Milz

Des Nachts geht des Menschen Astralleib heraus aus dem physischen Leib. Der Astralleib hängt dann im Schlafe nur durch einen dem Hellseher wahrnehmbaren astralischen Strang in der Gegend der Milz mit dem physischen Leibe zusammen. Die Milz hat nicht nur physische Aufgaben, sondern es ist auch ihre Funktion, den Zusammenhang des Physischen mit dem geistig-seelischen Teil des Menschen zu vermitteln. Die Milz ist der Anknüpfungspunkt des physischen Leibes an den Astralleib. Daher können Sie in jedem Lehrbuch der Anatomie lesen, daß man über die Milz nichts rechtes weiß. Die Milz ist eines derjenigen Organe, die an der Grenze der physischen Organe stehen. Der Astralleib, der also während des Schlafes nur durch die Milz mit dem physischen Leib verbunden ist, arbeitet daran, die Ermüdungsstoffe aus dem physischen Leib hinwegzuschaffen. Für den Hellseher erscheint der schlafende Mensch wie in eine merkwürdige Wolke gehüllt, die an dem physischen Leib fortwährend arbeitet. [1]

Die Milz erscheint uns wie ein Sieb, durch welches das Blut durchgeht, um sich einem solchen Organ darzubieten, das in gewisser Weise ein zusammengeschrumpfter Teil des Makrokosmos ist. Weil die Milz sich dem Blut zuerst darbietet – so können wir rein äußerlich vergleichsweise sagen –, erschien sie den alten Okkultisten am besten mit jenem Namen bezeichnet, der dem Stern zukommt, der für die alten Okkultisten für ihre Beobachtung sich im Weltenraum zuerst im Sonnensystem darbietet; deshalb nannten sie die Milz saturnisch oder einen inneren Saturn im Menschen. [2]

Die menschliche Milz ist ein sehr bedeutungsvolles Organ. Es erscheint ja in der Tat der inneren Betrachtung wirklich so, als wenn es nicht aus äußerlich angeschauter Substanz, aus fleischlicher Materie bestehen würde, sondern, wenn der Ausdruck gestattet ist, obwohl er nur annähernd das wiedergeben kann, was gesehen wird, die Milz erscheint tatsächlich wie ein leuchtender Weltenkörper im kleinen mit allem möglichen inneren Leben, das sehr kompliziert ist. Wenn man aber von innen diese Milz betrachtet, erscheint sie vor allen Dingen wie ein Organ, das durch die eben erwähnten mannigfachen inneren Kräfte in eine beständige rhythmische Bewegung gebracht ist. Und wir überzeugen uns schon bei einem solchen Organ davon, daß im Grunde genommen in der Welt ungeheuer viel auf Rhythmus ankommt. Für den nach innen gewendeten hellseherischen Blick sind alle Differenzierungen der Milz, die sich wie in einem Lichtkörper abspielen, dazu da, um der Milz einen gewissen Rhythmus im Leben zu geben. Er ist nämlich weit weniger regelmäßig als andere Rhythmen. Und dies ist aus dem Grunde der Fall, weil die Milz in einer gewissen Weise naheliegt dem menschlichen Ernährungsapparat. Es muß nun etwas da sein im Organismus, das in entsprechender Weise dasjenige stärker macht, was regelmäßig im Rhythmus des Zuführens der äußeren Nahrungsmittel ist, und was die Wirkung dessen abschwächen muß, was unregelmäßig da eingeführt wird. Es muß die gröbste Unregelmäßigkeit ausgeglichen werden; so daß beim Übergang der Nahrungsmittel auf den Blutrhythmus ein Organ eingeschaltet sein muß, das die Unregelmäßigkeit der Ernährung ausgleicht gegenüber der notwendigen Regelmäßigkeit des Blutrhythmus. Und dieses Organ ist die Milz. [3]

