Sauerstoff

Der Sauerstoff ist physisch das, was sonst als Prana in den Pflanzen lebt. [1] Nehmen wir einmal an, es wäre mehr Sauerstoff der Luft zugemischt, dann würden wir schneller leben, das heißt, wir würden eine nach Jahren berechnet weit kürzere Lebensdauer auf der Erde haben. Die Zeit würde gewissermaßen zusammengezogen werden, und unsere Lebensdauer müßte kürzer sein. [2] Die Luft, die empfinden wir seelisch: Überschuß an Kohlensäure als Angst, Überschuß an Sauerstoff als Ohnmacht, indem wir wie im Kosmos aufgelöst werden. [3]

Was äußerlich den Sauerstoff als Leib hat, das ist innerlich die Monade. Sobald Sauerstoff auf der Erde auftritt, hat die Monade (der ewige Teil des Menschen) die Fähigkeit, sich zu inkarnieren. Es ist die Sucht, die Monade für sich zu bekommen, wenn der (Geistes-) Schüler (durch Atemübungen) viel Sauerstoff einzuatmen und in sich zu behalten sucht. Sauerstoff ist nicht nur etwas materiell Äußerliches. Man muß den Sauerstoff seinem Geist nach untersuchen. So haben wir äußerlich Sauerstoff, innerlich die Monade. Der Atmungsprozeß bildete daher in der lemurischen Zeit den Körper für die herabsteigenden Söhne des Manas. [4]

Das Leben der Nahrungsmittel in uns muß von uns kommen. Und das geschieht auf dem Wege von der Darmorganisation durch die Gefäße zum Herzen hin. So daß Sie sich also vorstellen können: Wenn die Nahrungsmittel vom Mund in den Darm dann gelangen, gehen allmählich die letzten Spuren der Außenwelt verloren, aber sie werden neu belebt bis zum Herzen hin. Das Neubeleben bedeutet eben, daß sie von unserem eigenen Ätherleib aufgenommen werden. Sie würden nun aber zu wenig den Charakter des Irdischen haben, wenn bloß das geschehen wäre; wir würden nämlich Wesen sein müssen, die bis zum Herzen hin bloß Mund- und Verdauungsapparat haben und dann müßten wird anfangen, Engel zu sein, denn es würde unser Ätherleib die Nahrungsmittel aufnehmen und ganz auflösen. Wir würden nicht irdisch sein können. Daß wir Erdenmensch sein können, das wird dadurch bewirkt, daß nun der Sauerstoff der Luft aufgenommen wird. Der Sauerstoff ist derjenige Stoff, der etwas, das sich sonst nur als ein Ätherisches bilden würde, ins Irdische hereinversetzt. [5]

Nun, dieses Ätherische, das würde etwas sein, was zunächst als Ätherisches innerhalb unserer physischen Erdenwelt nicht existieren könnte, wenn es für sich bliebe. Es würde sozusagen wie in ein Nichts überall hindurchschlüpfen, würde nicht angreifen können dasjenige, was es anzugreifen hat in der physisch-irdischen Welt, wenn es nicht einen physischen Träger hätte. Und dieser physische Träger des Geistigen das im Ätherischen wirkt – wir können sagen, im Ätherischen wirkt das niederste Geistige –, dieser physische Träger das ist der Sauerstoff. Aber in diesem Sauerstoff lebt überall das niederste Übersinnliche, das Ätherische, wenn es nicht daraus getötet ist, wie es in der Luft getötet sein muß, die wir um uns haben. In der Atmungsluft ist das Lebendige des Sauerstoffs getötet, damit wir nicht ohnmächtig werden durch den lebendigen Sauerstoff. Kommt er durch die Atmung in uns hinein, wo er lebendig sein darf, so wird er wiederum lebendig. Es ist nicht derselbe Sauerstoff, der da in uns zirkuliert, wie er äußerlich ist, wo er uns umgibt. Er ist in uns lebendiger Sauerstoff, und er wird auch gleich lebendiger Sauerstoff, wenn er aus der Atmungsluft in den Erdboden hineindringt, wenn auch sein Leben da ein geringergradiges ist wie in uns Menschen oder Tieren. Der Sauerstoff unter der Erde ist nicht derselbe wie derjenige, der über der Erde ist. [6]

