Mysterien – Eleusinien

Wenn wir nach Griechenland hinübergehen, da haben wir, ich möchte sagen, als die populärsten Mysterien die Eleusinischen Mysterien. Und diejenigen, die in die Eleusinischen Mysterien eingeweiht waren, das waren die Telesten. Schauen wir uns einmal an, was in dieser Benennung «Eleusis» steckt, und zweitens was in dieser Bezeichnung «Telesten» steckt. Eleusis ist ja nur die etwas sprachliche Umwandlung von Elosis, und heißt eigentlich: der Ort, wo die Kommenden sind, diejenigen, die die Zukunft in sich tragen wollen. Das deutet darauf hin, daß der Mensch das Bewußtsein hatte, er ist so, wie er da steht, mehr ein Unvollkommener, und muß ein Kommender werden, einer der die Zukunft in sich trägt. Telos nimmt die Zukunft voraus. Der ganze Sinn dieses Einweihens erlitt einen Bruch, als es hinüberkam ins Römertum. Da wurde der Ausdruck der Telesten allmählich der der Initiierten – initium = Anfang. Es wurde das Ziel sozusagen von dem Erdenende nach dem Erdenanfang verlegt. Diejenigen, die eingeweiht waren in die Geheimnisse des Kommenden (also die Telesten) wurden Wissende (Initiierte) des Vergangenen. Die promethisch Strebenden wurden epimetheisch, nach dem Wissen des Vergangenen Strebende. Vom Vergangenen kann aber nur das abstrakte Wissen bleiben; wenn man in die Zukunft hin will, braucht man ein lebendiges, willengetragenes Wissen, denn da muß der Wille sich hineinentwickeln. [1]

Der Grieche war sich bewußt, daß dieselben Kräfte, die in den Tiefen der Erde wirken, auch in den Tiefen der menschlichen Seele wirken. Wie Persephone von Pluto geraubt wird, so wurde im Laufe des Menschenwerdens das alte hellseherische Vermögen durch den «Pluto» im eigenen Seeleninneren geraubt. Nun ist Persephone die Tochter der Demeter, und wir werden dadurch auf die Anschauung geführt, daß wir in Demeter eine noch ältere Regentin sowohl der äußeren Naturkräfte wie auch der Kräfte der menschlichen Seele zu sehen haben. (So) daß Demeter eine Gestalt der griechischen Götterlehre ist, die uns hinweist auf jene (alte) hellsichtige Anschauung der alten Atlantis – denn da ist sie wirklich zu finden –, die zu dem ältesten Weisheitsgut der atlantischen Menschheit gehört. Wenn der atlantische Mensch hineinschaute in die geistige Welt, sah er diese Demeter, sie begegnete ihm wirklich. So sagte sich ein solcher Mensch: Da draußen in der Natur wirken Kräfte; sie ziehen durch die Nahrung, durch die Atmung in mich ein. Was sie draußen sind, wird regiert von der großen Demeter. In dem Menschen, in der menschlichen Organisation, wird durch die Kräfte, die Demeter als fruchtende Göttin in aller Umgebung wirkt, das hellseherische Vermögen geboren, das repräsentiert ist durch Persephone. So fühlte sich der Mensch hineingestellt in die Naturwunder; er fühlte in sich das hellseherische Vermögen geboren werden als die Geburt der Persephone und fühlte, daß er diese Geburt der Demeter verdankt, die dieselben Kräfte ausgebreitet draußen im weiten All entwickelt, die dann im Menschen zur hellseherischen Kraft sich entfalten. So blickte der alte Mensch hinauf zur großen Demeter, und so hatte man im alten Griechenland noch ein Bewußtsein des Hinaufblickens zu dieser großen Demeter. (Die Griechen) haben aber daraus schon gesehen, daß sich der menschliche Organismus, die ganze Leibesorganisation seit jener alten Zeiten geändert hat. Unser heutiger Leib, wie er in seinen Muskeln und Knochen organisiert ist, ist wesentlich dichter, in sich konsolidierter, als es der Leib jener Menschen war, die noch Persephone in sich gebären konnten, die noch das alte hellseherische Vermögen hatten. Und weil unsere Organisation dichter geworden ist, kann sie auch sozusagen die hellseherischen Kräfte im Unterirdischen der Seele festhalten. [2] Und indem man noch im alten Griechenlande fühlt, daß der alte – sagen wir symbolisch – weiche menschliche Leib in sich selber dichter wird, nimmt er die Kräfte auf, die im Innern der Erde wirksam sind, während er früher mehr von den Kräften beherrscht war, die den Luftkreis in Anspruch nahmen und dadurch ihn weicher machten. Und immer wirksamer und wirksamer auf den menschlichen Leib wird das, was im Unterirdischen der Erde wirkt, was von Pluto regiert wird. [3]

