Taufe

Wenn wir die Taufe richtig verstehen wollen, so müssen wir auf deren ursprüngliche Bedeutung zurückgehen. Sie war als sogenannte Wasserprobe in den alten Mysterien vorhanden. Die Taufe war die erste Probe für die Einweihung. Sie war nicht bloß eine äußere Form, sondern verknüpft mit bestimmten Erkenntnisgraden. Der Täufling mußte gewisse Tugenden in sich ausgebildet haben; dann wurde ihm die Taufe erteilt. [1]

Noch zur Zeit des Mysteriums von Golgatha und darüber hinaus, wurde ja zum Beispiel der Akt der Taufe zumeist so vollzogen, daß er in der Tat noch eine Verrichtung am Menschen selber war. Die Täuflinge wurden [ins Wasser] untergetaucht und dadurch in dieselbe Lage gebracht wie ein Ertrinkender, dem in einer rückwärtslaufenden Perspektive seine Lebensvorgänge am geistigen Blick vorüberziehen. Das gehörte in früheren Zeiten zu der Taufe, daß dem Menschen das vergangene Leben vor die Seele gebracht wurde, daß er also in einer gewissen Weise geistig sehen lernte. Später ist dann das Sakrament der Taufe [zeitlich] zurückverlegt worden, da konnte es natürlich nicht in dieser Weise vollzogen werden, da wurde es nur noch als Zeichen gemacht. [2]

Zitate:

[1]  GA 53, Seite 89f   (Ausgabe 1981, 508 Seiten)
[2]  GA 343, Seite 294   (Ausgabe 1993, 674 Seiten)

Quellen:

GA 53:  Ursprung und Ziel des Menschen. Grundbegriffe der Geisteswissenschaft (1904/1905)
GA 343:  Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II. Spirituelles Erkennen – Religiöses Empfinden – Kultisches Handeln (1921)