Tierkreis

Noch in der 3. nachatlantischen Kulturperiode gab es oft solche Zwischenzustände zwischen Schlafen und Wachen, wo die Seelen hineinschauten in die Sternenwelt und nicht bloß physische Sterne sahen wie jetzt, sondern wo die geistigen Wesenheiten der höheren Hierarchien, die Lenker und Leiter des Sterngeschickes und der Sternbewegung von ihnen wahrgenommen wurden. Und was da als alte Sternkarten vorhanden war aus uralten Zeiten, wo noch allerlei Gruppenseelenhaftigkeit gezeichnet wird, was tierähnlich aussah und doch nicht Tier ist, das ist nicht der Phantasie entsprungen, sondern das ist geistig geschaut. [1] Der Mensch hat auch heute noch in den Untergründen seines Wesens Beziehungen zu den Raumdifferenzierungen, die draußen sind und in die er eingespannt ist. Der Mensch hat solche Beziehungen durch seinen astralischen Leib. Dieser stellt diese Beziehungen her. Das kann nur dadurch sein, daß der Mensch durch seinen astralischen Leib in eine astralische Welt, also in eine Welt, die zwar in den Raum hinein wirkt, die aber selbst nicht räumlich ist, hineingestellt ist. Wir fassen dasjenige, was hier als Tierkreis aufgezeichnet ist, dann richtig auf, wenn wir es als Repräsentation der äußeren astralischen Welt auffassen. [2] Schon als die Erde verkörpert war im alten Saturn, wirkten diejenigen Kräfte, die aus diesen 12 Richtungen herkommen, auf diesen alten Saturn ein; sie wirkten wiederum ein während der alten Sonnenzeit, während der alten Mondenzeit und werden weiter wirken. Sie sind also gewissermaßen ein Dauerndes und sind über dasjenige weit erhaben, was innerhalb unseres Erdenwerdens entsteht und vergeht. Während dasjenige, was da vorgeht, entsteht und vergeht, hat das vom Tierkreis Bedingte die Planetengeschehnisse überdauert, also überdauert die Verhältnisse auf dem alten Saturn, auf der alten Sonne, auf dem alten Mond. Es ist auch dasjenige, was durch die Grundpunkte des Tierkreises symbolisiert wird, erhaben über dasjenige, was sich auf unserer Erde abspielt als der Gegensatz von Gut und Böse. Wenn man in das astralische Gebiet eindringt, hat man es zu tun mit einer Welt der Verwandlung, wie das, was von einem Gesichtspunkt aus als ein Gutes wirken kann, von dem anderen als böse erscheinen kann. Diese Unterschiede zwischen Gut und Böse, sie haben ihre Bedeutung innerhalb des Werdens. Und für diese Bedeutung ist die Siebenzahl ein orientierender Leitfaden. Dasjenige, was an Göttern symbolisiert wird in den zwölf Raumpunkten, in den zwölf Dauerpunkten, das ist erhaben über Gut und Böse. Da draußen haben wir gleichsam die Symbole für jene göttlich-geistigen Wesenheiten zu suchen, die, wenn sie an sich betrachtet werden, ohne daß sie hereingreifen in unsere irdische Sphäre, erhaben sind über die Unterschiede von Gut und Böse.

Nun aber beginnt sich einmal in der Zeit zu regen dasjenige, das zu unserer Erde wird. Das kann nur dadurch geschehen, daß gleichsam eine Zweiteilung innerhalb dieser Dauergöttlichkeiten eintritt und dasjenige, was vorgeht, in ein verschiedenes Verhältnis tritt zu diesen Dauergöttern, daß sie diese in zwei Sphären gliedern, in eine Sphäre des Guten und in eine Sphäre des Bösen. An sich ist weder das eine noch das andere gut oder böse, aber indem es wirkt auf die Erde in ihrem Werden, wirkt es einmal als gut, einmal als böse, so daß also alles dasjenige, was an dem einen teilnimmt, als die Sphäre des Guten, und was am anderen teilnimmt, als die Sphäre des Bösen bezeichnet werden darf. Nur liegt die Vorstellung zugrunde, daß dasjenige, was nur ein wenig teilnimmt an der Sphäre des Guten, auch gut genannt werden muß. Sobald dasjenige, was in der geistigen Welt Dauer hat, was mit der Zeit nichts zu tun hat, sobald das in die Zeit eingreift, gliedert es sich in ein Gutes und in ein Böses. Für das Gute bleiben von den 12 Dauerpunkten übrig die 5 rein in der Sphäre des Guten befindlichen und die zwei an der Grenze; das sind 7. Daher sprechen wir von demjenigen, was als Sieben übrig bleibt von den Zwölf. Wenn wir das Gute, das Vortreffliche, das Führende in der Zeit suchen wollen, müssen wir sprechen von 7 Weisen, von 7 Rishis; und dem entspricht dann auch die Wirklichkeit. Daher auch die. Vorstellung, daß der lichten Welt, der oberen Welt 7 Zeichen des Tierkreises angehören; daß die unteren 5, vom Skorpion angefangen, der finsteren Welt angehören. [3]

