröbste in dieser Beziehung dar. Denn es handelt sich hier um etwas sehr Feines: das ist ein sehr schwach, kaum glimmendes Denken, was die Menschen da entwickeln und bei künstlerischer Tätigkeit zum Ausdruck bringen können; aber die Hände sind eigentlich so eingeschaltet in den Gesamtorganismus des Menschen, daß sie das Denkorgan sind für das Schicksal. Der Mensch lernt im gegenwärtigen Entwickelungszyklus noch nicht mit den Händen denken. Würde er es lernen, so würde er die Geheimnisse der Hände kennenlernen, so würde dies zu gleicher Zeit eine Einführung in die Erkenntnis der Grundgesetze des schicksals-mäßigen Zusammenhanges sein. [1]

Die rechte Hand ist aus dem Vertrauen heraus gebildet und zur Arbeit bestimmt. Die linke Hand ist aus der Liebe heraus geschaffen und zum Segnen bestimmt. Der rechte Fuß ist aus der Sicherheit heraus, der linke aus der Standhaftigkeit heraus gebildet. Das Herz ist das Zentrum des Menschenleibes. [2]

Zitate:

[1]  GA 181, Seite 95f   (Ausgabe 1967, 480 Seiten)
[2]  GA 266/1, Seite 263   (Ausgabe 1995, 622 Seiten)

Quellen:

GA 181:  Erdensterben und Weltenleben. Anthroposophische Lebensgaben. Bewußtseins-Notwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft (1918)
GA 266/1:  Aus den Inhalten der esoterischen Stunden. Band I (1904-1909)