Schlange

Als die Sonne (siehe: Erdentwickelung) heraustrat (aus dem gemeinsamen «Erdkörper»), ging die Erde (darin der Mond) in ihrer Entwickelung zurück, sie wurde schlechter; erst als der Mond mit den allerschlechtesten Dingen hinausging, trat wieder eine Verbesserung ein, eine Erhebung. So daß wir eine Zeitlang eine aufsteigende Entwickelung in der Evolution haben, bis die Sonne hinausging; dann eine absteigende, wo alles schlechter wurde, grotesker; und dann, als der Mond hinausging, stieg die Evolution wieder. Von dieser Entwickelungsstufe hat sich eine Form erhalten, die degeneriert ist und gar nicht ausschaut wie damals. Aber sie ist da; es ist diejenige Form, die der Mensch gehabt hat, bevor der Mond hinausgegangen ist, ehe der Mensch noch ein Ich hatte. Diejenige tierische Wesenheit, welche den Menschen sozusagen erinnert an den tiefsten Stand der Erdentwickelung, an denjenigen Punkt, wo wir am weitesten in die Leidenschaften hineingestiegen sind, wo der Astralleib des Menschen den schlechtesten äußeren Einflüssen zugänglich war, ist, was wir heute, wenn auch degeneriert, in der Schlange sehen. [1]

In der Entwickelung der Erde kam ein Zeitpunkt, wo in dem gemeinsamen Leben und Weben des Erdengeistes eine Besonderung eintrat. Es schloß sich ein Teil ab, wie in ein Rohr hinein. Erst als dieser Zeitpunkt eintrat, war es überhaupt möglich, daß Wesen entstanden, die auch Sonderwesen werden können. Die anderen sind Glieder der einen Erdenseele. Jetzt erst beginnt ein besonderer Grad von Sonderung. Jetzt beginnt erst die Möglichkeit, daß einmal etwas zu sich «Ich» sagen kann. Die Schlange schließt zuerst das selbstlose, ungesonderte Schauen des Erdengeistes in ein Rohr ein, und bildet so den Grund zur Ichheit. Das prägten die esoterischen Lehrer den Schülern ein, so daß sie es empfinden konnten: Seht ihr die Schlange an, so seht ihr das Merkzeichen für euer Ich. Mit dieser Empfindung ausgerüstet war auch Moses, als er herausging aus den ägyptischen Geheimschulen, und so stellte er die Schlange als Symbol auf. [2] Auch bei den christlichen Mystikern der ersten Jahrhunderten, bei den Gnostikern ist die Schlange nicht ein Symbol für das Böse, sondern sogar ein Symbol für die geistige Führung der Menschheit. Der Weise, der Führer heißt «die Schlange». So wurde derjenige bezeichnet, welcher die Menschheit zur Erkenntnis führt. Die Schlange ist das Symbol für Luzifer. [3] Wenn ein Mensch die Johannes-Taufe 3000 Jahre vor unserer Zeitrechnung erlebt hätte, so würde er sich (so) bewußt geworden sein, daß das beste Geistige, das dem Menschen gegeben werden kann, kommen muß als ein altes Erbstück, denn es war ja eigentlich noch Erbstück, was aus den geistigen Welten in alten Zeiten gegeben wurde. Dieses war als Bild im Ätherleib und formte an dem physischen Leib. Gerade auch bei denjenigen, die über das normale Menschentum hinaus entwickelt waren, würde es sich bei dieser Taufe gezeigt haben, daß all ihr Wissen auf alter Eingebung beruht hätte. Solches bezeichnete man als das Erblicken der ätherischen Seelennatur in Form der Schlange. Man nannte die, welche das erlebt hatten, die Kinder der Schlange, weil sie durchschaut hatten, wie sich die luziferischen Wesenheiten in die Menschen hinuntergesenkt haben. Was den physischen Leib formte, war ein Geschöpf der Schlange. [4] (Siehe auch: Erkenntnisvermögen der Alten).

Zitate:

[1]  GA 105, Seite 121f   (Ausgabe 1983, 208 Seiten)
[2]  GA 93a, Seite 18f   (Ausgabe 1972, 286 Seiten)
[3]  GA 97, Seite 158   (Ausgabe 1981, 340 Seiten)
[4]  GA 117, Seite 63   (Ausgabe 1966, 227 Seiten)

Quellen:

GA 93a:  Grundelemente der Esoterik (1905)
GA 97:  Das christliche Mysterium (1906/1907)
GA 105:  Welt, Erde und Mensch, deren Wesen und Entwickelung sowie ihre Spiegelung in dem Zusammenhang zwischen ägyptischem Mythos und gegenwärtiger Kultur (1908)
GA 117:  Die tieferen Geheimnisse des Menschheitswerdens im Lichte der Evangelien (1909)