Wenn im Menschen Sauerstoff ist, der noch nicht zur Kohlensäure verarbeitet wurde, Sauerstoff, der auf dem Umwege zur Verarbeitung in Kohlensäure, zur Umlagerung in Kohlensäure ist, so ist das, nach einer gewissen Richtung hin, das materielle Korrelat für den Willen. Wo im Innern des menschlichen Leibes schon Kohlensäure ist, die noch nicht ganz so bearbeitet wurde, daß sie ausgestoßen oder ausgeatmet wird, da ist die materielle Grundlage für eine Gedankenform. Der Gedankenpol kann auch Kohlensäurepol genannt werden, der Willenspol kann Sauerstoffpol genannt werden. [7] Würden wir mehr Sauerstoff aufnehmen, so würde unser Leben viel kürzer sein. Unser Leben wird in dem Maße verlängert, je mehr der Kohlensäurebildungsprozeß durch das Blut entgegenkommt der Aufnahme des Sauerstoffes im Atmungsprozeß.

Wir müssen, wenn wir ins Einzelne eingehen und identifizieren würden mit inneren Organen dasjenige, was der Sauerstoff, wenn er sich außen aufhält, wirkt, es innerlich identifizieren mit dem Nieren-Harnsystem. Dasjenige, was der Kohlenstoff, wenn er außen seine Bildekräfte entfaltet, wirkt, das müssen wir innerlich identifizieren mit dem Lungensystem, aber jetzt nicht das Lungensystem als Atmungssystem aufgefaßt, sondern die Lunge, insofern sie ihre Eigenbildungskräfte hat. [8]

Unsere gewöhnliche Luft, die aus Stickstoff und Sauerstoff besteht, die ist ja nicht ewig dagewesen, die ist ja erst seit der Zeit vorhanden, seit sich die Sonne von der Erde getrennt hat; da ist der Stickstoff gekommen. Und seit sich der Mond getrennt hat, da ist der Sauerstoff gekommen. Ein(st)mals ist der Mond aus der Erde herausgegangen (siehe: Erdentwickelung), hat der Luft den Sauerstoff geschenkt und dem Erdboden die Kohle. [9]

Zitate:

[1]  GA 266/1, Seite 151   (Ausgabe 1995, 622 Seiten)
[2]  GA 213, Seite 224   (Ausgabe 1969, 251 Seiten)
[3]  GA 270/3, Seite 213   (Ausgabe 0, 0 Seiten)
[4]  GA 93a, Seite 239   (Ausgabe 1972, 286 Seiten)
[5]  GA 218, Seite 70ff   (Ausgabe 1976, 336 Seiten)
[6]  GA 327, Seite 69f   (Ausgabe 1963, 306 Seiten)
[7]  GA 186, Seite 266   (Ausgabe 1979, 330 Seiten)
[8]  GA 312, Seite 233f   (Ausgabe 1976, 392 Seiten)
[9]  GA 351, Seite 39f   (Ausgabe 1966, 270 Seiten)

Quellen:

GA 93a:  Grundelemente der Esoterik (1905)
GA 186:  Die soziale Grundforderung unserer Zeit – In geänderter Zeitlage (1918)
GA 213:  Menschenfragen und Weltenantworten (1922)
GA 218:  Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus (1922)
GA 266/1:  Aus den Inhalten der esoterischen Stunden. Band I (1904-1909)
GA 270/3:  Esoterische Unterweisungen für die erste Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum. Band III (1924)
GA 312:  Geisteswissenschaft und Medizin (1920)
GA 327:  Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft. (Landwirtschaftlicher Kursus) (1924)
GA 351:  Mensch und Welt. Das Wirken des Geistes in der Natur. Über das Wesen der Bienen (1923)