Und es sagte sich der ältere Mensch: Ich blicke hinauf zur großen Demeter. Wenn ich dieses oder jenes vollbringe in der Welt, so vollbringe ich es dadurch, daß in mein Gehirn hineingeschickt werden die Kräfte, die draußen in der Pflanzenwelt sind. – Sie war eine selbstverständliche, nicht ins Bewußtsein heraufleuchtende, aber die Seele antreibende Gesetzgeberin, die Demeter der alten Zeit. Und so war es auch mit anderen Göttern. Indem sie den Menschen ernährten, ihn atmen ließen, die Impulse zum Gehen und Stehen anregten, gaben sie ihm zugleich die Impulse für Moral und alles äußere Verhalten. Indem die Götter jene Formen annahmen, von denen wir für die späteren Zeiten gesprochen haben, sagen wir, daß Demeter den Verlust ihres Kindes Persephone in der menschlichen Natur sah, den Raub durch die dichtere Körperlichkeit, so daß jetzt diese hellseherischen Kräfte nur mehr verwendet werden zur groben Ernährung der Körperlichkeit – indem Demeter sozusagen sich zurückzog von jener unmittelbaren moralischen Gesetzgebung der alten Zeit, stiftete sie ein Mysterium und gab von da aus in der neuen Gesetzgebung den Ersatz für die alte Gesetzgebung, die durch die Naturkräfte wirkte. So zogen sich die Götter von den Naturkräften zurück und in die Mysterien hinein. [4]

Diese Demeterkräfte mußten sich auch von der menschlichen Leibesorganisation zurückziehen, mußten weniger wirksam werden. Was macht den dichteren menschlichen Leib sozusagen frisch und gesund? So wie den alten menschlichen Leib in uralten Zeiten frisch und gesund gemacht hat die Demeter, so macht den neuen Leib frisch und gesund Eros, das heißt das, was in den Naturkräften durch Eros repräsentiert wird. Wenn mit dem Altern des Menschen sich Eros von ihm zurückzieht, dann beginnt wieder der Einfluß der Demeter auf die menschliche Leibesorganisation. Dann kann Demeter in gewisser Beziehung wiederum in die menschliche Leibesorganisation hinein, dann tritt, was Repräsentant der fruchtenden Keuschheit ist, gegenüber der Erosorganisation in den Vordergrund. Und auf ein ganz gewaltiges Mysterium im Werden des Menschen werden wir hingewiesen, wenn wir das Altern des Menschen – die Umwandlung der Eroskräfte in die Demeterkräfte – in diesem Sinne verfolgen. Solche tiefen Dinge wurden hineingeheimnißt in das eleusinische Drama. [5]

