Skythianos

Skythianos und Therebinthus oder Buddha waren die Vorgänger des Manes. [1] Skythianos (war) eine uralte, hochentwickelte Persönlichkeit, die in einer späteren Inkarnation in Innerasien die okkulten Schulen leitete und später auch der Lehrer der inneren Schulen Europas wurde. [2] Christus war zwar in die Welt gekommen, aber die Mittel des Verständnisses waren gerade zu seiner Zeit die eingeschränktesten. Es mußte vorgesorgt werden für die folgenden Zeiten; es mußten wiederum alle alten Weisheiten aufleben, damit diese Weisheiten nach und nach in den Dienst des Christus-Verständnisses gestellt werden konnten. Das konnte nur geschehen auf folgende Weise: Es mußte eine Mysterienweisheit geschaffen werden. Es hatten sich große Weistümer mitgebracht die Menschen, die aus der alten Atlantis herübergezogen sind nach Europa und weiter. In der alten Atlantis waren die meisten Menschen instinktiv hellseherisch, sie konnten hineinsehen in die Gebiete des Geistigen. Diese Hellsichtigkeit konnte sich nicht fortentwickeln, sie mußte sich zurückziehen zu einzelnen Persönlichkeiten des Westens. Sie wurde da geleitet von einem Wesen, das in tiefer Verborgenheit lebte einstweilen, zurückgezogen selbst hinter denen, die auch schon zurückgezogen und Schüler waren eines großen Eingeweihten, das sozusagen zurückgeblieben war, bewahrend dasjenige, was aus der alten Atlantis herübergebracht werden konnte, bewahrend es für spätere Zeiten. Diesen hohen Initierten, diesen Bewahrer der uralten atlantischen Weisheit, die tief hineinging sogar in alles dasjenige, was die Geheimnisse des physischen Leibes sind, kann man Skythianos nennen, wie es im frühen Mittelalter üblich war. Und es blickt derjenige, der das europäische Mysterienwesen kennt, zu einem der höchsten Eingeweihten der Erde hinauf, wenn der Name Skythianos genannt wird. [3] Daher ist es in aller Geistesschulung des Rosenkreuzes so, daß man hinaufblickt in tiefster Verehrung zu jenem alten Eingeweihten, der die uralte Weisheit der Atlantis bewahrte zu dem wiederverkörperten Skythianos. In ihm sah man den großen verehrten Bodhisattva des Westens. [4]

In den Geistesweisheiten der Europäer ist außer allem andern auch ein synthetischer Zusammenschluß aller Lehren enthalten, die der Welt gegeben worden sind durch die drei großen Schüler des Manes und den Manes selbst. Wenn man auch nicht verstanden hat den Manes, es wird eine Zeit kommen, wo die europäische Kultur sich so gestalten wird, daß man wieder einen Sinn verbinden wird mit den Namen Skythianos, Buddha und Zarathustra. Sie werden den Menschen das Lehrmaterial geben, um den Christus zu verstehen, besser und besser werden die Menschen durch sie den Christus verstehen. Angefangen hat das Mittelalter allerdings mit einer sonderbaren Verehrung und Anbetung gegenüber dem Skythianos, gegenüber dem Buddha und gegenüber dem Zarathustra, als ihre Namen ein wenig durchgesickert waren; angefangen hat es damit, daß derjenige, der sich in gewissen christlichen Religionsgemeinschaften als ein echter Christ bekennen wollte, die Formel sprechen mußte: «Ich verfluche Skythianos, ich verfluche Buddha, ich verfluche Zaratas!» Das war eine über viele Gebiete des christlichen Zeitalters verbreitete Formel, durch die man sich als rechter Christ bekannte. Was man aber damals glaubte verfluchen zu müssen, das wird das Kollegium der Lehrer sein, die der Menschheit den Christus am allerbesten verständlich machen werden, zu denen die Menschheit emporblicken wird als zu den großen Bodhisattvas, durch die der Christus wird begriffen werden. Heute kann kaum die Menschheit als das wenigste zweierlei entgegenbringen diesen großen Lehrern des Rosenkreuzes, zweierlei, was nur einen Anfang bedeuten kann von dem, was in der Zukunft groß und mächtig als Verständnis des Christentums dastehen soll. Das soll gemacht werden durch die heutige Geisteswissenschaft; sie soll beginnen, die Lehren des Skythianos, des Zarathustra und des Gautama Buddha in die Welt zu bringen, nicht in ihrer alten, sondern in einer durchaus neuen, heute aus sich selbst erforschbaren Form.

