Rishis

So wie der Mensch ungefähr in den ersten Lebensjahren ist, so war der Mensch fast sein ganzes Leben hindurch, mindestens die erste Hälfte seines Lebens, unmittelbar nach der großen atlantischen Katastrophe. Das können wir uns deutlich an der ersten indischen Kultur vergegenwärtigen. Die kindlichsten Menschen in der ersten indischen Kultur waren die großen Lehrer des indischen Volkes, die heiligen Rishis. Ich habe öfter auf sie aufmerksam gemacht. Wenn man sie sich vorstellen würde nach dem Muster eines heutigen Gelehrten, würde man sehr fehl gehen. Wenn ein heutiger Mensch sie treffen würde, würde er sie überhaupt nicht für erhebliche Menschen betrachten. Sie würden ihm einfach kindlich naïve Bauern sein. Es gibt vielleicht heute solche Kindlichkeit gar nicht mehr, wie sie – bei den Rishis vorhanden war. Dann aber, wenn sie ihre Zeiten hatten, sprach durch sie das, was als Strom der Inspiration hereinströmte, dann sagten sie Dinge, welche die Geheimnisse der höheren Welten waren, weil sie ihr ganzes Leben hindurch eigentlich niemals das Wort Ich im Sinne der heutigen Menschen über ihre Lippen brachten. Sie haben nie Ich gesagt. Sie unterschieden sich also von dem Kind dadurch, daß das Kind das primitive Vorstellen hat. Aber in dieselbe Form des Seelenlebens flossen herein die höchsten Weisheitsschätze. [1] Die Genossen des Christus-Eingeweihten (der Atlantis) waren Menschen mit hoch entwickeltem Verstande, aber von allen Menschen jener Zeit hatten sie die geringsten Erfahrungen auf übersinnlichem Gebiete. Mit ihnen zog jener Eingeweihte (siehe: Manu) von Westen nach Osten, nach einem Gebiete in Innerasien. Er bildete sich eine Schar von Menschen heran, welche in ihre Herzen die Impulse aufgenommen hatten, die den Geheimnissen der Christus-Einweihung entsprachen. Aus dieser Schar wählte er die 7 besten aus, daß sie solche Ätherleiber und Astralleiber haben konnten, welche den Abdrücken der Ätherleiber der 7 besten atlantischen Eingeweihten entsprachen. So erzog er je einen Nachfolger der Christus-, Saturn-, Jupiter- und so weiter Eingeweihten. Diese 7 Eingeweihten wurden die Lehrer und Führer derjenigen Menschen, welche in der nachatlantischen Zeit den Süden von Asien, namentlich das alte Indien besiedelt hatten. [2]

Der atlantische Eingeweihte ist der Manu. Durch Generationen kultivierte er die Menschen, und als die geeigneten 7 gezüchtet und herangezogen waren, da wob er ihnen ein in ihren Ätherleib die 7 aufbewahrten Ätherleiber, die in der alten Atlantis durch Archangeloi gewoben waren. Die 7 heiligen Rishis trugen in ihrem Gewebe die Ätherleiber der großen atlantischen Führer, die wiederum diese Ätherleiber erworben hatten durch die Archangeloi selber. [3]

Die 7 heiligen Rishis waren so eingeweiht in die Sonnen-Mysterien, daß uns das Sinnbild für ihre Einweihung das Stehen der Sonne im Sternbild des Stieres ist; und was wir schauen können am Firmament, wenn die Sonne im Sternbild des Stieres steht, das gibt tatsächlich das Mysterium der eigentümlichen Einweihung der Rishis. Das kommt dadurch zum Ausdruck, daß vom selben Orte herglänzt das Siebengestirn, die Plejaden. Das ist der Ort, an dem unser ganzes Sonnensystem in unser Weltall hineingekommen ist. [4]

Große Kuppel: Der (ur)indische Mensch

(Abbildung: Der (ur)indische Mensch. Die Sterne stellen die Plejaden – das Siebengestirn dar. Darunter der irdische Ausdruck davon: die 7 Rishis als Inspiratoren).