Sie sehen an einem solchen Organ, wie es die Milz ist, daß es durch Erkranken oder durch sonstiges Unbrauchbarwerden seine eigenen Funktionen weniger beeinflußt als andere Organe, an ihm sehen Sie, da es in besonders starker Weise beeinflußt wird von den übersinnlichen Teilen der menschlichen Natur, vom Ätherleibe, namentlich aber vom Astralleibe. Die Milz ist ein sehr geistiges Organ, das heißt, der physische Teil dieses Organs macht den geringsten Teil seiner Bedeutung aus. Aus diesem Grunde wurde die Milz zu allen Zeiten in der okkulten Literatur, die entsprungen ist aus Kreisen, wo man wirklich etwas über diese Sachen gewußt hat, als ein besonders geistiges Organ angesehen und ist als solches geschildert. [4]

In der Milzfunktion müssen wir sehen eine Regulierung derjenigen Unregelmäßigkeiten, die im rhythmischen Verdauungsprozeß entstehen dadurch, daß ja der Mensch nicht vollständig im Rhythmus essen kann. [5] Das Wesentliche an der Milz ist dasjenige, daß sie eigentlich ein Ausscheidungsorgan ist, daß sie selbst eine Ausscheidung ist von dem, worauf es ankommt, nämlich von dem Funktionieren im Ätherleib. [6] Dieses Funktionieren der Milz im menschlichen Organismus ist ein solches, welches sehr stark nach der geistigen Seite hinneigt. Wenn man die Milz entfernt, tritt sehr leicht der Ätherleib ein dafür – die ätherische Milz –, so daß das ein Organ ist, das am leichtesten durch sein ätherisches Gegenbild im Menschen ersetzt werden kann. Aber es hängt die Milz weniger als die anderen Organe des menschlichen Unterleibes zusammen mit dem eigentlichen Stoffwechsel, wohl aber in hohem Grade mit der Regulierung des Stoffwechsels. Die Milz stellt sich dar der geisteswissenschaftlichen Forschung als dasjenige, was berufen ist, den fortwährenden Einklang zu gestalten zwischen dem rohen Stoffwechsel und zwischen all dem, was mehr vergeistigt, verseeligt in dem Menschen vor sich geht. Die Milz ist nämlich, wie im Grunde genommen alle Organe – aber das eine mehr, das andere weniger – in hohem Grade ein starkes unterbewußtes Sinnesorgan, und sie reagiert in außerordentlich starkem Maße auf den Rhythmus der menschlichen Nahrungsaufnahme. Sie sagt im Unterbewußten dem Menschen, was er als Gegenwirkung entfalten soll, damit der schädliche Einfluß der unrhythmischen Nahrungsaufnahme wenigstens abgemildert werden kann. Dadurch leitet die Tätigkeit der Milz weniger nach dem eigentlichen Stoffwechsel im Menschen hin als nach den rhythmischen Vorgängen, an dem Rhythmus, von dem es notwendig ist, daß er sich abspielt zwischen der Stoffaufnahme und dem eigentlichen Atmungsrhythmus. Es ist einfach eingeschaltet zwischen dem Atmungsrhythmus und dem ja nicht zum Rhythmus sonderlich veranlagten Nahrungsaufnehmen noch ein Zwischenrhythmus, und das ist der, den die Milz vermittelt. [7]