Wir beginnen damit, daß wir zunächst das Elementare, welches wir von ihnen lernen können, der Kultur einverleiben. Von dem Buddha hat das Christentum hinzuzulernen die Lehre von der Wiederverkörperung und dem Karma, wenn auch nicht in einer alten, heute nicht mehr zeitgemäßen Art. Warum fließen heute in das Christentum die Lehren von der Wiederverkörperung und dem Karma? Sie fließen ein, weil sie die Eingeweihten verstehenlernen können im Sinne unserer Zeit, wie sie Buddha, der große Lehrer der Wiederverkörperung in seiner Art verstanden hat. So wird man auch anfangen den Skythianos zu verstehen, der nicht nur die Wiederverkörperung des Menschen zu lehren hat, sondern der das zu lehren hat, was von Ewigkeit zu Ewigkeit waltet. So wird immer mehr und mehr das Wesen der Welt, immer mehr und mehr das Wesen des Zentrums unserer Erdenwelt, das Wesen des Christus begriffen werden. So fließen immer mehr und mehr die Lehren der Initiierten in die Menschheit hinein. Heute kann der angehende Geistesforscher nur zweierlei als Elementaranfang zu demjenigen bringen, was die beiden Elemente sein müssen der zukünftigen Geistes-entwickelung der Menschheit. Was sich ins Innere hineinsenkt als das Christus-Leben, wird das erste Element sein; was in umfassender Weise als die geistige Kosmologie Verständnis bringen wird für den Christus, das wird das zweite sein. Christus-Leben im Innern des Herzens, Weltverständnis, das zu Christus-Verständnis führt, das werden die beiden Elemente sein. Und wir machen den Anfang damit, daß wir die elementaren Zusammenhänge unserer Erdenentwickelung lehren, daß wir erneut suchen dasjenige, was von Skythianos, Zarathustra und Buddha stammt, daß wir es nehmen so, wie sie es lehren können in unserer Zeit, so wie diese Lehrer selbst es wissen, nachdem sie sich entwickelt haben bis in unsere Zeit herein. Wir sind so weit, daß wir anfangen, die elementaren Lehren der Einweihung zu verbreiten. [5]

Die nachatlantischen Kulturen sind aus zwei Strömungen hervorgegangen. Abgesehen von dem, der nach Westen ging und das heutige Amerika bevölkerte, ergossen sich zwei Ströme auswandernder Menschen unter Leitung ihrer Führer nach Osten, der eine in nördlicher, der andere in südlicher Richtung. Der nördliche, von welchem gewisse Teile in Europa zurückblieben, drang weiter bis nach Asien hinein. Während sich da neue Kulturen vorbereiteten und abspielten, lebte die europäische Bevölkerung wie abwartend durch die Jahrhunderte hindurch. Es waren ihre Kräfte gleichsam zurückgehalten für das, was kommen sollte. Sie waren in ihren wesentlichen Kulturelementen beeinflußt von jenem großen Eingeweihten, der sich dieses Feld bis in die sibirischen Gegenden hinein ausersehen hat, und den man den Eingeweihten Skythianos nennt. Von ihm waren inspiriert die Führer der europäischen Urkultur, welche nicht auf dem fußte, was als Denken in die Menschheit kam, sondern auf einer Aufnahmefähigkeit für ein Element, das in der Mitte stand zwischen dem, was man nennen könnte rezitativ-rhythmische Sprache und eine Art von Gesang, begleitet von einer eigentümlichen Musik, die heute nicht mehr vorkommt, sondern auf einem Zusammenspiel von pfeifenartigen Instrumenten beruhte. Es war ein eigenartiges Element, dessen letzter Rest in den Barden und Skalden lebte. Alles, was der griechische Apollo- und Orpheusmythos erzählt, hat sich von daher herausgebildet. Daneben wurden in Europa die praktischen Fähigkeiten herausgebildet durch Besiedelung, Bebauung und so weiter. Die anderen Völkermassen sind unter der Führung des großen Sonneneingeweihten (siehe: Manu) nach Asien hinübergezogen. [6]

