Reinkarnationsintervall

Was würde geschehen, wenn der Mensch gleich wieder ins Dasein träte? Er würde die äußere Umgebung noch ähnlich derjenigen finden, aus welcher er soeben herausgegangen ist und von der er durch Entwickelung des inneren Seelenkernes frei werden wollte. Ebensowenig, wie der innere Seelenkern zu sich selber ein unmittelbares Verhältnis in der Weise hat, daß er gleich wieder «er selber» sein will, ebensowenig kann sich der Mensch selber wieder gleich nach dem Tode verkörpern, denn er würde in sich selber hineinwachsen. Das heißt aber, es kann sich der innere Seelenkern nur nach einer bestimmten Zeit wieder verkörpern. Deshalb wird zwischen dem Tode und der nächsten Geburt so viel Zeit vergehen, daß wir zum Beispiel nicht wieder in dasselbe Sprachgebiet hineingeboren werden und daß sich auch die anderen Verhältnisse ringsherum geändert haben. Das aber, was wir in der Zwischenzeit nicht mitmachen konnten, müssen wir durch Erziehung und Unterricht nachholen. Deshalb müssen Erziehung und Unterricht ergänzend zu demjenigen hinzutreten, was wir in den besonderen Anlagen und Fähigkeiten haben, die wir aus der Frucht früherer Leben heraufbringen. [1]

Aber das Gesetz der Reinkarnation für unsere Zeit ist so, daß in der Tat für die Menschen, welche jetzt dumpf durch die Welt gehen und sich nichts von den Erlebnissen sagen lassen, daß man den Rätseln des Daseins nachforschen muß, verhältnismäßig bald ein nächstes Leben eintritt, daß sie sich bald wieder inkarnieren, daß sie also reichlich Gelegenheit finden werden, sich mit den geisteswissenschaftlichen Wahrheiten bekannt zu machen. [2]

Unter normalen Verhältnissen, wenn man nicht gerade ein Verbrecher oder ein ähnlicher Mensch gewesen ist, dauert eben diese Zeit ziemlich lang zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Man kommt wiederum auf die Erde, wenn die Verhältnisse, in denen man gelebt hat, ganz andere geworden sind. Gewiß, manche Menschen kommen in die alten Verhältnisse schon wieder hinein; das tut ihnen dann sehr weh. Aber normalerweise kommt man eigentlich erst wiederum auf die Erde, wenn die Verhältnisse ganz andere geworden sind. [3] Solche Leute, die viel sich beschäftigt haben mit der geistigen Welt, können sich dort besser entwickeln, bleiben dort länger und kommen später wieder zurück. Dagegen derjenige, der sich nur mit der materiellen Welt beschäftigt, der kommt verhältnismäßig bald wiederum. [4] Es ist das Eigentümliche bei vielen solchen Persönlichkeiten, die gerade repräsentativ auftreten, daß ihre Inkarnationen in der Regel nicht weit zurückliegen, sondern verhältnismäßig wenig weit gerade in der neueren Zeit zurückliegen. [5]

Nehmen Sie an, jemand ist schon 60 Jahre alt geworden, und er erinnert sich mit 60 Jahren zurück an ein Ereignis, wo er gerade 4 Jahre alt war. Nun hat er 56 Jahre gebraucht nach diesen 4 Jahren, um zu vergessen, um innerlich zu vergessen. Vierzehnmal seine erste Kinderzeit hat er gebraucht, um zu vergessen. Wenn er 60 Jahre alt geworden ist, so braucht er wiederum vierzehnmal so lang, um sich in der geistigen Welt das wiederzugewinnen, was er da vergessen hat. Also er braucht 60 mal 14 Jahre, 840 Jahre. Dann hat er wiederum in der geistigen Welt die Fähigkeit erworben, so etwas zu haben, wie das kleine Kind in seinen ersten vier Jahren gehabt hat, um aufzubauen. Das heißt nach 840 Jahren kann er wiederum auf die Erde kommen. [6] (Siehe auch andere Berechnung: Inkarnationsintervall).

Zitate:

[1]  GA 62, Seite 177f   (Ausgabe 1960, 499 Seiten)
[2]  GA 130, Seite 191   (Ausgabe 1962, 354 Seiten)
[3]  GA 353, Seite 151   (Ausgabe 1968, 308 Seiten)
[4]  GA 350, Seite 15   (Ausgabe 1962, 314 Seiten)
[5]  GA 235, Seite 166   (Ausgabe 1984, 228 Seiten)
[6]  GA 349, Seite 147   (Ausgabe 1961, 264 Seiten)

Quellen:

GA 62:  Ergebnisse der Geistesforschung (1912/1913)
GA 130:  Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit (1911/1912)
GA 235:  Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge - Erster Band (1924)
GA 349:  Vom Leben des Menschen und der Erde. Über das Wesen des Christentums (1923)
GA 350:  Rhythmen im Kosmos und im Menschenwesen. Wie kommt man zum Schauen der geistigen Welt? (1923)
GA 353:  Die Geschichte der Menschheit und die Weltanschauungen der Kulturvölker (1924)