So bedeutet die Oberwelt in der Persephonesage eigentlich die himmlischen Regionen, in denen Persephone als unsterblich ist. Und die Unterwelt ist ein Sinnbild der Erde. Ursprünglich stammt die Seele aus himmlischen Regionen. Sie wird aber von Zeit zu Zeit auf der Erde verkörpert. Sie genießt hier, auf der Erde, von deren Früchten (Granatapfel) und muß deshalb immer wieder zurückkehren. Das heißt, die Seele hat die Begierde zum Irdischen, und wird dadurch zu immer neuen Verkörperungen getrieben. Die Erdenseele (Demeter) möchte ihrer Tochter, der Menschenseele, die Unsterblichkeit geben. Deshalb sucht Demeter das ihr anvertraute Kind im Feuer zu läutern, zu heilen von der Sterblichkeit. Nun wurde in Zusammenhang mit diesem Drama von der Menschenseele das Schicksal des Gottes Dionysos gebracht. Dionysos ist der Sohn des Zeus und einer sterblichen Mutter, der Semele. Zeus entreißt das noch unreife Kind der vom Blitze erschlagenen Mutter und bringt es zur Reife in der eigenen Hüfte. Hera, die Göttermutter, reizt die Titanen gegen das Kind auf. Sie zerstückeln es. Aber Athene rettet das Herz des Knaben und bringt es dem Zeus. Dieser erzeugt daraus zum zweiten Male den Dionysos. Der von Unsterblichem und Sterblichem abstammende Dionysos ist das Sinnbild des Menschengeistes. Und in dem Menschengeist ist ein Teil des göttlichen Geistes selbst zu erkennen. Dieser Geist erscheint in dem Menschen nicht rein, sondern in dem Gewande der Leidenschaften. Die Titanen sind das Sinnbild dieser Leidenschaften. Sie lassen in dem einzelnen Menschen nicht den ganzen, reinen Gottesgeist wirken, sondern immer nur ein Stück desselben. Aber trotzdem gibt es in jedem Menschen den Quell des Göttlichen (das Herz). Dieser wird durch die Weisheit (Athene) gerettet. Die Läuterung, die Heilung des durch die titanischen Leidenschaften zerstörten Gottesgeistes wird in dem Dionysosdrama dargestellt. Nimmt man nun die beiden Dramen, das Persephone- und Dionysosdrama zusammen, so ergibt sich das menschliche Urdrama, wie es den Griechen dargestellt wurde, die zu den eleusinischen Mysterien zugelassen wurden. Aus Geist und Seele besteht der innere, der höhere Mensch. Die Seele entstammt der unsterblichen Erdseele, der Geist dem ewigen Gottesgeiste. Die Erdenlaufbahn stellt für die Seele eine Unterbrechung, für den Geist eine Zerstückelung dar. Beide müssen geläutert, gereinigt von dem Irdischen werden. Die irdischen Leidenschaften müssen zu geistigen werden. Der Mensch, der die beiden Dramen sah, sollte angeregt werden, mit der eigenen Seele und dem eigenen Geiste diese Läuterung vorzunehmen. In dem Schicksale der Persephone und des Dionysos sollte er das eigene sehen. Die große Selbsterziehung, welche er mit sich vorzunehmen habe, wurde ihm in diesen Dramen vorgeführt. [6]

