Rhythmisches System

Dasjenige, das man rhythmische Tätigkeit im Menschen nennt, dieses rhythmische Erzittern, welches sich äußerlich physisch ausdrückt im Atmungsrhythmus, dieses physische Erzittern setzt sich bis in die Äther- und Astraltätigkeit hinein fort und hält die Erdenkräfte des oberen Menschen, die noch in die Lunge hinein sich konzentrieren, und die Himmelskräfte des unteren Menschen auseinander, die durch die Tätigkeit, die im Herzen dann ihren Ausdruck findet, von unten nach oben wirken, so wie sie im Kosmos von der Peripherie nach dem Zentrum der Erde hin wirken. [1] Wir stehen mit unserem rhythmischen System viel näher der geistigen Welt als mit unserem Denksystem. [2] Das rhythmische System wird das Leben hindurch nicht müde. Das Herz schlägt das ganze Leben hindurch Tag und Nacht. Müde wird der Mensch durch sein Intellektualistisches und durch sein Stoffwechsel- und Bewegungssystem. [3]

Die rhythmische Organisation ist nach zwei Seiten hin polarisch in ihrer Wirksamkeit ausgebildet. Sie ist als Atmungsrhythmus in inniger Beziehung zur Sinneswahrnehmung und zum Denken. In dem Lungen-Atmen ist der Vorgang am gröbsten; er verfeinert sich und wird als verfeinertes Atmen sinnliches Wahrnehmen und Denken. Was noch dem Atmen ganz nahesteht, aber ein Atmen durch die Sinnes-Organe, nicht durch die Lungen ist, das ist das sinnliche Wahrnehmen. Was dem Lungen-Atmen schon ferner ist und durch die Denkorganisation gestützt wird, das ist Vorstellen, Denken; und was schon nach dem Rhythmus der Blutzirkulation hinübergeht, schon ein innerliches Atmen ist, das mit der Gliedmaßen-Stoffwechselorganisation sich verbindet, das offenbart sich in der Phantasie-Tätigkeit. In der Phantasiebetätigung strebt die Denkorganisation an die Willensorganisation nahe heran. Es ist ein Untertauchen des Menschen in seine wachende Schlafsphäre des Willens. Es erscheinen daher bei Menschen, die in dieser Art organisiert sind, die Seelen-Inhalte wie Träume im Wachzustande. In Goethe lebte eine solche Menschen-Organisation. [4]

Wir können allerdings auch dasjenige in diesen Organismus einbeziehen, was gewissermaßen der Peripherie dieses rhythmischen Organismus angehört: den Rhythmus der Ernährung und den Rhythmus der Entleerung, denn dadurch, daß diese einbezogen werden, dadurch wird ja erst das völlige rhythmische System zusammengefaßt. [5] (Siehe auch: Dreigliederung des Menschen).

Zitate:

[1]  GA 312, Seite 331   (Ausgabe 1976, 392 Seiten)
[2]  GA 283, Seite 107   (Ausgabe 1975, 186 Seiten)
[3]  GA 305, Seite 67   (Ausgabe 1979, 264 Seiten)
[4]  GA 26, Seite 240   (Ausgabe 1976, 270 Seiten)
[5]  GA 313, Seite 53   (Ausgabe 1984, 176 Seiten)

Quellen:

GA 26:  Anthroposophische Leitsätze. Der Erkenntnisweg der Anthroposophie – Das Michael-Mysterium (1924/1925)
GA 283:  Das Wesen des Musikalischen und das Tonerlebnis im Menschen (1906/1920)
GA 305:  Die geistig-seelischen Grundkräfte der Erziehungskunst. Spirituelle Werte in Erziehung und sozialem Leben (1922)
GA 312:  Geisteswissenschaft und Medizin (1920)
GA 313:  Geisteswissenschaftliche Gesichtspunkte zur Therapie (1921)