Venus künftige

Für eine Stufe der übersinnlichen Schauung, welche höher ist als die für die Mond- und Jupitererkenntnis notwendigen, werden übersinnliche Wesen und Dinge wahrnehmbar, welche weiter entwickelte Gestalten dessen sind, was schon während des Sonnenzustandes vorhanden war, aber gegenwärtig so hohe Daseinsstufen hat, daß diese für ein Bewußtsein gar nicht vorhanden sind, welches es nur bis zum Wahrnehmen der Mondenform gebracht hat. Auch das Bild dieser Welt (wie alter Mond und künftiger Jupiter) spaltet sich bei innerer Versenkung wieder in zwei. Das eine führt zur Erkenntnis des Sonnenzustandes der Vergangenheit; das andere stellt eine Zukunftsform der Erde dar, nämlich diejenige, in welche sich die Erde verwandelt haben wird, wenn in die Gestalten jener Welt die Wirkungen der Erden- und Jupitervorgänge eingeflossen sein werden. Was man auf diese Art von dieser Zukunftswelt beobachtet, kann im Sinne der Geisteswissenschaft als Venuszustand bezeichnet werden. [1] Der Venuszustand wird ein solcher sein, daß auch das Pflanzenreich verschwunden sein wird; das niederste Reich wird das abermals verwandelte Tierreich sein; daran werden sich nach oben gehend drei Menschenreiche von verschiedenen Vollkommenheitsgraden finden. Während dieses Zustandes bleibt die «Erde» mit der Sonne verbunden. Aus der Venus spaltet sich ein besonderer Weltenkörper heraus, der alles an Wesen enthält, was der Entwickelung widerstrebt hat, gleichsam ein unverbesserlicher Mond, der nun einer Entwickelung entgegengeht mit einem Charakter, wofür ein Ausdruck nicht möglich ist, weil er zu unähnlich ist allem, was der Mensch auf Erden erleben kann. [2]

Die Biene hat nicht den ganzen Evolutionsweg durchgemacht wie wir. Sie ist in ihren Anfängen nicht mit derselben Evolutionskette verknüpft wie die anderen Tiere und die Menschen. Das Bewußtsein des Bienenstockes, nicht der einzelnen Bienen, ist ein ungeheuer hohes. Die Weisheit dieses Bewußtseins wird der Mensch erst im Venusdasein erreichen. Dann wird er das Bewußtsein haben, welches notwendig ist, um aus sich heraus zu bauen mit einem Stoff, den er aus sich heraus erzeugt. Die Ameisen bauen den Ameisenhaufen aus allem möglichen zusammen, aber bauen noch keine Zellen. Das Zellenbauen ist auf den höheren Planen etwas ganz anderes. Man lernt durch das Versetzen des Bewußtseins in den Bienenstock hinein, durch Annahme des Venusbewußtseins, etwas ganz anderes als sonst auf der Erde ist, man lernt etwas vorausnehmen von dem, was bei unserem Venusdasein eintreten wird, das absolute Zurücktreten des Sexuellen. Bei den Bienen ist das Sexuelle nur der einen Königin zuerteilt. Was sich tatsächlich vollzieht in der späteren Menschheit, haben wir hier vorgebildet, und die Arbeit ist das höchste Prinzip. [3]

In der Welt, in der wir vom Einschlafen bis zum Aufwachen sind, gibt es keine moralischen Gesetze. Das Moralische eignet sich der Mensch nämlich gerade durch sein Leben hier auf dem physischen Plane an. Moralisch können die Menschen nur auf dem physischen Plan werden. Ähnliche Zustände, wo man während des Schlafens mit einer moralischen Welt in Zusammenhang kommt, werden wir erst in späteren Zeiträumen, in der zweiten Hälfte der Venusentwickelung erleben. [4]

Nichts von dem, was heute Stoff und Kraft genannt wird, geht über das hinaus, was als Venusentwickelung bezeichnet wird. In dem ganzen Umkreis dessen, was heute als Wissenschaft gesucht wird, gibt es nichts, was sich auf Dauerndes bezieht; denn mit Ideen und Begriffen, die man nach der beliebten Art heute beweisen kann, kann man nur das finden, was in dem eben gekennzeichneten Sinne ein Vergängliches ist. Man bewegt sich nur im Vergänglichen. [5] Nur der Mensch trägt auf der Erde etwas in sich, was dauernd ist. Aber das kann nur geschaut werden durch Imagination, Inspiration und Intuition. In dem Menschen, der auf der Erde herumgeht, liegt alles das, was von allem Erdendasein sich über die Erde hinaus retten wird. In dem Teil seines Wesens, der allein der übersinnlichen Erkenntnis zugänglich ist, ist der Mensch das, was den Keim für die Zukunft in sich trägt. Daher mußte der Christus, der aus den Welten, die für die menschliche Erkenntnis immer unzugänglicher wurden, auch für die menschliche Erkenntnis heruntersteigen, mußte sich mit dem Menschen vereinigen, mußte im Jesus seinen Wohnplatz aufschlagen und so zum Christus Jesus werden, weil nur in einem Menschenleibe das war, was zukunftsträchtig für die Erdenentwickelung ist. [6]

Wenn der Zustand der Venusentwickelung gekommen sein wird, dann werden alle die Wesen, die heute auf unserer Erde wogen und leben, sozusagen wiederum aufgenommen worden sein in die Sonne, und die Sonne wird selbst eine höhere Stufe der Entwickelung erreicht haben, eben dadurch, daß sie alle Wesenheiten, die sie aus sich herausgesetzt hat, wieder zurückerlöst hat. [7]