Wir müssen nun die eigentlichen Kräfte, die da wirksam sind, vor allen Dingen die Eros- und Demeterkräfte, in dem Ätherleibe suchen. Sie werden vom Ätherleib hinaufgeschickt in den astralischen Leib und hinuntergeschickt in den physischen Leib. Ganz umgestaltet wurden diese drei Leiber. Das, was man Erkrankung, was man die Gesundheit des physischen Leibes des Menschen nennt, unterlag in alten Zeiten ganz anderen Ursachen. Da war alles das, was menschliche Gesundheit ist, mit den geistigen Verhältnissen der geistigen Welt in einem unmittelbaren Zusammenhang. Heute ist der physische Leib des Menschen mit den äußeren physischen Verhältnissen und Bedingungen im Zusammenhang und dadurch von den physischen Verhältnissen und Bedingungen abhängig. Das zweite bezieht sich auf den menschlichen Ätherleib selber. In ihm liegen zwar die Kräfte der Umgestaltung, aber er hat sich selber auch verändert. Eine Bilderwelt sah der Mensch um sich. Diese Bilder werden zwar hervorgerufen durch die Kräfte des astralischen Leibes, aber der astralische Leib könnte sie, wenn er auf sich angewiesen wäre, nicht sehen. Das, was der Mensch wahrnimmt von dem, was in seinem eigenen astralischen Leib vorgeht, ist das, was ihm sein Ätherleib spiegelt. Und vom Ätherleibe hängt es ab, ob der Mensch überhaupt etwas weiß von der Welt. Der Schlüssel zur Welt-Erkenntnis liegt im Ätherleib. [7] Wir können sagen: im menschlichen Astralleib wird die Fackel der Erkenntnis entzündet, und die ändert sich wiederum im Laufe des geschichtlichen Werdens der Menschheit, so daß in alten Zeiten der Mensch die hellseherische Bilder-Erkenntnis hatte und heute die intellektuelle Verstandes-Erkenntnis. So haben sich die Kräfte des Astralleibes geändert. Während also der Mensch dieses geschichtliche Werden durchmachte, waren Kräfte in der menschlichen Natur, welche das ganze Verhältnis der Demeter zu den Menschen änderten. Aus dem alten, dünnen menschlichen Leib, aus dem alten, hellseherische Fähigkeiten entwickelnden Astralleib wurde sozusagen die Demeter ausgetrieben. Eros wirkte ein. Dafür wurden die andersgearteten erosfreien Kräfte der menschlichen Natur mehr der Demeter unterstellt. Es wirkte also eine Kraft des Werdens in drei Arten auf die menschliche Natur während dieser Zeit von der alten atlantischen Zeit bis heute. Wie wunderbar ist es, daß uns aus der alten griechischen Götterlehre entgegenleuchtet der Repräsentant dieser Werdekräfte der menschlichen Natur, die in uns allen wirken, die unseren Astralleib umgestalten, die deshalb auch die Natur der Demeter umgestalten, jene Kräfte, die im menschlichen Ätherleibe sind und auf den physischen Leib und auf sich selber und auf den Astralleib wirken, (diese) sind repräsentiert in der dreifachen Hekate. Und Sie können noch heute in Rom dieses Bild der dreifachen Hekate sehen. Sie wird so dargestellt: die eine Organisation der Hekate, die sich bezieht auf die Krankheits- und Gesundheitsbedingungen, wird mit dem Symbolum des Dolches und der Schlange ausgestattet, welch letztere ja auch dem Äskulap beigegeben wird als dem Repräsentanten der Gesundheitskunde. Der Dolch repräsentiert die äußeren Einflüsse. Damit wies man hin, daß man jene Kräfte meinte, die den Ätherleib in bezug auf sein Werden beeinflußten. Das zweite Bild der Hekate müßte dann hinweisen darauf, daß sich im Ätherleibe geändert hat der Schlüssel zur Erkenntnis der Welt. Und welches Symbol hat das zweite Bild der dreifachen Hekate? Den Schlüssel und einen Bund Stricke als Symbolum für das Gedankenlabyrinth. Und die dritte Hekate hat die Fackel als die Fackel der Erkenntnis, wie sie sich im Astralleibe bildet. [8]

Während in den Mithras-Mysterien alles darauf ankam, man möchte sagen, in leiblicher Art sich selbst zu erleben, kam bei den Eleusinien alles darauf an, nun gar nicht sich in sich zu erleben, sondern sich außer sich zu erleben. In den Eleusinien wurde der Mensch seelisch aus sich herausgeholt, so daß er außer dem Leibe miterlebte die geheimnisvollen Impulse des Natur- und Geistesschaffens außer ihm. Die Eleusinien waren einige Jahrhunderte vor der christlichen Zeitrechnung zu ihrer Höhe hinangestiegen. Und wenn man fragt, was eigentlich in den Mysterien für den Menschen geleistet wurde, so muß man sagen: Die Antwort wurde geleistet auf die große delphische Aufforderung «Erkenne dich selbst!» Durch die Eleusinien wurde die Selbsterkenntnis dem Menschen dadurch, daß die Seele durch die verschiedenen, hier nicht weiter zu beschreibenden Verrichtungen herausgeholt wurde aus dem Leibe, und der Mensch außer dem Leibe in Zusammenhang kam mit der geheimnisvollen Kraft der Sonnenwirkung, des Sonnen-Impulses auf der Erde, mit den Kräften des Mond-Impulses auf der Erde, mit den Kräften der Sternen-Impulse, der Impulse der einzelnen elementaren Kräfte, der Wärmekräfte, Luftkräfte, Feuerkräfte und so weiter. Da wiederum durchwellten des Menschen Seelisches, das aus dem Leibe geholt wurde, die äußeren Elemente, das äußere Dasein, und in diesem Zusammenprall mit dem Äußeren wurde die Selbsterkenntnis erreicht. Und was die Leute wußten, die den eigentlichen Sinn des Mysterienwesens kannten, das war das: Man kann zu allem seelischen Erleben kommen; nur dazu kann man nicht kommen, etwas Reales mit dem Begriff des «Ich» zu verbinden, wenn es nicht aus den Mysterien kommt. Denn sonst blieb das Ich immer etwas Abstraktes für diese Zeit, wenn es nicht aus den Mysterien kam. Das andere Geistig-Seelische konnte man erleben, aber das Ich mußte auf diese Weise angeregt werden, es bedurfte dieser starken Anregung. [9]

