Schwelle der geistigen Welt

Wir stehen für das gewöhnliche Bewußtsein so da in der Welt, daß da draußen außer uns die Mächte walten, die im Pflanzen-, im Mineral-, im Tierreiche, im physischen Menschenreiche tätig sind, die Mächte walten, zu denen wir durch unsere Sinne den Zugang haben und die eigentlich keine Verwandtschaft zeigen zunächst mit dem Menschen. Und wir fühlen eine tiefe Kluft zwischen unserem Menschenwesen und der sich ausbreitenden Natur. Diese Kluft ist gerade die Schwelle. Und das Gewahrwerden der Schwelle beruht eigentlich darauf, daß wir aufhören, jene Unbewußtheit einfach hinzunehmen, die uns auf uns zurückweist, wenn wir in unser Inneres schauen, und auf eine äußere, menschenfremde Natur weist, wenn wir den Blick nach außen richten. [1]

Nach dem Überschreiten der Schwelle in die geistigen Welten hinein findet in gewissem Sinne eine Trennung, eine Differenzierung der drei Grundkräfte des Seelenlebens statt. Denken, Fühlen, Wollen tritt auseinander, jedes wird selbständig. Daß nun vor der Schwelle diese drei Tätigkeiten, die da getrennt wirkend aneinandergrenzen, in der richtigen Weise zusammenwirken, nicht in Verwirrung kommen, das ist bewirkt dadurch, daß gewissermaßen die Schwelle eine gewisse Breite hat, in der unser Ich selber lebt. Das ist das wesentliche Geheimnis unseres Ich, daß Denken, Fühlen, Wollen nebeneinandergehalten werden, so daß sie sich gegenseitig beeinflussen in der richtigen Weise. [2]

Die Grenze zwischen der sogenannten physischen und der geistigen Welt liegt eigentlich mitten im Menschen drinnen. [3] Es ist eine gangbare naturwissenschaftliche Vorstellung heute, daß man im Nervensystem – bleiben wir zunächst beim Menschen, aber in ähnlicher Weise ist das auch beim Tiere gültig –, unterscheidet zwischen sogenannten sensitiven Nerven, Sinnesnerven, Wahrnehmungsnerven und motorischen Nerven. Schematisch kann das nur so dargestellt werden, daß zum Beispiel irgendein Nerv, sagen wir ein Tastnerv, die Tastempfindung hineinträgt bis zum Zentralorgan, sagen wir bis zum Rückenmark, da mündet dasjenige, was da aus der Peripherie des Leibes geleitet wird, in einem Horn des Rückenmarks. Und dann geht von einem anderen Horn, Vorderhorn, der sogenannte motorische Nerv aus, da wird wiederum weitergeleitet der Willensimpuls. Beim Gehirn ist das nur komplizierter dargestellt, so etwa, wie wenn die Nerven eine Art Telegrafendrähte wären.