Schon auf der Venus wird unsere Erde bei einer Art Fixsterndasein angekommen sein. Wir verwandeln uns mit der Erde in Wesenheiten höherer Art, die dann das Fixsterndasein ertragen können. Ein Fixstern entsteht dadurch, daß ein Planet seine schlechten Stoffe und Wesenheiten absondert und die besseren Substanzen und Wesenheiten zu einem erhabeneren Dasein hinaufführt. [8] Der glühende Sonnenball wird nicht länger vorhanden sein als das Venusdasein; dann ist er weg. Und alles dasjenige, wodurch man wie die Alten als durch einen Schleier die Konstitution irgendeines geistigen Daseins gesehen hat, es wird weg sein. Und von alledem, was jetzt da ist, bleibt für die Zukunft nur das, was in den Menschen keimhaft veranlagt ist. Die Menschen haben vor dem Mysterium von Golgatha hinausgesehen in das weite Weltenall; sie haben gesehen Sterne über Sterne, sie haben gesehen die Sonne und den Mond, sie haben gesehen Luft und Wasser, die verschiedenen Reiche. Aber sie haben sie nicht so angeschaut wie der heutige Mensch, sondern sie haben hinter alldem das geistig-göttliche Dasein geschaut, und sie haben hinter alldem den Christus, der noch nicht zur Erde niedergestiegen war, geschaut. In diesen alten Zeiten hat man den Christus verbunden mit dem Kosmos, außerirdisch hat man ihn gesehen. In all dem, worinnen man den Christus gesehen hat, ist nichts, was über das Venusdasein hinaus dauert. Alles, wodurch sich in den Zeiten vor dem Mysteriurn von Golgatha dem Menschen das Geistige enthüllt hat und auch der Christus im Kosmos, hat nur einen Bestand bis zum Venusdasein. Die Menschen lebten vor dem Mysterium von Golgatha mit dem Himmel, aber dieser Himmel ist so sinnlich, daß er auch mit dem Venusdasein verschwindet. Was über das Venusdasein hinaus bleibt, das hat seine Keime nur im Menschen. Der Christus mußte aus dem Weltenall zu dem Menschen kommen, wenn er mit dem Menschen den Gang in die Ewigkeit antreten wollte. Weil das alles so ist, deshalb stieg der Christus aus dem Kosmos herab, um fortan mit dem zu sein, was als Keim im Menschen in die Ewigkeit hinaus dauert. [9] Alles dasjenige, was mineralische Welt um uns herum ist, wird mit dem Ende der Erdenzeit verschwinden, und die Kräfte, welche vom Menschen aus die mineralische Welt aufzehren werden, das sind die Gefühlskräfte. Wie es auf dem Jupiter, der da als zukünftiger Planet die nächste Verkörperung unserer Erde sein wird, kein Mineralreich geben wird, weil während des Erdendaseins das Fühlen das Mineralreich aufgezehrt haben wird, so wird es während der Venuszeit kein Pflanzenreich mehr geben, weil das menschliche Begehren während der Jupiterzeit dieses Pflanzenreich aufzehrt, und das menschliche Wollen wird während der Venuszeit das Tierreich aufzehren. Und wenn herangerückt sein wird die Vulkanzeit (siehe: Vulkanzustand) wird diese künftige Vulkanverkörperung unserer Erde die drei Reiche nicht mehr enthalten, sondern nur dasjenige von den jetzigen Reichen, was dann aus dem Menschenreiche geworden sein wird. [10]

In der Sonnenentwickelung war es normal, daß die Menschen überall in die Finsternis hinein wie in einen Spiegel gesehen haben, so daß sich ihnen alles Geistige zurückgestrahlt hat. Es wird einstmals wiederkommen. Dann wird der Mensch es bei völlig wachem Zustande so halten können, daß er mit völligem Bewußtsein hineinstrahlt die Finsternis in seine Umgebung, dadurch sich selber das Spiegelbild der ganzen Welt entwirft – die Venusentwickelung. [11]

Zitate:

[1]  GA 13, Seite 399f   (Ausgabe 1962, 444 Seiten)
[2]  GA 13, Seite 412f   (Ausgabe 1962, 444 Seiten)
[3]  GA 93a, Seite 39   (Ausgabe 1972, 286 Seiten)
[4]  GA 177, Seite 30   (Ausgabe 1977, 262 Seiten)
[5]  GA 181, Seite 411   (Ausgabe 1967, 480 Seiten)
[6]  GA 181, Seite 416   (Ausgabe 1967, 480 Seiten)
[7]  GA 110, Seite 79   (Ausgabe 1981, 198 Seiten)
[8]  GA 98, Seite 192   (Ausgabe 1983, 272 Seiten)
[9]  GA 183, Seite 67   (Ausgabe 1967, 195 Seiten)
[10]  GA 196, Seite 217   (Ausgabe 1966, 305 Seiten)
[11]  GA 227, Seite 144   (Ausgabe 1982, 270 Seiten)

Quellen:

GA 13:  Die Geheimwissenschaft im Umriß (1910)
GA 93a:  Grundelemente der Esoterik (1905)
GA 98:  Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt (1907/1908)
GA 110:  Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt. Tierkreis, Planeten, Kosmos (1909)
GA 177:  Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis (1917)
GA 181:  Erdensterben und Weltenleben. Anthroposophische Lebensgaben. Bewußtseins-Notwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft (1918)
GA 183:  Die Wissenschaft vom Werden des Menschen (1918)
GA 196:  Geistige und soziale Wandlungen in der Menschheitsentwickelung (1920)
GA 227:  Initiations-Erkenntnis. Die geistige und physische Welt- und Menschheitsentwickelung in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, vom Gesichtspunkt der Anthroposophie (1923)