Schwache Massagen in der Milzgegend wirken zunächst ausgleichend auf die Instinkttätigkeit des Menschen, also (beispielsweise) ein leichteres Finden der ihm tauglichen Nahrungsmittel, gesündere Beziehungen zu dem, was ihm im Organismus dient und nicht dient. Sobald die Massage zu stark wird, ist sie geeignet die Instinkttätigkeit wiederum vollständig zu untergraben. Man darf mit der sanften Massage nicht zu weit vorgehen. Womit hängt denn das eigentlich zusammen? Wenn man die Milzgegend sanft massiert, so wird ja in diese Gegend etwas getrieben, was sonst nicht in dieser Gegend ist. Es wird gewissermaßen das Bewußtsein desjenigen, den man massiert, dahin projiziert. Auf dieser Umlagerung des Bewußtseins und auf diesem Strömenlassen des Bewußtseins beruht sehr viel. Der Organismus vergiftet sich fortwährend gerade durch seine Vorstellungs-tätigkeit. Er gleicht diese Vergiftungszustände eigentlich fortwährend durch die unbewußten Willenszustände aus. In der Milz liegt das Zentrum für die unbewußten Willenszustände. Durchziehen wir nun die Milz mit Bewußtsein dadurch, daß wir sie massierend beeinflussen, dann wirken wir nun in einer gewissen Weise gegen die starke Giftwirkung, die von unserem höheren Bewußtsein ausgeht. Nun braucht aber die Milzmassage nicht immer eine äußerliche zu sein, sondern sie kann auch eine innerliche sein, sie kann auch dadurch vorgenommen werden, daß man möglichst wenig zu den Hauptmahlzeiten ißt, daß das Essen in kürzeren Zwischenräumen erfolgt. Nun hat die Sache nun auch wiederum ihre Hacken. In unserer hastigen Zeit, wo die Menschen eigentlich immer eingespannt sind in eine äußere aufreibende Tätigkeit, da wird die Milzfunktion gerade durch diese äußere aufreibende Tätigkeit außerordentlich stark beeinflußt, weil der Mensch tätig ist. Der Mensch schont seine Milztätigkeit nicht, wenn er in einer äußeren nervösen, hastigen Tätigkeit ist. Daher kommt es, daß eigentlich in der ganzen Kulturmenschheit die Milztätigkeit allmählich eine sehr abnorme wird und daß die Entlastung der Milzfunktionen von einer besonderen Bedeutung wird. [8]

Wenn Sie ein solches Organ wie die Milz nehmen, da weiß die gewöhnliche Physiologie und Medizin nicht viel darüber zu sagen. Sehen Sie, der Sprachgenius ist da eigentlich weiser als dasjenige, was Wissenschaft auf diesem Gebiete ist. Der englische Sprachgenius bezeichnet die Milz als «Spleen». Und das ist eine außerordentlich günstige Bezeichnung, denn die Milz hängt zusammen mit all denjenigen Betätigungen des Menschen, die über das Ich hinausgehen, die schon an das Geistselbst, Manas herankommen, und die Milz ist sogar geradezu das Organ des Manas. Das geht schon ganz ins Geistige hinein. Nur ist das so, daß man das vertragen muß. Die meisten Menschen können das wirklich Geistige nicht vertragen, und sie werden daher durch die Milztätigkeit nicht etwa angeregt zur Betätigung im Geistigen, im Spirituellen, sondern sie werden «spleenig». Sie werden gerade heruntergestimmt. Der «Spleen» ist ja nichts anderes als ein Geist, der, statt daß er in den Kopf geht, in die Gedärme sich verschlingt. Es ist also «Spleen» eine außerordentlich gute Bezeichnung, die gerade auf das Geistige hinweist, für das die Milz das entsprechende Organ ist. [9]

Zitate:

[1]  GA 96, Seite 238   (Ausgabe 1974, 350 Seiten)
[2]  GA 128, Seite 36   (Ausgabe 1978, 186 Seiten)
[3]  GA 128, Seite 58ff   (Ausgabe 1978, 186 Seiten)
[4]  GA 128, Seite 94f   (Ausgabe 1978, 186 Seiten)
[5]  GA 319, Seite 36   (Ausgabe 1982, 256 Seiten)
[6]  GA 326, Seite 149   (Ausgabe 1977, 196 Seiten)
[7]  GA 312, Seite 294f   (Ausgabe 1976, 392 Seiten)
[8]  GA 312, Seite 296ff   (Ausgabe 1976, 392 Seiten)
[9]  GA 218, Seite 80f   (Ausgabe 1976, 336 Seiten)

Quellen:

GA 96:  Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft. Christliche Esoterik im Lichte neuer Geist-Erkenntnis (1906/1907)
GA 128:  Eine okkulte Physiologie (1911)
GA 218:  Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus (1922)
GA 312:  Geisteswissenschaft und Medizin (1920)
GA 319:  Anthroposophische Menschenerkenntnis und Medizin (1923/1924)
GA 326:  Der Entstehungsmoment der Naturwissenschaft in der Weltgeschichte und ihre seitherige Entwickelung (1922/1923)