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Die Wirklichkeit kann nur durchschaut werden, wenn sie eben mit Geisteswissenschaft durchschaut wird. Die Nerven sind nur da, um einer einheitlichen Funktion zu dienen, sowohl diejenigen Nerven, die man heute sensitive Nerven nennt, wie auch diejenigen, die man motorische Nerven nennt. Und ob nun im Rückenmark oder im Gehirn der Nervenstrang durchbrochen ist, beides weist auf dasselbe hin; im Gehirn ist er nur in komplizierterer Weise durchbrochen. Diese Durchbrechung ist nicht deshalb da, damit durch die eine Hälfte, wenn ich so sagen darf, von der Außenwelt etwas zum Zentralorgan geleitet wird und dann, nachdem sie vom Zentralorgan durch die andere Hälfte in einen Willen umgewandelt worden ist, weitergeleitet würde. Diese Unterbrechung ist aus einem ganz anderen Grunde da. Daß unser Nervensystem so gebaut und in dieser regelmäßigen Weise durchbrochen ist, hat seinen Grund darin: An der Stelle, wo unsere Nerven durchbrochen sind, da liegt im Abbilde im Menschen – allerdings nur im körperlichen Abbilde einer komplizierten geistigen Wirklichkeit – die Grenze zwischen physischem und geistigem Erfahren, physischem und geistigem Erleben. Diese Grenze ist im Menschen so enthalten, daß der Mensch mit der ihm zunächstliegenden physischen Welt in eine solche Beziehung tritt, daß mit dieser Beziehung der Teil des Nervenstranges, der bis zu jener Unterbrechung geht, etwas zu tun hat (also der sogenannte sensitive Nerv). Aber der Mensch muß auch als seelisches Wesen eine Beziehung haben zu seinem eigenen physischen Leib. Diese Beziehung die er zu seinem eigenen physischen Leib hat, ist durch den anderen Teil vermittelt (dem sogenannten motorischen Nerv). Wenn ich eine Hand bewege, dadurch veranlaßt, daß ein äußerer Sinneseindruck (eine gelandete Fliege auf der Nase) auf mich gemacht worden ist, dann liegt der Impuls, daß die Hand bewegt wird, vereinigt von der Seele mit dem Sinneseindruck, schematisch dargestellt, schon bereits hier bei a. Und dasjenige, was geleitet wird, wird auf den ganzen sensitiven Nerven und den sogenannten motorischen Nerven entlang geleitet von a bis b. Das ist nicht so, daß der Sinneseindruck erst bis zu c geht und dann von da aus einen Befehl gibt, damit b dazu veranlaßt werde – nein, wenn ein Willensimpuls stattfindet, lebt das Seelische schon befruchtet bei a und geht durch den ganzen unterbrochenen Nervenweg durch. [4]

Warum ist der Nervenstrang unterbrochen? Er ist unterbrochen aus dem Grunde, weil, wenn er nicht unterbrochen wäre, wir nicht eingeschaltet wären in den ganzen Vorgang. Nur dadurch, daß gewissermaßen der Impuls an der Unterbrechungsstelle überspringt – der gleiche Impuls, wenn es ein Willensimpuls ist, geht schon von a aus , dadurch sind wir selbst drinnen in der Welt, dadurch sind wir bei diesem Impuls dabei. Würde er einheitlich sein, würde hier nicht eine Unterbrechung sein, so wäre das ganze ein Naturvorgang, ohne daß wir dabei wären. Das Nervensystem ist immer da, um die Welt in sich zu empfinden. Und es ist kein wesentlicher Unterschied, ob wir eine Farbe außen bewußt erleben durch den Strang a-c, oder ob wir innerlich ein Organ oder eine Organanlage oder dergleichen erleben durch den Strang d-b; das ist im wesentlichen dasselbe. Aber die Stärke der Wahrnehmung ist verschieden vermittelt durch den Strang a-c und durch den Strang d-b. Dasjenige, was eintritt, ist allerdings eine wesentliche Abschwächung der Intensität. Wenn wir eine Vorstellung mit einem Willensimpuls zusammen formen in a, so wird dieser Impuls von a aus weitergeleitet. Indem er von c auf d überspringt, schwächt sich das ganze so ab für unser Bewußtsein, für unser bewußtes Erleben, daß wir das weitere, was wir nun in uns erleben, die Hebung der Hand und so weiter, nur mit der geringen Intensität des Bewußtseins erleben, die wir sonst auch im Schlafe haben. Wir sehen das Wollen erst wiederum, wenn die Hand sich bewegt, wenn wir wieder von einer anderen Seite her eine Sensation haben. [5]

Der Schlaf dehnt sich in der Tat anatomisch, physiologisch in das wache Leben fortwährend hinein. Wir stehen mit der äußeren physischen Welt in Verbindung und wachen eigentlich immer nur mit demjenigen Teil unseres Wesens, welcher bis zu der Unterbrechung der Nerven geht. Was jenseits der Unterbrechung der Nerven in uns selber liegt, das verschlafen wir auch am Tage. Das ist aber ein Vorgang, der noch nicht physisch ist in der jetzigen Phase der Erdentwickelung, sondern noch in einer gewissen geistigen Höhe vor sich geht, wenn das auch vielfach zu tun hat mit den niederen Eigenschaften der Menschennatur. Aber ich habe hier schon öfter von dem Geheimnis gesprochen, daß, was im Menschen niedere Natur ist, gerade zusammenhängt mit höheren Äußerungen gewisser geistiger Wesenheiten.

