Mineralreich

Wenn der Mensch als alter Mensch stirbt, wird er dem mineralischen Reich als Leichnam ähnlich. Man kommt in die Sphäre des Leblosen, indem man älter wird. Da sondert man seinen Leichnam ab. Der ist nicht mehr Mensch. Schauen wir uns das mineralische Reich an: das ist nicht mehr Gott. Die Gottheit ist im pflanzlichen, im tierischen, im menschlichen Reiche. Da haben wir sie gefunden in ihren 3 Hierarchien. Im Mineralreich ist sie so wenig, wie der menschliche Leichnam Mensch ist. Das mineralische Reich ist der göttliche Leichnam. Allerdings der Mensch wird älter um Leichnam zu werden, und die Götter werden jünger, um Leichnam zu werden. Die Götter machen nämlich den anderen Weg durch, den wir nach unserem Tode durchmachen. Und das Mineralreich ist deshalb das jüngste Reich. Aber es ist dennoch dasjenige, was von den Göttern abgesondert wird. Und weil es von den Göttern abgesondert wird, kann der Mensch darinnen als in dem Reiche seiner Freiheit leben. [1]

Die Himmelskörper, die der Mensch heute sieht, sind diejenigen, die sich mineralisiert haben. Unser Auge kann nur die Gegenstände sehen, die mineralische Substanz enthalten und das Licht reflektieren, das heißt, die einen physischen Körper besitzen. Wenn der Okkultist vom Mineralreich spricht, so spricht er nicht von Steinen, sondern von der Sphäre, in der sich heute das menschliche Bewußtsein entwickelt. Der Mensch lebt heute in der mineralischen Welt. [2]

Der Kristall, den wir heute aus der Erde hervorholen – ihn haben die Götter geformt, wie wir unsere Monumente errichten und unsere Maschinen konstruieren. Ebenso wie sie in der Vergangenheit aus einer chaotischen Masse die mineralische Welt geschaffen haben, ebenso sind unsere Kathedralen, unsere Erfindungen, ja unsere Einrichtungen überhaupt Samenkörner, aus denen eine künftige Welt hervorgehen wird. [3] Wir müssen (also) zu diesen Vorstellungen aus der mineralischen und pflanzlichen Welt auch alles dasjenige hinzuzählen, was uns aus dem Himmelsraume an Vorstellungen, an Eindrücken, an Wahrnehmungen zukommt: der gestirnte Himmel über uns, die Sonne, der Mond, indem sie uns physische Bilder als Wahrnehmungen ermöglichen während unseres Erdenlebens, gehören durchaus zu dem, was ich jetzt zur mineralischen Natur rechne. [4]

Das Mineralreich, das uns heute umgibt, ist nichts anderes als das, was ausgeschieden ist aus den höheren Reichen. Auf der Erde erst kam das Mineralreich hinzu, und es bildete sich deshalb, weil auf der Erde noch immer solche Wesenheiten vorhanden waren und wirkten, wie auf dem Saturn. Das Mineralreich kam überhaupt zustande durch die Tätigkeit der Geister der Persönlichkeit, der Archai. [5]

Das mineralische Reich bildet einen merkwürdigen Gegensatz zum Menschen. Während wir sagen müssen, daß beim Menschen auf dem physischen Plan alle vier Glieder seiner Wesenheit wirksam sind, so müssen wir gleichsam auseinanderschälen dasjenige, was der Mensch (alles) auf dem einen Plan hat, und sagen; Auf dem Astralplan haben wir beim Mineral das zu suchen, was dem ätherischen Leib des Menschen entspricht, auf dem unteren Devachan den Astralleib und auf dem oberen Devachan das Gruppen-Ich des Mineralreichs. Wir müssen im Sinne des Okkultismus auf dem physischen Plan von dem Mineralreich zunächst überhaupt nur dasjenige suchen, was wirklich physisch wahrnehmbar ist. Es lehrt uns nun die okkulte Forschung, daß diese Formen im Mineralreich, die wir ja auch als Kristallformen bezeichnen, zunächst auf die Wirkungsweise der Geister der Form, der Exusiai zurückzuführen sind. [6]

