Gefangenschaft okkulte

Auf dem Wege nach innen findet man alles das, was an Freuden und Leiden, Schmerzen und Wonnen in uns lebt. Doch all das ist nur das, was sich an unser niederes vergängliches Ich heftet. Diese ganze Begierdenwelt umgibt uns wie ein Nebel, der uns das Geistige verdeckt. Er verhindert es, daß wir das Geistige sehen und merken. Ihn müssen wir durchbrechen, um zum Geistigen zu gelangen. Es gibt Kräfte, die an die esoterischen Schüler herankommen, um diesen Nebel immer noch dichter zu machen. Immer dichter wird dieser Nebel, wenn wir uns nicht dagegen stemmen. Verbrennen müssen wir ihn, um nicht selber im Feuer unserer Begierden zugrunde zu gehen. Überwinden wir nicht diesen Nebel, stemmen wir uns nicht gegen das immer stärkere Dichterwerden desselben durch die luziferischen und ahrimanischen Kräfte, so sind wir, wie es im Okkulten genannt wird, Gefangene. So gibt es tatsächlich Menschen in der heutigen Zeit, die mit großen Anlagen in das Dasein treten, welche sehr schnell gewisse Stufen erreichen, dann aber von den entgegenwirkenden Mächten ganz eingehüllt werden in solchen Nebel, so daß sie nicht herauskönnen. Das nennt man «okkulte Gefangenschaft». Egoismus ist alles, was unsere Begierdenwelt ausmacht. Und nur in tiefer Demut können wir diesen Egoismus überwinden. [1]

Die okkulte Gefangenschaft (eigentlich: Gefangensetzung) besteht darin, daß man – durch gewisse Vorgänge ist das möglich (siehe: Astralleib Organe und Organisation, Lotosblumen und elementarisches Rückgrat) das – Streben eines Menschen wie einschließt in einer Sphäre, aus der er nicht hinaussehen kann, so daß sein Streben zurückgeworfen wird und er gewisse Schäden, die er anrichten würde, nicht anrichten kann. [2]

Es gibt in gewissen okkulten Kreisen einen Unfug; da wird der Mensch belehrt mit allerlei okkulten Lehren, aber man führt ihn nicht zu dem Endpunkt desjenigen, aus dem eigentlich diese Lehren stammen. Man gibt ihm nur Bilder, und man führt ihn nicht zu dem, wovon diese Bilder eigentlich das Abbild sind. Dadurch wird der Mensch in seiner Seele von einer Bilderwelt umgeben, statt daß er die Empfindung bekommt, er muß durch diese Bilder erst das Weltenall kennenlernen. Leute, die okkulten Unfug treiben, machen das so mit ihren Schülern, die sie nicht so recht besitzen; dadurch bringen sie sie in das, was man okkulte Gefangenschaft nennt. Der Mensch wird in dieser Gefangenschaft von Bildern umgeben, die ihm als Bilder nicht klar werden, aus denen er nicht herauskommt. Er ist in einem Bildergefängnis. Aber es gibt auch geistige Wesenheiten, die den Menschen, oder sogar Teile der Menschen, in eine solche okkulte Gefangenschaft bringen. Es ist die genau gleiche seelische Erscheinung. Das sind geistige Wesenheiten, die dann los werden in der Natur, wenn man die Natur nicht geistig begreift, wenn man in die Natur nur so hineinsieht, daß man die atomistischen Prozesse als naturalistische begreift. Dann verleugnet man den Geist der Natur. Dann werden gerade die dem Menschen entgegenstrebenden, sogenannten ahrimanischen Geister in der Natur rege, und die umstellen den Menschen mit allen möglichen Bildern, so daß der Mensch in diese okkulte Gefangenschaft auch geführt werden kann durch diese ahrimanischen Geister.

Und ein großer Teil desjenigen, was man heute wissenschaftliche Anschauung nennt – nicht die Tatsachen der Wissenschaft, die sind gut, aber dasjenige, was man wissenschaftliche Anschauung nennt –, das ist nichts anderes als Bilder einer universellen, über die Menschheit als Gefahr hereinbrechenden okkulten Gefangenschaft. Solch eine Gefahr ist vorhanden in dem Umstelltwerden des Menschen überall mit den atomistischen und molekularistischen Bildern. [3] Mehr als man meint, ist gerade das gesamte Geistesleben in unserer Zeit vor der Gefahr der okkulten Gefangenschaft. [4] Dieses nur aus naturwissen-schaftlichem Denken, wie es heute üblich ist, Herausschöpfenwollen und nur dieses Gestattenwollen ist dasjenige, was die okkulten Mauern der Gefangenschaft bringt. Und in diesen okkulten Gefängnissen macht man dann Versuche, die in Wahrheit ganz fehlgehen. [5]

Zitate:

[1]  GA 266/2, Seite 150f   (Ausgabe 0, 0 Seiten)
[2]  GA 174b, Seite 153   (Ausgabe 1974, 398 Seiten)
[3]  GA 227, Seite 260f   (Ausgabe 1982, 270 Seiten)
[4]  GA 259, Seite 151   (Ausgabe 1991, 949 Seiten)
[5]  GA 259, Seite 153   (Ausgabe 1991, 949 Seiten)

Quellen:

GA 174b:  Die geistigen Hintergründe des Ersten Weltkrieges (1914-1921)
GA 227:  Initiations-Erkenntnis. Die geistige und physische Welt- und Menschheitsentwickelung in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, vom Gesichtspunkt der Anthroposophie (1923)
GA 259:  Das Schicksalsjahr 1923 in der Geschichte der Anthroposophischen Gesellschaft. Vom Goetheanumbrand zur Weihnachtstagung (1923)
GA 266/2:  Aus den Inhalten der esoterischen Stunden. Band II (1910-1912)