Würde man im Menschen alle diejenigen Stellen sammeln, wo Nervenunterbrechungen sind, und würde man das aufzeichnen, dann würde man zeichnungsgemäß die Grenze bekommen zwischen dem Erleben in der physischen Welt und dem Erleben aus einer höheren Welt heraus. [6]

Weil das Ich noch nicht stark genug ist im normalen Zustande des Menschen, wird das Ich so lange zurückwirken auf den astralischen Leib und ihn verhindern, bewußt einzutreten in seine eigentliche Heimat, in die geistige Welt, bis das Ich selber überall mit hin kann, wohin der astralische Leib dringt. So also hat es einen guten Sinn, daß wir das Bewußtsein verlieren beim Einschlafen. Wir könnten unser Ich nicht erhalten. Wir werden es erst erhalten können in genügender Weise, wenn die Erdentwickelung an ihrem Ende angekommen sein wird. Deshalb sollen wir auch unseren astralischen Leib nicht entfalten können in bezug auf seine Bewußtseinsfähigkeit. Gerade das Umgekehrte tritt ein, wenn der Mensch aufwacht. Wenn er aufwacht und untertaucht in den physischen Leib und Ätherleib, würde er eigentlich erleben müssen das Innere des physischen Leibes und des Ätherleibes. Das tut er aber nicht. Im Augenblick des Aufwachens wird er verhindert, hineinzuschauen in das Innere seiner Leiblichkeit, denn da wird gleich die Aufmerksamkeit auf die äußeren Erlebnisse gelenkt. Da wird nicht seine Sehkraft, seine Erkenntniskraft dahin gelenkt, sein Inneres zu durchschauen, sondern sie wird abgelenkt auf die Außenwelt. Würde der Mensch sich im Inneren ergreifen, so würde genau das Gegenteil eintreten von dem, was eintritt, wenn sich der Mensch bewußt beim Einschlafen in die geistige Welt hineinbegeben könnte. Alles, was der Mensch sich schon im Verlaufe des Erdenlebens an Geistigem durch sein Ich errungen hat, das würde sich zusammendrängen und es würde jetzt im physischen Leibe und Ätherleibe nach dem Untertauchen mit aller Kraft auf ihn wirken. Das würde zur Folge haben, daß alles, was nur irgendwie egoistische Eigenschaft ist, sich mit aller Macht entfalten würde. Und der Mensch würde hinuntertauchen mit seinem Ich und würde mit jedem Stück, mit dem er hinuntertaucht, seine Leidenschaften, Triebe und Begierden in einem immer kraftvolleren Egoismus ergießen. Aller Egoismus würde sich ergießen in sein Triebleben. Damit das nicht geschieht, werden wir abgelenkt auf die Außenwelt und nicht mit unserem Bewußtsein in unser Inneres hineingelassen. Daß das so ist, kann auch aus den Berichten derjenigen hervorgehen, die als Mystiker versuchten, wirklich hineinzukommen in das menschliche Innere. [7]

Zitate:

[1]  GA 270/1, Seite 84   (Ausgabe 0, 0 Seiten)
[2]  GA 178, Seite 159f   (Ausgabe 1980, 248 Seiten)
[3]  GA 179, Seite 9   (Ausgabe 1977, 164 Seiten)
[4]  GA 179, Seite 11ff   (Ausgabe 1977, 164 Seiten)
[5]  GA 179, Seite 14ff   (Ausgabe 1977, 164 Seiten)
[6]  GA 179, Seite 16   (Ausgabe 1977, 164 Seiten)
[7]  GA 120, Seite 118f   (Ausgabe 1975, 230 Seiten)

Quellen:

GA 120:  Die Offenbarungen des Karma (1910)
GA 178:  Individuelle Geistwesen und ihr Wirken in der Seele des Menschen (1917)
GA 179:  Geschichtliche Notwendigkeit und Freiheit. Schicksalseinwirkungen aus der Welt der Toten (1917)
GA 270/1:  Esoterische Unterweisungen für die erste Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum. Band I (1924)