Von allen Planeten gehen Wirkungen auf den Menschen aus. Diese Wirkungen mußten aber zunächst dem Menschen vermittelt werden, und das geschah dadurch, daß durch den großen Manu die 7 Rishis so eingeweiht wurden, daß der einzelne Rishi die Geheimnisse eines dieser Planeten in ihren Wirkungen verstand. Und weil man 7 Planeten zählte, so waren diese 7 Rishis in ihrer Gemeinsamkeit dasjenige, was darstellt eine siebengliedrige Loge, welche die Lehren von den Geheimnissen unseres Sonnensystems ihren Schülern übermitteln konnte. Daher finden wir Hindeutungen darauf in manchen alten okkulten Schriften. Da steht zum Beispiel: Es gibt Geheimnisse, die zu suchen sind jenseits der Sieben, das sind die, die der heilige Manu selbst bewahrte, über die Zeit vor der Spaltung der Planeten. Das was die Planeten als Kräfte bewahrten, das war dasjenige, was in den Geheimnissen der 7 Rishis verborgen war. Und so wirkte der Chor der 7 Rishis zusammen, in vollster Einheit mit dem Manu. [5]

Eine große Zeit ihres Lebens waren sie (ganz) schlichte Leute. Dann kamen aber über diese Rishis Zeiten, in denen sie etwas ganz anderes waren als gewöhnliche Menschen. Bis in ihren physischen Leib hinein durchsetzte die heiligen Rishis das Wesen eines höheren Geistes. [6] Im Kollegium der Rishis klang in den schönsten Klängen zusammen, floß nun in schönster, in größter Harmonie zusammen, was bei den Bekennern der Orakel sich widersprochen hatte. Der Manu selbst konnte sich nicht enthüllen in dieser Zeit, er wurde nicht verstanden. Für die eigentlichen Geheimnisse der Sonne gab es Stellvertreter. Einer der Rishis war das. [7]

Je weiter wir zurückgehen in der Menschheitsentwickelung, desto mehr finden wir gewisse Menschen, die durch ihre in ihren Reinkarnationen gelegenen Vorbedingungen dazu reif waren, sich bekanntzumachen mit denjenigen Weistümern, die im Besitze der luziferischen Wesenheiten sind (siehe: Mysterien). So wie der Inder selbst immer, wenn er aus seiner Weisheit heraus gesprochen hat, aufgefaßt hat die Weisheit der 7 heiligen Rishis, wußte er, insofern er ein Eingeweihter war in diese Dinge, daß die eigentlichen Lehrer der Rishis luziferische Wesenheiten waren. Denn dasjenige, was die luziferischen Wesenheiten in die Erdentwickelung mitgebracht haben, in die sie sich hineinverflochten haben, das ist vor allen Dingen alles dasjenige, was die die menschliche Kultur durchsetzende Gedankenwelt, die intellektualistische Gedankenwelt, die im besten Sinne des Wortes vernünftige Welt, die Weisheitswelt, immer war. Gerade wenn man an den Menschheitsursprung zurückgeht, dann findet man, daß die Quellen für die heidnischen Weistümer immer in luziferischen Wesenheiten zu suchen sind. [8]

Wie in der altindischen Zeit das Wissen mitgeteilt wurde, davon macht man sich eine richtige Vorstellung, wenn man sich sagt: Das Wissen entstand erst in dem Kopfe dessen, der es mitteilte, während er es mitteilte. Früher bereitete man das Wissen nicht auf dieselbe Weise vor, wie es heute vorbereitet wird. Der alte Rishi bereitete es nicht so vor, daß er in sein Gedächtnis aufnahm, was er zu sagen hatte. Er bereitete sich dadurch vor, daß er sich selber in eine heilige Stimmung versetzte, sich sozusagen in eine fromme Stimmung versetzte. Die Stimmung bereitete er vor, die Gefühle, aber nicht das, was er zu sagen hatte. Und dann war es wie ein Ablesen in dem Momente des Mitteilens aus einem Unsichtbaren heraus. Zuhörer, die etwa mitschreiben würden, wären undenkbar gewesen in der damaligen Zeit. Nur das hatte einen Wert im Sinne der damaligen Zeit, was man in seiner Seele mittrug, und was einen anregte, nachher in ähnlicher Weise die Sache zu reproduzieren, wie es der, welcher es vorgebracht hatte, selber reproduziert hatte. Die Rishis haben das atlantische Wissen treu vermittelt. [9] Die Rishis sprachen durchaus noch in der Art, wie man überhaupt nur übersinnliches Wissen aussprechen kann. Sie sprachen in einer variablen Bildersprache, in einer imaginativen Sprache. Sie gossen gleichsam ihr Wissen von Seele zu Seele, indem sie vollsaftige Bilder sprachen, die immer wieder und wieder entstanden, wo sie ihr Wissen mitteilten. [10]

Die Rishis waren sich bewußt, daß sie bewahrt hatten, was durch sieben lange (atlantische) Kulturzeiträume dirigiert war von den Geistern der Bewegung, den Dynamis. Sie sagten, daß es wie eine Erinnerung in eines jeden Seele sei für das, was früher die Geister der Bewegung gegeben hatten. Denn die hohen Weistümer, welche die heiligen Rishis der Erdenmenschheit gaben, waren die großen Erinnerungen an die atlantischen Kulturen, nur neu gestaltet. Vishvakarman nannten die heiligen Rishis das, was über ihrer Sphäre lag, was eine größere Sphäre umfaßt als die der einzelnen Geister der Bewegung. [11]