In dem Mysterium von Eleusis wurden die Schüler hingeführt vor zwei Bildsäulen. Und die eine dieser Bildsäulen stellte ihm dar eine väterliche Gottheit, welche umgeben war von den Zeichen des Planetarischen und Sonnenhaften; jene väterliche Statue, welche ihm zum Beispiel darstellte den strahlenden Saturn, aber so strahlend, daß der Schüler erinnert wurde: Ja, das ist die Bleistrahlung des Kosmos. So daß ihm in der Statue, die das Väterliche darstellte, erschien, was an Geheimnissen hereinstrahlte von der planetarischen Umgebung der Erde, was verwandt war den einzelnen Metallen der Erde, die aber innerhalb der Erde schon unbrauchbar geworden waren für das menschliche Innere. Sieh, so wurde dem Schüler gesagt, da steht der Vater der Welt vor dir, er trägt im Saturn das Blei, im Jupiter das Zinn, im Mars das dem Erdenwesen verwandte Eisen – aber in einem ganz anderen Zustande –, in der Sonne das strahlende Gold, in der Venus das strahlend-strömende Kupfer, im Merkur das strahlende Quecksilber, im Monde das strahlende Silber. Du trägst in dir nur dasjenige vom Metallischen, was du dir aneignen konntest aus den planetarischen Zuständen, die die Erde früher einmal gehabt hat. Vom jetzigen Zustand kannst du dir nur das Eisen aneignen. [10] Das, was heute dir in diesen kompakten, dichten Metallen erscheint, das ergoß sich einstmals aus dem Kosmos in die Erde in einem ganz anderen Zustande. Diese Metalle, wie du sie heute von der Erde kennst, sind die Leichname der einstigen Metallwesen. Schaust du den ganz anderen Zustand im Geiste, dann wird dir diese Statue in dem, was sie dir entgegenträgt an Heutigem, zur wahrhaft väterlichen Statue. Und im Geiste, wie in einer realen Vision, wurde die Statue der wahren Mysterien in Eleusis, lebendig und reichte der weiblichen Gestalt, die daneben stand, dasjenige, was dazumal die Metalle waren. Und die weibliche Gestalt nahm diese ehemalige Gestalt der Metalle entgegen in der Vision des Schülers und umzog sie mit demjenigen, was die Erde von sich aus, als sie Erde wurde, geben konnte. So sah der Schüler diesen wunderbaren Prozeß, diesen wunderbaren Vorgang: Da strahlte einmal, so wie jetzt wiederum symbolisch, aus der väterlichen Statuenhand, da strahlte die Metallmasse, und dasjenige, was die Erde war, trat, sagen wir zum Beispiel mit ihrem Kalk oder sonstigen Gestein entgegen dem, was da einstrahlte, und umgab das metallisch Einströmende mit irdischer Substanz, so wie die liebevoll von der einen mütterlichen Statue hinaufreichende Hand dasjenige entgegennahm, was von der väterlichen Statue an metallischer Kraft der mütterlichen Statue gereicht wurde. Das war ein großer, gewaltiger Eindruck, denn man sah darinnen das Kosmische mit dem Irdischen zusammenwirken im Laufe der Äonen. Und man lernte dasjenige, was die Erde darbietet, in seiner richtigen Weise empfinden. Dasjenige, was da dem Metall entgegenkam, man nannte es die Mutter. Und die wichtigsten dieser irdischen Substanzen, die sich dem Himmlisch-Metallischen entgegenstellten, um sie aufzunehmen, nannte man die Mütter. [11] Das ist auch ein Aspekt für jene «Mütter», zu denen Faust hinuntersteigt.