Das Mineral hat doch auch Innerlichkeit, es hat die Innerlichkeit der verschiedenen Mineralsubstanzen. Wenn wir diese Substanz unmittelbar in der physischen Welt gewahr werden, so ist sie allerdings eine erstorbene, eine tote Substanz; für den Weltenraum ist sie nicht tot, für den Planetenraum wenigstens ist sie etwas, was zu seinem Leben gehört, was das Leben des Planetensystems ausscheidet. So wie der menschliche oder tierische Organismus, sagen wir auch Härteprodukte ausscheidet, die Nägel zum Beispiel, so wird ausgeschieden die mineralische Substanz. Aber die wirksamen Kräfte, durch welche diese ausgeschieden werden, sind nicht auf der Erde selber zu suchen, und daher erscheinen sie uns für die Erde tot. Es sind diese Lebensströmungen, es ist dieses Ätherische als herabströmend von den einzelnen Planeten zu suchen. Die Lebensströmungen, welche von den einzelnen Planeten herunterströmen und die Erde allseitig durchdringen, sie schaffen für die Mineralien nicht die Formen, denn die werden geschaffen durch die Geister der Form, Exusiai, sondern es werden durch diese Strömungen die Mineralien durchdrungen mit Innerlichkeit, aber zunächst so, daß diese Innerlichkeit gewisse Haupttypen, Hauptinnerlichkeiten, Hauptsubstanzen gibt, und eine jede Substanz hängt mit irgendeiner Strömung, die von einem Planeten ausgeht, zusammen. Nur werden von diesen Planeten aus beim mineralischen Reich, weil die Mineralien gleich feste Formen bekommen, durch diese planetarischen Strömungen nicht Typen geschaffen, die in Beweglichkeit sind, sondern gleich eindeutige Typen, und es werden dann durch die verschiedenen Stellungen der Planeten, außer den Hauptsubstanzen andere Typen, Nebensubstanzen geschaffen, die wiederum von der Konstellation der einzelnen Planeten abhängen. [7]

Und deshalb haben die okkulten Schulen, die solche Sachen zu untersuchen haben, wirklich auch die Hauptsubstanzen unseres Erdenorganismus so auf die Planeten bezogen, daß sie diejenigen Substanzen, die ganz unmittelbar, nicht erst durch Konstellation, sondern durch die Haupttätigkeit der Planeten bewirkt sind, mit denselben oder ähnlichen Namen bezeichnet haben wie die Planeten. Nehmen wir innerhalb unseres Planetensystems den Saturn, so hängt mit der Strömung, die gerade unmittelbar von ihm als Lebensströmung die Erde durchzieht, diese Substanz zusammen, die wir als Blei bezeichnen. Wir haben also eine Grundsubstanz, die innerlich belebt ist vom Saturn aus. Vom Jupiter aus haben wir als Hauptsubstanz das Zinn, vom Mars das Eisen, von der Venus das Kupfer.

Das Astralische des Minerals wirkt unmittelbar von der Sonne her, von dem, was wir Geister der Weisheit, Kyriotetes nennen oder was zusammenhängt mit der Sphäre dieser Geister der Weisheit. Also es kommt alles in Betracht, auch was Nachkommen der Geister der Weisheit sind. Das, was da im Mineral wirkt, zeigt sich für die okkulte Forschung allerdings abgesondert, außerhalb des Minerals. Aber es zeigt sich so, daß allerdings das Leben, das jetzt eben geschildert worden ist als im Mineral sich befindend, als das Ätherische des Minerals, von außen herein gedrängt wird. Während der astralische Leib, sagen wir, beim Menschen oder Tier das Ätherische von innen zusammenhält, wird beim Mineral das Ätherische vom astralischen Leib, der außerhalb des Minerals ist, gleichsam zusammengeschoben, nicht zusammengezogen wie beim Menschen oder Tier. Das Mineral wird astralisch von außen zusammengehalten, und zwar dadurch, daß dieses Mineral in bezug auf dieses astralische Zusammendrängen bestimmt wird durch die verschiedenen Stellungen, die die Sonne zur Erde hat. Man könnte sagen: Von dem Punkte aus, von dem die Sonne auf die Erde scheint, wird die ätherische Substanz in das Mineral hineingeschoben. Während also dieses Ätherische selber von dem Planeten dirigiert wird, wird es hineingeschoben und zusammengehalten im Mineral oder Kristall von der Sonne aus, von jenen Kräften aus, die zur Sphäre der Geister der Weisheit gehören. [8]

Es sind nun aber Geister der Weisheit luziferisch geworden. Sie strömen nun, statt daß sie von der Sonne auf die Mineralien astralische Strömungen aussenden, ätherische Strömungen herunter auf die Erde. Dadurch aber geschah es, daß eine gewisse mineralische Substanz gebildet wurde, die direkt von der Sonne her ihre Innerlichkeit erhielt. Das Gold ist jenes luziferische Mineral. So aber gibt es von der Sonne her direkte ätherische Einflüsse, die das Gleichgewicht stören. Dieses Gleichgewicht mußte nun durch die weisen Weltenführer wiederum hergestellt werden. Den stärkeren luziferischen Ätherkräften mußten entgegengestellt werden Kräfte, die diese Wirkungen in einer gewissen Weise paralysieren, aufheben. [9] Diese entgegengesetzten Ströme, die das Gleichgewicht wieder herstellen, sind nun dadurch geschaffen worden, daß aus der gestörten Gleichgewichtssubstanz der Erde ein Teil abgesondert wurde und als Mond die Erde umkreist. Und von den Geistern der Weisheit her, die den Mond abgetrennt und jetzt gewissermaßen die Gegner der luziferischen Geister der Weisheit von der Sonne geworden sind, durchströmen die Erde diejenigen Ätherkräfte, die nun zum Silber als Substanz geführt haben. [10]