Bei denjenigen Völkern, deren Zeichen sozusagen in dem Venus-Charakter liegt (die Asiaten) der Hauptausgangspunkt – auch in der okkulten Ausbildung – da genommen werden muß, wo das Atmen das Wichtigste ist. Dagegen muß bei allem, was mehr im Westen liegt, der Ausgangspunkt von einer Vertiefung und Vergeistigung dessen genommen werden, was in der Sinneswelt liegt. Das haben in den höheren Erkenntnisstufen, in der Imagination, Inspiration und Intuition ganz in dem Sinne, wie der Jupitergeist ursprünglich den Charakter modifizierte, diejenigen Volkstümer, die nach dem Westen gelegen sind (also die Kaukasier). Deshalb gab es diese zwei Zentren immer in der Menschheitsevolution: Jenes Zentrum, das sozusagen mehr von den Geistern der Venus regiert wurde, und jenes Zentrum, das mehr regiert wurde von den Geistern des Jupiter. Die Geister des Jupiter wurden besonders beobachtet in jenen Mysterien, in denen sich zuletzt zusammengefunden haben die drei Individualitäten, die drei geistigen Wesenheiten des Buddha, des Zarathustra oder Zaratas in seiner späteren Inkarnation und desjenigen großen Führers der Menschheit, den wir mit dem Namen Skythianos bezeichnen. Das ist das Kollegium, das sich, unter der Führung eines noch Größeren, die Aufgabe gesetzt hat, die geheimnisvollen Kräfte zu untersuchen, welche ausgebildet werden müssen für die Evolution der Menschheit, deren Ausgangspunkt genommen worden ist von jenem Punkte, der ursprünglich zusammenhängt mit den Jupiterkräften und in der erwähnten Landkarte der Erde vorbestimmt war. [7] Diese große Landkarte ist ein Abbild der Himmelswirksamkeit, die dadurch entsteht, daß die Kräfte der Himmelswirksamkeit in die Erde hineinstrahlen, von ihr zurückstrahlen und den Menschen bestimmen. [8]

Zitate:

[1]  GA 93, Seite 310   (Ausgabe 1979, 370 Seiten)
[2]  GA 109, Seite 141   (Ausgabe 1979, 304 Seiten)
[3]  GA 113, Seite 190   (Ausgabe 1982, 228 Seiten)
[4]  GA 113, Seite 192   (Ausgabe 1982, 228 Seiten)
[5]  GA 113, Seite 194ff   (Ausgabe 1982, 228 Seiten)
[6]  GA 117, Seite 112   (Ausgabe 1966, 227 Seiten)
[7]  GA 121, Seite 116   (Ausgabe 1982, 214 Seiten)
[8]  GA 121, Seite 110   (Ausgabe 1982, 214 Seiten)

Quellen:

GA 93:  Die Tempellegende und die Goldene Legende. als symbolischer Ausdruck vergangener und zukünftiger Entwickelungsgeheimnisse des Menschen (1904/1906)
GA 109:  Das Prinzip der spirituellen Ökonomie im Zusammenhang mit Wiederverkörperungsfragen. Ein Aspekt der geistigen Führung der Menschheit (1909)
GA 113:  Der Orient im Lichte des Okzidents. Die Kinder des Luzifer und die Brüder Christi (1909)
GA 117:  Die tieferen Geheimnisse des Menschheitswerdens im Lichte der Evangelien (1909)
GA 121:  Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie (1910)