Der Raum ist durchaus keine homogene Sache, nicht etwas, was nach allen Seiten hin gleich ist, sondern von den verschiedenen Richtungen des Raumes wirken aus dem Weltenall wiederum verschiedene Kräfte herein. Der ganze Weltenraum ist mit geistigen Wesenheiten der verschiedensten Hierarchien ausgefüllt, welche aus den verschiedenen Richtungen her auf die Erde verschieden wirken. In denjenigen Zeiten, als die Menschen ein gewisses ursprüngliches primitives Hellsehen hatten, war es den Menschen klar: Wenn ich zu einer bestimmten Tageszeit den Blick nach der einen Richtung gegen den Himmel richte, dann kommen gewisse Kräfte mir entgegen, und auf einer anderen Seite finde ich andere Kräfte. Und die Menschen nahmen auch wahr, daß von gewissen Punkten aus besonders präzise und bestimmte Kräfte herkamen aus dem Himmelsraum, die für die Erde ganz besonders wichtig waren. Die liegen alle angeordnet in dem Sternenkreise am Himmelsraum, den man seit alten Zeiten den Tierkreis genannt hat. In dem Himmelsraum verhält es sich so, daß, sagen wir, die Kräfte, die vom Planeten Mars herunterwirken und in dem noch weichen Tierischen die eine der sieben Hauptformen für sich zustande brachten, verschieden wirkten, wenn der Mars (beispielsweise) über dem einen Teil des Tierkreises steht oder über dem anderen. Man hat dann den Tierkreis eingeteilt nach 12 Zeichen, die sich naturgemäß ergeben als die Sternbilder, und je nachdem die Marskräfte, die für eine Tierheitsform maßgebend sind, über dem Widder oder Stier oder über einem anderen Sternbild stehen, je nachdem wirken sie anders. Danach spezifizieren sich die sieben Hauptformen (siehe: Tierkreis und Tiere – Zuordnung). Daraus entsteht eine ganze Menge von Möglichkeiten für verschiedene Tierformen. Und wenn Sie daran denken, wie dazu noch kommt, daß zum Beispiel der Mars bestimmend wirken kann, indem er sich über den Löwen stellt, so daß er den Löweneinfluß verdrängt in bezug auf die Erde, oder daß er von der anderen Seite her sich bestimmend stellt, indem die Erde zu stehen kommt zwischen die Sonne und den Mars (also Opposition), so gibt es eine noch größere Anzahl von Möglichkeiten. Das alles sind Kräfte, die zusammengewirkt haben, um die 7 Hauptgruppen des Tierreiches weiter zu differenzieren. So ist die ganze Mannigfaltigkeit unserer Tierformen auf der Erde dadurch entstanden, daß die Kräfte der Planeten eigentlich die Sitze der Gruppenseelen, der Gruppen-Iche der Tiere sind und daß diese Gruppen-Iche ihre Aufgabe erfüllen von diesen Sitzen aus, weil sie nur von dort aus diese Aufgabe erfüllen können. Denn nur dadurch, daß sich jenes Gruppen-Ich einer Tierform, das vom Mars herunterwirken soll, gerade diesen Ort am Himmel ausgewählt hat, kann es die entsprechende Wirkung auf die Erde herunter ausüben. Hier liegen die Kräfte, welche die Mannigfaltigkeit unserer Tierformen gebildet haben, und wenn wir den Ausdruck gebrauchen: Das tierische Gruppen-Ich ist auf dem Astralplan zu finden, so heißt das real: Wenn der okkulte Blick das Gruppen-Ich irgendeiner tierischen Form suchen will, so muß er nicht auf der Erde suchen, sondern auf einem Planeten. [4]