Wenn ohne weiteres viel von dem, was aus dem Munde der heiligen Rishis geklungen hat, heute ausgesprochen würde, die meisten Seelen von heute würden auf der ganzen Erde kaum etwas anderes hören als Worte und wieder Worte. Es gehören eben noch andere Empfindungsfähigkeiten, als sie die Menschheit jetzt hat, dazu, um das wirklich zu verstehen, was zuerst als Weisheit zu der nachatlantischen Menschheit gekommen ist. Denn alles, was aufgezeichnet worden ist von dieser Weisheit, alles, was in den schönsten und besten Büchern von dieser Urweltweisheit aufgezeichnet worden ist, das ist doch alles nur ein schwacher Nachklang der Urweltweisheit selber. Alles, was aufgeschrieben ist, das gibt nur in einem getrübten Lichte die große Weisheit. [12] Die heiligen Rishis waren inspiriert von den Geistern der Persönlichkeit, den Archai, die sich zwar als Werkzeuge der Archangeloi und Angeloi bedienten, die aber dazumal viel unmittelbarer eingriffen als später. [13]

Und jene Archai, welche die Inspiratoren der heiligen Rishis in der altindischen Kulturepoche waren, haben auch mittlerweile den Christus-Impuls aufgenommen und werden die geistigen Führer der siebenten nachatlantischen Kulturepoche sein. Da wird auf der Erde in einer gewaltigen Größe das alles erscheinen, was einstmals durch den Mund der heiligen Rishis in der altindischen Zeit der Menschheit verkündet worden ist, was aber dann in der 7. nachatlantischen Kulturperiode bei den fortgeschrittensten Menschen ganz durchleuchtet und durchglüht und durchfeuert sein wird von dem Christus-Impuls. Die heiligen Rishis werden wieder auferstehen im Glanze der Christus-Sonne in der 7. Kulturepoche der nachatlantischen Menschheit. [14]

Diese Entwickelung, welche ihren Abschluß mit dem Buddhawerden jenes Bodhisattva erreicht (siehe Buddha), gehört derselben Strömung an, der auch die heiligen Rishis der Inder angehören; aber diese erreichte mit dem Buddhawerden jenes Bodhisattva einen gewissen Abschluß. [15]

Zitate:

[1]  GA 127, Seite 63   (Ausgabe 1975, 256 Seiten)
[2]  GA 13, Seite 272   (Ausgabe 1962, 444 Seiten)
[3]  GA 110, Seite 119   (Ausgabe 1981, 198 Seiten)
[4]  GA 124, Seite 236   (Ausgabe 1963, 254 Seiten)
[5]  GA 106, Seite 56   (Ausgabe 1978, 180 Seiten)
[6]  GA 108, Seite 306   (Ausgabe 1986, 336 Seiten)
[7]  GA 109, Seite 285   (Ausgabe 1979, 304 Seiten)
[8]  GA 191, Seite 267f   (Ausgabe 1983, 296 Seiten)
[9]  GA 124, Seite 52ff   (Ausgabe 1963, 254 Seiten)
[10]  GA 124, Seite 56f   (Ausgabe 1963, 254 Seiten)
[11]  GA 136, Seite 177f   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[12]  GA 110, Seite 15   (Ausgabe 1981, 198 Seiten)
[13]  GA 129, Seite 81   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[14]  GA 129, Seite 85   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[15]  GA 123, Seite 92   (Ausgabe 1959, 264 Seiten)

Quellen:

GA 13:  Die Geheimwissenschaft im Umriß (1910)
GA 106:  Ägyptische Mythen und Mysterien im Verhältnis zu den wirkenden Geisteskräften der Gegenwart (1908)
GA 108:  Die Beantwortung von Welt- und Lebensfragen durch Anthroposophie (1908/1909)
GA 109:  Das Prinzip der spirituellen Ökonomie im Zusammenhang mit Wiederverkörperungsfragen. Ein Aspekt der geistigen Führung der Menschheit (1909)
GA 110:  Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt. Tierkreis, Planeten, Kosmos (1909)
GA 123:  Das Matthäus-Evangelium (1910)
GA 124:  Exkurse in das Gebiet des Markus-Evangeliums (1910/1911)
GA 127:  Die Mission der neuen Geistesoffenbarung. Das Christus-Ereignis als Mittelpunktsgeschehen der Erdenevolution (1911)
GA 129:  Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen (1911)
GA 136:  Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen (1912)
GA 191:  Soziales Verständnis aus geisteswissenschaftlicher Erkenntnis (1919)