Und dann, wenn der Schüler solches durchgemacht hatte, wenn ihm solches seelisch vertieft worden war von der väterlichen und der mütterlichen Statue, die die beiden einander entgegengesetzten Kräfte, die Kräfte des Kosmos, die Kräfte des Irdischen in seiner Seele vergegenwärtigten, dann wurde er sozusagen in das Allerheiligste geführt, auch in Griechenland. Da hatte er das Bild vor sich: die weibliche Gestalt, an ihrer Brust das Kind säugend. Dann wurde er eingeführt in das Verständnis der Worte: Und das ist der Gott Jakchos, der einst kommen wird. So lernte der griechische Schüler voraus das Christus-Mysterium verstehen. [12]

Dieses Metallgeheimnis, das in den eleusinischen Mysterien durch das geschilderte mächtige Planiglobium der männlichen Statue gegeben worden ist, wurde in den Unterricht hineinverwoben auch noch zur Aristoteleszeit, und an diesem Metallgeheimnis enthüllte sich das Geheimnis der Planeten. Man empfand ja nicht so grob wie heute; man empfand, indem man an das Metall Blei herantrat, man empfand ein Mitgehen mit der bleigrauen Metallität. Man kam in einen gewissen Bewußtseinszustand, man kam wirklich in eine Stimmung hinein, wie wenn die ganze Vorzeit der Erde vor einem aufstünde, indem das Gegenwärtige abgeblendet war durch das Bleigrau. Saturn-Natur enthüllte sich. Man fühlte die Verwandtschaft der Qualität Gold mit dem, was von der Sonne im Blute des Menschen wirkte. Und durch diese Empfindung kam man dazu, die Natur des Sonnenhaften zu begreifen. Und so nahm man durch die einzelnen Metalle das ganze Planetensystem wahr. [13]

Die naturwissenschaftlichen Schriften des Aristoteles enthielten die eleusinischen Naturerkenntnisse in Gedankenform. Was innerhalb der Eleusinien Vater genannt worden ist, wird in den Schriften des Aristoteles zur Form. Was Mutter genannt wurde, bezeichnet Aristoteles als Materie. We. 152

Zitate:

[1]  GA 225, Seite 112f   (Ausgabe 1990, 192 Seiten)
[2]  GA 129, Seite 35f   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[3]  GA 129, Seite 37   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[4]  GA 129, Seite 38f   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[5]  GA 129, Seite 40f   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[6]  GA 34, Seite 155f   (Ausgabe 1960, 627 Seiten)
[7]  GA 129, Seite 42ff   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[8]  GA 129, Seite 45ff   (Ausgabe 1960, 254 Seiten)
[9]  GA 175, Seite 320ff   (Ausgabe 1982, 416 Seiten)
[10]  GA 232, Seite 154f   (Ausgabe 1974, 222 Seiten)
[11]  GA 232, Seite 156f   (Ausgabe 1974, 222 Seiten)
[12]  GA 232, Seite 158   (Ausgabe 1974, 222 Seiten)
[13]  GA 232, Seite 168f   (Ausgabe 1974, 222 Seiten)

Quellen:

GA 34:  Lucifer – Gnosis. Grundlegende Aufsätze zur Anthroposophie und Berichte aus den Zeitschriften «Luzifer» und «Lucifer – Gnosis» 1903 – 1908 (1903-1908)
GA 129:  Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen (1911)
GA 175:  Bausteine zu einer Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha. Kosmische und menschliche Metamorphose (1917)
GA 225:  Drei Perspektiven der Anthroposophie. Kulturphänomene, geisteswissenschaftlich betrachtet (1923)
GA 232:  Mysteriengestaltungen (1923)