Wir haben im Menschen (selbst) zu unterscheiden dasjenige, was Bedingungen seines Sinneswesens sind (Kopf) und dasjenige, was Bedingungen seines Stoffwechsellebens sind, und diese beiden verhalten sich zueinander wie Himmels-Sphäre und Erden-Radius. Wir haben also in all dem, was wir in unserer Hauptesorganisation tragen, das Ergebnis der Himmelswirkung zu suchen, und wir haben, zu einer Resultierenden damit sich vereinigend, zu suchen in den Wirkungen in unserem Stoffwechsel dasjenige, was zur Erde gehört, was nach dem Erdenmittelpunkt gewissermaßen tendiert. Wenn wir nun verfolgen auf der einen Seite das Mineralreich, auf der anderen Seite sein Gegenbild, unsere Erkenntnis des Mineralreiches, dann werden wir, indem sich diese beiden entsprechen, genötigt sein, weil wir unsere Erkenntnis beziehen müssen auf die Himmelssphäre, auch dasjenige in irgendeiner Weise mit der Himmelssphäre in Zusammenhang zu bringen, an das diese Erkenntnissphäre angepaßt ist, nämlich das Mineralreich. Zu dem, was in Ihnen ist, verhält sich das, was draußen im Mineralreich ist, wie Bild zu Realität. Wir werden, indem wir uns umsehen nach dem, was in uns selber der Gegensatz ist gegenüber derjenigen Organisation, die uns unsere Erkenntnis bringt, von der Sphäre in die Erde verwiesen. Die Radien gehen alle nach dem Erdmittelpunkt. Da haben wir dasjenige in dem Radialen, was wir erfühlen, wodurch wir uns real fühlen. Da haben wir nicht dasjenige, was uns in den Bildwirkungen erfüllt, wo wir bloß bewußt sind, sondern wir haben dasjenige, was in unserem Erleben uns selbst als eine Realität erscheinen läßt. Wir kommen immer, wenn wir diesen Gegensatz wirklich erleben, in das hinein, was uns das Mineralreich darstellt. [11] Mit anderen Worten: Wir können uns denken die ganze Himmelssphäre in der Erde gespiegelt; wir können uns denken das Mineralreich der Erde als ein Ergebnis dieser Spiegelung, und wir können uns denken, daß dasjenige, was in uns lebt zur Auffassung dieses Mineralreiches, von dem, was draußen im Raume uns umgibt, herrührt. Und die Realien, die wir begreifen dadurch, die rühren vom Innern der Erde her. [12]

Dieser mineralischen Welt sind wir Menschen eigentlich, so lange wir auf Erden leben, ganz unähnlich. Wir werden sofort in unserer Form zerstört, wenn wir der mineralischen Welt übergeben werden als Leichnam. Wir lösen uns auf im Mineralischen, das heißt, dasjenige, was unsere Form zusammenhält, hat eben mit dem Mineralischen nichts Gemeinsames. Und daraus schon geht hervor, daß der Mensch, so wie er in der physischen Welt lebt, vom Mineralischen selbst aus eigentliche Einflüsse gar nicht haben kann. Die hauptsächlichsten, die weitaus umfassendsten Einflüsse, die der Mensch vom Mineralischen hat, die kommen auf dem Umwege durch die Sinne her. Wir sehen das Mineralische, wir hören das Mineralische, wir nehmen seine Wärme wahr, kurz, wir nehmen durch die Sinne das Mineralische wahr. Unsere anderen Beziehungen zum Mineralischen sind außerordentlich gering. [13]

Zitate:

[1]  GA 235, Seite 47f   (Ausgabe 1984, 228 Seiten)
[2]  GA 94, Seite 98   (Ausgabe 1979, 312 Seiten)
[3]  GA 94, Seite 99   (Ausgabe 1979, 312 Seiten)
[4]  GA 182, Seite 10   (Ausgabe 1976, 190 Seiten)
[5]  GA 112, Seite 74   (Ausgabe 1959, 292 Seiten)
[6]  GA 136, Seite 184f   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[7]  GA 136, Seite 186ff   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[8]  GA 136, Seite 189f   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[9]  GA 136, Seite 191f   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[10]  GA 136, Seite 193   (Ausgabe 1984, 246 Seiten)
[11]  GA 323, Seite 191ff   (Ausgabe 1983, 376 Seiten)
[12]  GA 323, Seite 195   (Ausgabe 1983, 376 Seiten)
[13]  GA 235, Seite 31   (Ausgabe 1984, 228 Seiten)

Quellen:

GA 94:  Kosmogonie. Populärer Okkultismus. Das Johannes-Evangelium. Die Theosophie an Hand des Johannes-Evangeliums (1906)
GA 112:  Das Johannes-Evangelium im Verhältnis zu den drei anderen Evangelien, besonders zu dem Lukas-Evangelium (1909)
GA 136:  Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen (1912)
GA 182:  Der Tod als Lebenswandlung (1917/1918)
GA 235:  Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge - Erster Band (1924)
GA 323:  Das Verhältnis der verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebiete zur Astronomie. Dritter naturwissenschaftlicher Kurs: Himmelskunde in Beziehung zum Menschen und zur Menschenkunde (1921)