Wir können uns die Tatsache so vorstellen, daß um den Saturn, diesen ersten Morgendämmerungszustand unseres planetarischen Daseins, herumstanden die Tierkreisbilder, sie glänzten nur wenig hell, etwa wie aus dem Saturn heraus streifenförmig sich ausbreitende Lichtstreifen. Und im Laufe der Erdentwickelung selber verdichteten sich die Lichtmassen zu den heutigen Sternenmassen des Tierkreises, so daß sich der Tierkreis, wenn wir ein abstrahierendes Wort gebrauchen wollen, herausdifferenziert hat aus den ursprünglichen Flammenstreifenmassen. Und woher ist diese Flammenstreifenmasse selbst entstanden? Sie ist entstanden aus dem alten planetarischen System, das unserem eigenen planetarischen System vorangegangen ist. Dem Saturn sind ja auch planetarische Entwickelungen vorangegangen in einer Zeit, die wir, wenn wir wirklich astronomisch-okkultistisch sprechen, gar nicht mehr als «Zeit» in unserem Sinne bezeichnen können, denn sie hatte einen etwas anderen Charakter als unsere «Zeit». Wir können sagen, sie ist für das heutige menschliche Vorstellen und für die heutigen menschlichen Begriffe ein so fabelhafter Begriff, daß wir gar kein Wort haben, das auszudrücken. Aber wir können in einer Analogie sagen, daß diejenigen Kräfte, die unserem Planetensystem in einem früheren planetarischen Dasein vorangegangen sind, sich in den Streifen aufgelöst haben, und nur aus einem geringen Teil der «Materie» ist im Inneren allmählich zusammengeballt worden dieser erste Morgendämmerungszustand der Erde, der alte Saturn, und aus dem Weltenall herunter leuchteten die Kräfte, die im Tierkreis waren. [5] Die Kräfte, die die erste feine Saturnmasse zusammenballten, waren die Kräfte, die aus dem Tierkreis herniederströmten und die erste Keimanlage des physischen Menschen auf dem Saturn bewirkten. Und immer weiter ging das; denn Sie dürfen sich nicht vorstellen, daß das nur einmal geschieht! Es geschieht im Grunde genommen fortwährend, daß innerhalb dessen, was wir ein Planetensystem nennen, die Kräfte geopfert werden, die sich bis zur höheren Stufe entwickelt haben, nachdem sie selbst durch ein Planetensystem durchgegangen waren. Wir können fast so sagen: Was erst in einem planetarischen System ist, entwickelt sich zum Sonnendasein, dann zum Tierkreisdasein und erlangt dann die Fähigkeit, selbst schöpferisch zu werden, sich hinzuopfern in einem planetarischen Dasein (siehe: Opfer großes). Und fortwährend «regnen» die Kräfte aus dem Tierkreis in das planetarische Dasein hinunter, und fortwährend steigen sie wieder auf; denn das, was selbst einstmals Tierkreis werden soll von uns, muß ja nach und nach wiederum hinaufsteigen. Wir dürfen daher sagen, daß in unserer Erde die Kräfteverteilung so ist, daß auf der einen Seite herabsteigende Kräfte sind, auf der anderen hinaufsteigende Kräfte vom und zum Tierkreis sind. Das ist das geheimnisvolle Zusammenwirken des Tierkreises mit unserer Erde. Kräfte steigen herab, Kräfte steigen hinauf. Das sind die Stufen der geheimnisvollen «Himmelsleiter», auf welcher Kräfte herunter- und hinaufsteigen. Wenn Sie sich also den ganzen Tierkreis denken, so haben Sie sich vorzustellen, daß aus diesem Tierkreis ein Teil von Kräften absteigt, ein Teil von Kräften aufsteigt. Diejenigen Kräfte, die heute in aufsteigender Entwickelung begriffen sind, fassen wir zusammen, weil sie diesen Sternbildern auch angehören, unter den Sternbildern Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage. Das sind die 7 Sternbilder, die den aufsteigenden Kräften entsprechen. Fünf Sternbilder etwa entsprechen den absteigenden Kräften: Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann und Fische. Diejenigen Kräfte, die aufsteigen, entsprechen auch im Menschen den höheren Gliedern seiner Wesenheit, den höheren, edleren Eigenschaften. Diejenigen Kräfte, die in absteigender Entwickelung sind, müssen erst durch den Menschen durchgehen, müssen erst im Menschen jene Stufe sich erringen, durch die auch sie aufsteigende Kräfte werden können. [6]

Zitate:

[1]  GA 140, Seite 220   (Ausgabe 1980, 374 Seiten)
[2]  GA 201, Seite 76   (Ausgabe 1987, 286 Seiten)
[3]  GA 113, Seite 180f   (Ausgabe 1982, 228 Seiten)
[4]  GA 136, Seite 164f   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[5]  GA 102, Seite 33f   (Ausgabe 1974, 238 Seiten)
[6]  GA 102, Seite 35f   (Ausgabe 1974, 238 Seiten)

Quellen:

GA 102:  Das Hereinwirken geistiger Wesenheiten in den Menschen (1908)
GA 113:  Der Orient im Lichte des Okzidents. Die Kinder des Luzifer und die Brüder Christi (1909)
GA 136:  Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen (1912)
GA 140:  Okkulte Untersuchungen über das Leben zwischen Tod und neuer Geburt. Die lebendige Wechselwirkung zwischen Lebenden und Toten (1912/1913)
GA 201:  Entsprechungen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos. Der Mensch – eine Hieroglyphe des Weltenalls (1920)